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Detailhandel

Noch nie sind die Preise so rasch gesunken

Seit der Euro an Stärke verloren hat, purzeln die Preise in der Schweiz. Gestern wurde erneut eine Preissenkung verkündet. Es dürfte nicht die letzte sein.

Preissenkungen: Ob Euro-Rabatt oder dauerhafte Preissenkungen, in der Schweiz wird vieles günstiger, Bild: Keystone

von Lotti Teuscher

Gestern hat Coop die Preise von 2200 Produkten gesenkt; es sind Produkte des täglichen Bedarfs wie Windeln, Haushaltbedarfsartikel, Zahn- und Körperpflegeprodukte. Damit wurden dieses Jahr rund 4500 Produkte billiger. Darunter befinden sich auch sogenannte Leader-Artikel, also Markenprodukte, die besonders häufig gekauft werden: Ketchup, Pasta, Fleckenentferner oder Rasierklingen.

Es ist die vierte Preissenkung, seit die Nationalbank am 15. Januar den Mindestkurs des Euros aufgab. Und es wird nicht die letzte sein: Gemäss Coop-Mediensprecherin Denise Stadler war rund ein Drittel der Lieferanten rasch bereit, den Währungsgewinn weiterzugeben. Mit einem weiteren Drittel wurde nach intensiven Verhandlungen Lösungen gefunden. Mit dem letzten Drittel wird noch verhandelt. Hart.

«Im Jahr 2011, als der Wechselkurs auf 1.20 Franken sank, waren die Verhandlungen viel schwieriger», sagt Denise Stadler: «Daraus wurden Lehren gezogen.»

In den letzten sieben Jahren hat Coop die Preise um 1,4 Milliarden Franken gesenkt. Dies ist viel, auch gemessen am Umsatz, den Coop mit dem Detailhandel erzielt: Im Letzten Jahr waren es 10,6 Milliarden Franken. Die Preise sind somit im Schnitt um rund zehn Prozent gesunken. Dazu beigetragen haben unter anderem das Einführen einer Discount-Markenline; Produkte und weiter die Billiglinie Prix Garantie, die stetig ausgebaut wird.

 

«Druck aufrecht halten»

Im Gegensatz zu Coop gibt Denner seine Umsatzzahlen nicht bekannt. Aber auch der Discounter hat nach dem Bekanntwerden der Mindestkursaufhebung reagiert und mit den Lieferanten Verhandlungen aufgenommen. Die Preise wurden gemäss Mediensprecherin Grazia Grassi in mehreren Etappen «signifikant» gesenkt.

«Wir halten den Druck auf die Markenartikelhersteller weiterhin aufrecht, denn diese verlangen noch immer überteuerte Einstandspreise - obwohl sie nun die Wechselkursgewinne aus dem Eurovorteil weitergeben», sagt Grazia Grassi. Diesen Umstand prangere Denner schon lange an, das Unternehmen umgehe den «Zuschlag Schweiz» zum Beispiel mittels Parallelimporten.

 

Mehrere Preissenkungen

Um welchen Betrag die Preise innerhalb der letzten Jahre gesenkt wurden, kann Martina Bosshard, Mediensprecherin der Migros, nicht beziffern. Aber auch Migros hat die Preise kräftig gesenkt: Im Januar sanken die Preise für Gemüse und Früchte aus dem Euroraum um zehn bis dreissig Prozent, es folgten Markenprodukte, die zehn Prozent günstiger wurden. Im Februar wurden Lebensmittel wie Streichkäse, Getränke und das Schwarzteesortiment ebenfalls zehn Prozent günstiger.

«Weil die Kundinnen und Kunden vor allem Lebensmittel täglich einkaufen, werden ihnen Preisveränderungen in diesem Sortimentsteil am stärksten bewusst», sagt Martina Bosshard. Heute geben die Konsumenten im Schnitt nur noch knapp 7 Prozent ihres Budgets für Lebensmittel aus. Preissenkungen auf Non-Food-Artikeln, die nicht täglich gekauft werden, sind oft grösser, werden aber als weniger relevant wahrgenommen.

Und dennoch: Herr und Frau Schweizer kaufen kräftig jenseits der Grenze ein; pro Jahr geben sie in Deutschland, Frankreich oder Italien rund zehn Milliarden Franken aus. Ob die stärksten Preissenkungen der letzten Jahrzehnte sie davon abhalten werden, ist fraglich.

 

Wenig optimistisch

«Eine Trendwende herbeizuführen ist schwierig. Deshalb verhandeln wir mit den Markenlieferanten und pochen darauf, dass sie uns ihre Währungsgewinne weitergeben», sagt Bosshard. Zurückhaltend wirkt auch Grassis Antwort: «Als Discounter mit einer langen Tradition im Kampf für tiefe Preise auf dem Schweizer Markt haben wir eine treue Kundschaft, die es schätzt, dass wir seit Jahren für faire Preise kämpfen.» «Schweizer Kunden honorieren unseren Kampf um tiefere Preise. Dennoch spüren wir, dass der Einkauftourismus zunimmt», lautet Stadlers Antwort. Optimismus tönt anders.

 

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