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Pizzalieferanten haben es schwer

Hohe Kommissionen und ein «unfaires» Spiel mit der Platzierung: Die Bieler Pizzabäcker sind über die Plattform Eat.ch verärgert – aber auch über die eigenen Konkurrenten.

Inhaber Samir Asani von "Pizza Bravo" will sich über die Qualität absetzen, nicht über den Preis. Das ist in Biel schwierig. Bild: Yann Staffelbach

Manuela Schnyder

«Eine Margarita für 10 Franken und das über eine längere Zeit. Das rentiert doch nicht», sagt Samir Asani von «Bravo Pizza» genervt über die Angebote der Konkurrenz. Und dann werde pro Zutat auch nur ein Franken gerechnet. Dabei koste eine Büchse Thunfisch 1.80 Franken und man brauche 200 Gramm pro Pizza. Der Schinken sei 12 Franken pro Kilo und auch dort müsse man mindestens 100 Gramm auflegen.

Er ist nicht der Einzige, der sich über die Preisspiele in Biel aufregt. «Ich bin zwar kein Chef, aber ich kenne viele und leide mit», sagt Pizzajolo Spresim Ajroja von «Pizza Bakers». So schlagen sich die Tiefstpreise bei den Pizzaangeboten nicht zuletzt auch auf die Löhne nieder. Bei «Bravo Pizza» arbeiten beispielsweise Ehefrau, der Sohn und die Tochter mit: «Ohne Familie könnten wir das Geschäft nicht weiterführen», ist er überzeugt.

Die Schuld daran, dass sich das Geschäft mit Pizzas in Biel kaum mehr lohnt, geben die Wirte der Plattform Eat.ch. Dort wird der Preiskampf heute zu einem grossen Teil ausgefochten: «Nicht nur ist die Kommission viel zu hoch, wir müssen auch noch etwa vier Franken pro Bestellung bezahlen, dass wir auf der Liste nicht hinten abrutschen. Das ist einfach nicht fair», sagt Samir Asani.

 

Müssen für Topplätze zahlen

Auf der Plattform Eat.ch sind in Biel rund 70 Pizzalieferdienste angemeldet. Die Platzierung dort ist bei so vielen Anbietern ein Problem, weil es unter anderem die Auftragslage sehr erratisch macht: «Sind wir weit oben, haben wir viele Bestellungen, rutschen wir ab, haben wir keine», erklärt Pizzajolo Spresim Arjoja. Und aus diesem Platzierungskampf kann Eat.ch Profit schlagen. So wird ein Restaurant nicht mehr nur anhand der Bewertungen platziert, sondern es kann dafür bezahlen, dass es weiter oben aufgeführt wird. «Das ist ein typisch amerikanisches Modell. Wenn du nicht mehr bezahlst, verschwindest du», sagt Samuel Güven. Mit seiner Swiss Bar Group betreibt er in Biel die Pizzeria Al Capone und das mexikanische Restaurant El Rancho: «‹Al Capone› liegt heute beispielsweise auf Rang 5, dafür muss es 4.82 Franken bezahlen. Wenn es nichts bezahlt, wird das Restaurant auf den 16. Platz gereicht.»

Gemäss Eat.ch funktioniert das Ganze so: Restaurants können sogenannte Kampagnen kaufen, um während bestimmten Zeiten eine bessere Platzierung zu erhalten. «Damit wollen wir den Restaurants ermöglichen, sich weiter vorne zu präsentieren und damit für sich zu werben. Das wird dann entsprechend als gesponsert deklariert», erklärt Mediensprecherin Séverin Götz. Die Betriebe können dabei selber wählen, welchen Betrag sie pro Bestellung bezahlen wollen, maximal aber fünf Franken.

Hinzu kommt die Kommission, die für viele Lieferdienste offenbar zu hoch angesetzt ist. Wie Samuel Güven erklärt, ist eine Kommission von 8 Prozent noch rentabel, damit eine Gewinnmarge von 2 bis 5 Prozent möglich ist. Das sieht auch Samir Asani so. Bei Eat.ch zahlen die Pizzabäcker jedoch 11 bis 13 Prozent: «Damit bleibt unter dem Strich offensichtlich nicht mehr viel», so Güven.

 

Viele drücken den Preis

Die Bieler Lieferdienste waren früher auf der Plattform Foodarena registriert. Dort wurden für den Service 6 oder 7 Prozent auf die Bestellung verrechnet. Im Jahr 2018 wurde Foodarena allerdings von der holländischen Plattform Takeaway.com übernommen, die dann mehr als 10 Prozent Kommission verlangte. Im Jahr 2019 hat der holländische Riese dann auch Just Eat übernommen, das Mutterhaus von Eat.ch. Einige Lieferdienste werfen nun Eat.ch eine Erhöhung der Kommissionen vor: «Wir haben bei bestehenden Restaurant-Partnern die Kommission nicht erhöht», sagt die Sprecherin. Die Verträge seien aber bei dem Zusammenschluss von Just Eat und Takeaway.com mit den Konditionen von Eat.ch übernommen worden.

Die Sprecherin bestätigt derweil die Höhe der Kommission im tiefen zweistelligen Bereich – und sieht diese auch gerechtfertigt: «Bei Eat.ch sind weit über 100 Mitarbeitende beschäftigt, die sich um die Webseite und die App der rund 3500 Restaurant-Partner kümmern», sagt die Sprecherin. Man habe ein Sales-Team, das rund um die Uhr für die Gastronomen und die Konsumenten zur Verfügung stehe. Zudem investiere das Unternehmen massiv in Werbe- und Marketingmassnahmen. Die Restaurants könnten daher neben dem Umsatz vor Ort über die Plattform 30-40 Prozent mehr Einnahmen erwarten.

Entspringt dem Einzelverkauf kein Gewinn, bringt aber auch eine höhere Absatzmenge nicht viel. Viele Gastronomen machen bei Eat.ch deshalb schon gar nicht mit: «Ich war bei Foodarena dabei, bei Eat.ch rechnet es nicht mehr», sagt etwa Jamin Spörri, Inhaber des «Comet-Diners». Er betreibt eine eigene Website, worüber er Heimlieferung anbietet: «Für meine Burger, für die ich das Brot beim regionalen Bäcker und das Fleisch beim regionalen Metzger einkaufe, würde ich bei einer so hohen Kommission am Laufmeter Minus machen», sagt er. Auch das Restaurant Schöngrün mit spanischer Küche ist zwar bei Eat.ch dabei, will aber nicht langfristig mitmachen: «Wir sind wegen der Coronakrise auf der Plattform, damit uns die Leute sehen und wir den Lieferdienst, den wir vorher nicht hatten, vermarkten können», erklärt Maria Lopez. Das Geschäft lohne sich aber nicht.

Bei diesen Kommissionen kann sich der Verkauf über die Plattform wohl nur rechnen, wenn man die Preise erhöht. Derweil tun angesichts des Überangebots einige Anbieter das Gegenteil: «Im Pizzabereich und vor allem in Biel wird einfach gemacht, dass das Geschäft läuft. Es wird nicht viel gerechnet», sagt dazu Samuel Güven, der auch in Bern mit der «Cuba Bar» und dem «El Mexicano» auf dem Platz ist.

Das Problem sei in anderen Städten weniger gross, weil die Pizzabäcker professioneller arbeiteten, sich über Qualität definierten und so die Preise machten. «Bei den Dumpingpreisen muss man ja aber auch nicht mitmachen», so Güven.

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