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Indien

Nur das Beste ist gut genug

Titan Aerospace, ein Tochterunternehmen der indischen Tata-Gruppe, setzt auf Schweizer Maschinen - unter anderem auf solche der Schaublin Machines SA aus Bévilard im Berner Jura.

Die neue Drehmaschine vom Typ Schaublin 125-CCN steht seit wenigen Tagen bei Titan Aerospace im indischen Bangalore im Einsatz, zur Freude von N.P. Shridar, dem kaufmännischen Leiter des Unternehmens. Blaise Droz

von Blaise Droz/pl

Vor einigen Tagen durften Geschäftsreisende der Schaublin Machines SA, in Begleitung eines Journalisten des «Journal de Jura», im indischen Bangalore den ersten Einsatz einer Hochpräzisions-Drehmaschine vom Typ Schaublin 125-CCN beobachten. Die brandneue Maschine aus dem Berner Jura arbeitet bei Titan Aerospace, einem Tochterunternehmen des indischen Tata-Konzerns. Sie war eine Woche zuvor geliefert und erst einen Tag vor Ankunft der Reisegruppe eingerichtet worden.

Der Name Tata ist in Europa seit einigen Jahren geläufig. Oft wird das Unternehmen mit der gleichnamigen Lastwagenmarke verbunden, die allerdings Mühe hat, auf dem westlichen Fahrzeugmarkt Fuss zu fassen. Aber auf globaler Ebene ist die indische Tata-Gruppe ein Gigant. Das Industriekonglomerat ist in vielen Sparten tätig und beschäftigt 540 000 Mitarbeitende in 100 Ländern. Man könnte vermuten, «Tata» sei die Abkürzung eines längeren Firmennamens. Aber tatsächlich handelt es sich um den Namen des Unternehmensgründers Jamshedji Tata. Er legte 1859 den Grundstein im Baumwollgeschäft. Heute ist der Konzern breit aufgestellt und umfasst folgende Geschäftsfelder: Metallverarbeitung und Fahrzeugbau (39 Prozent), Rohstoffverarbeitung (28 Prozent), Informations- und Kommunikationstechnik (16 Prozent), Energie (6 Prozent) und Chemie (3 Prozent). Den Rest bilden die Sparten Konsumgüter und Dienstleistungen.

 

Ein Konzern im Wachstum

Die Tata-Gruppe erwirtschaftet derzeit einen Umsatz von 96 Mrd. Dollar pro Jahr. Aber diese Zahl wird nicht lange Bestand haben, denn der Konzern wächst unablässig. Auf dem Automobilsektor hat Tata 2008 die Marken Jaguar und Land Rover gekauft - eine späte Revanche gegenüber der ehemaligen britischen Kolonialmacht. Aber Tata kennt auch Misserfolge. Sorgenkind ist der vierplätzige Kleinstwagen Tata Nano, der 2008 auf den Markt kam. Die Verkaufszahlen bleiben unter den Erwartungen und sein gewollt tiefer Preis ist vom Hersteller schwer einzuhalten. Dabei ist die Idee zum Tata Nano bestechend: Die aufstrebenden Bevölkerungsschichten Asiens, die noch heute zu viert auf wackligen Motorrädern zur Arbeit fahren, sollen sich einen preisgünstigen Vierplätzer leisten.

Während der Rundreise durch Südindien hat die Gruppe unter der Führung von Schaublin Machines zwei Industriestandorte des Tata-Konzerns besucht: Titan Watches (siehe BT vom 19. November) und jetzt Titan Aerospace. N.P. Shridar ist der kaufmännische Leiter des in der Luftfahrttechnik tätigen Unternehmens. Er berichtet, dass die Marke Titan 1984 aus einem Joint Venture zwischen Tata Group und der Tamil Nadu Industrial Development Corporation entstanden sei. Neben der Schmuck- und Uhrenherstellung wurde in Bangalore der neue Industriestandort für Luft- und Raumfahrttechnik eröffnet. Dort durfte die Schaublin-Reisegruppe miterleben, wie eine neue Drehmaschine vom Typ Schaublin 125-CCN zum ersten Mal in der Produktion eingesetzt wurde. Die Techniker von Schaublin Machines India waren gerade im Begriff, die Halle nach den letzten Kontrollen zu verlassen. Shridar erklärt, dass die Luft- und Raumfahrttechnik immer strengere Qualitätsansprüche erfüllen muss. Diese Standards könnten Maschinen aus dem unteren oder dem mittleren Segment nicht mehr erfüllen. Zu den grossen Kunden von Titan Aerospace gehören Boeing, Airbus und Bombardier. Was für Präzisionsteile die 125-CCN von Schaublin genau bearbeitet, konnten wir mit einem flüchtigen Blick erahnen. Fotos oder weitere Fragen waren tabu: «Top Secret», hiess es lakonisch.

 

Rastloser Verkäufer

Douglas Spieser ist für das Asiengeschäft von Schaublin Machines SA zuständig. Deshalb begleitete er die Reisegruppe in Indien. Er verbringt 70 bis 80 Prozent seiner Arbeitszeit auf Geschäftsreisen in ganz Asien und im Mittleren Osten. So pendelt der Vertreter von Schaublin zwischen Japan, Dubai, Indien und Thailand hin und her. Überall gilt es, eine befrachtete Agenda von Stadt zu Stadt abzuarbeiten.

Spieser hat gelernt, mit dem Jetlag zu leben. Jede Minute nutzt er für ein Nickerchen, sei es auch nur auf einer Taxifahrt. Sein berufliches Netzwerk umfasst industrielle Entscheidungsträger auf dem gesamten Kontinent. Tag für Tag führt er die Argumente des «Swiss Made» ins Feld: Langfristig zahlt sich die Anschaffung einer Schaublin aus, auch wenn der Kaufpreis hoch ist.

Nach all den Jahren rastloser Reisetätigkeit freut sich Douglas Spieser auf eine sesshaftere Aufgabe. Ab kommendem Januar wird er nämlich den Posten des Verkaufsleiters von Schaublin Machines SA übernehmen. Der Einblick in das Berufsleben eines Maschinenhersteller-Vertreters zeigt: Ein Traumjob ist die Tätigkeit allemal. Aber sie ist derart strapaziös, dass nur sehr robuste Persönlichkeiten sich der Aufgabe stellen sollten. Blaise Droz/pl

 

Die Pilatus-Partnerschaft

 

Der Flugzeughersteller Pilatus Aircraft pflegt eine beispielhafte schweizerisch-indische Zusammenarbeit. Das Stanser Unternehmen hat im Jahr 2012 75 Einheiten des militärischen Trainingsflugzeugs PC-7 an Indien verkauft. Die Maschinen werden tranchenweise ausgeliefert und es liegt eine Option für 100 weitere Flugzeuge vor.

Als Gegenleistung verlangt Indien von Pilatus, einen Teil der Produktion in den Subkontinent auszulagern. Und so werden die Nidwaldner in Partnerschaft mit Tata Advanced Systems einen Montagestandort für das erfolgreiche Geschäftsflugzeug PC-12 in Hyderabad bauen.

Derartige Formen der Zusammenarbeit bilden die Grundlage des internationalen Geschäftslebens. Weder die Eidgenossenschaft noch die Schweizer Vertretung in Indien hätten bei diesem Vertrag mitgewirkt, erklärt der Schweizer Botschafter in Neu Delhi, Linus von Castelmur: «Das Unternehmen Pilatus hat die Verhandlungen eigenständig und äusserst erfolgreich geführt.»

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