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Brügg

Mit Rückgrat am Arbeitsplatz

Zum Thema «Gesund im Büro» referierten auf Einladung der Wirtschaftskammer Biel-Seeland drei Experten. Gesundheits- und Organisationsprobleme im Büro sollen wie Projekte angegangen werden.

Besorgt um das Büropersonal: Referenten Bernhard Amlinger von Ergolife, Roland Noth von fit@office und Chiropraktiker Claude Supersaxo. Bild: Adrian Streun

LUKAS RAU

Arbeitsplätze im Büro haben sich in den letzten Jahrzehnten stark verändert. Erst der Computer, dann das Internet. Eine Sache hat sich allerdings seit der Erfindung des Schreibtisches nicht verändert: Der grösste Teil der Arbeitszeit wird sitzend verbracht. Wirbelsäule, Muskeln und gute Laune leiden gelegentlich darunter.

Auf Einladung der Wirtschaftskammer Biel-Seeland referierten gestern in Brügg drei Experten zu Gesundheitsthemen im Büroalltag. In den Räumen der Biella strichen diese einige Kernpunkte heraus, an die man sich ab und zu wieder erinnern sollte.

Mobiliar wäre vorhanden

Bernhard Amlinger, Ergonomieberater bei der Firma Ergolife, wies auf Zahlen hin, die vom Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) ermittelt wurden. 68 Prozent der Büroangestellten haben demnach Probleme im Nackenbereich, 60 Prozent in den Schultern. In einem ähnlichen Rahmen bewegen sich Gebrechen an Rücken und Handgelenken.

Amlinger greift auf seine Erfahrung als Berater zurück und betont: «Das Mobiliar ist in den meisten Büros gut, aber nur wenige wissen, wie man die Möglichkeiten nutzen kann.» Wer hat schon die Bedienungsanleitung seines Bürostuhls aufmerksam gelesen? Und sich die Zeit genommen, das Möbelstück auf seine körperlichen Bedürfnisse einzustellen?

Zum ergonomisch gut abgestimmten Arbeitsplatz kommen auch Lichtverhältnisse, Pult, Monitor oder ein Vorlagehalter für Dokumente bei Leuten, die beispielsweise Arbeitsberichte abtippen müssen.

Diskushernie weit verbreitet

Claude Supersaxo, Chiropraktiker mit eigener Praxis im Seeland, griff Amlingers Zahlen auf. In seiner Praxis behandelt Supersaxo reihenweise Leute, die durch Fehlhaltungen und Bewegungsmangel krank geworden sind. Ein anfälliges Element der Wirbelsäule ist die Bandscheibe, also der Puffer zwischen den einzelnen Wirbelknochen.

«Der Druck auf die Bandscheiben ist beim Sitzen am höchsten, insbesondere bei Fehlhaltungen», erklärt Supersaxo. Auch beim Heben von Akten und Harassen kann die Belastung mit guter Haltung minimiert werden. Laut Supersaxo haben drei Viertel der erwachsenen Schweizer eine Diskushernie, eine geschädigte Bandscheibe. «Die wenigsten sind sich dessen bewusst, Beschwerden treten auch oft erst bei Entzündungen auf.»

Muskeln müssen her

Rückenprobleme führen in der Schweiz jährlich zu sechs Millionen Arztbesuchen und fünf Millionen Arbeitstagsverlusten, sagt Supersaxo. Vorbeugend gegen Haltungsschäden ist genügend Bewegung, folglich eine starke Muskulatur. «Die Muskulatur muss allerdings ausgeglichen sein. Nur einzelne Muskelgruppen zu trainieren kann kontraproduktiv sein», führt Supersaxo aus. Das Wichtigste: sich regelmässig zu bewegen, nicht zu übertreiben und Spass daran zu haben. Damit Zeit bleibt für Bewegung, muss der Alltag organisiert sein, davon ist Roland Noth überzeugt. Mit seiner Firma fit@office bietet er Beratungen an, um die Büroarbeit zu erleichtern. Allerdings nicht nur auf körperlicher Ebene, sondern auch mental.

Mit Struktur gegen Stress

Auch für Roland Noth ist Regelmässigkeit zentral: «Am wichtigsten ist die Struktur, der geregelte Alltag. Tages- und Wochenstrukturen helfen, Übersicht reduziert Stress», sagt Noth. Will man die Struktur aber verändern, solle man das angehen wie ein Arbeitsprojekt, rät Noth. «Man muss sich Zeit nehmen, um Zeit zu gewinnen», fasst er zusammen. Aus einem Postit-Zettelchaos wird nicht in fünf Minuten eine geordnete Organisation.

Sich selbst und seine Bedürfnisse ernst zu nehmen, das sei nicht immer einfach im Drunter und Drüber des Büroalltags, meint Noth. Auf lange Sicht lohne es sich aber, auch um Burnout und Depressionen vorzubeugen.

Die drei Referenten sind sich einig: Gesunde und zufriedene Angestellte erhöhen die Produktivität der Firma, reduzieren die Krankheitstage und tragen gegen innen und aussen zu einem guten Image bei. Und das hat noch keinem geschadet.

Ursachen von Rückenschäden

• Genetische Veranlagung

• Monotonie

• Versteifte Haltung

• Falsche Haltung

Überbelastung

• Verletzung

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