Sie sind hier

Abo

Uhrenbranche

Profitabler als vor der Krise

Die Swatch Group hat die Coronazeit überwunden. Der Umsatz ist zwar noch leicht tiefer als 2019, die Margen sind jedoch höher. Was bedeutet das für die Zukunft?

Nick Hayek, Konzernchef der Swatch Group. coypright: keystone

Tobias Graden

Das Coronajahr 2020 war für den Uhrenkonzern Swatch Group ein Jahr zum Vergessen – jedenfalls, wenn man alleine die nackten Zahlen betrachtete. Der Umsatz brach um mehr als 30 Prozent ein, das Betriebsergebnis war noch knapp positiv, das Konzernergebnis aber nicht:Die Swatch Group schrieb einen Verlust von 53 Millionen Franken, den ersten seit dem Gründungsjahr 1983. Die Krise zog tiefe Spuren.
Doch der Konzern blieb nicht untätig in diesem Jahr. Er arbeitete an seiner Profitabilität. So schloss die Swatch Group 2020 insgesamt 384 Retailgeschäfte, mutmasslich vor allem solche der Marke Swatch. Gleichzeitig eröffnete sie 55 neue Läden in Wachstumsmärkten. Entsprechend sank auch der Personalbestand.
Ähnlich ging es letztes Jahr weiter. Die Swatch Group schloss weitere 172 Retailgeschäfte, und sie gab die Aktivität von Calvin Klein auf. Demgegenüber öffnete sie wiederum 55 neue Geschäfte «an bester Lage», wie sie mitteilt. Insgesamt ist das Retailnetz nun um 22 Prozent reduziert gegenüber dem Jahr 2019. Und der Personalbestand ist letztes Jahr verglichen mit dem Vorjahr noch einmal um drei Prozent gesunken.

Erwartungen übertroffen
Was diese und andere Restrukturierungsmassnahmen gebracht haben, ist nun an den gestern veröffentlichten Zahlen des Geschäftsjahrs abzulesen: Die weltweite Normalisierung nach den grössten Pandemie-Schockwellen schlägt sich überproportional durch. So hat die Swatch Group den Umsatz «nur» um 30,7 Prozent auf 7,313 Milliarden Franken gesteigert – er liegt damit noch deutlich unter dem Niveau von 2019 (8,243 Milliarden), dem letzten Vorkrisenjahr. Doch was die Margen und Gewinne betrifft, so steht die Swatch Group bereits wieder besser da als vor der Krise. Betrug der Konzerngewinn 2019 noch 748 Millionen Franken, so liegt er für 2021 bei 774 Millionen Franken. Das sind 10,6 Prozent des Nettoumsatzes – 2019 waren es 9,1 Prozent. Wie aus dem Kommentar der Zürcher Kantonalbank hervorgeht, hat die Swatch Group mit diesen Zahlen die Erwartungen der Analysten übertroffen. Sie ist insgeamt  profitabler geworden, und die Gewinne dürften künftig bei weiterer Erholung der Geschäfte umso stärker sprudeln.
Dass dies bald der Fall sein könnte, deutet das Unternehmen in der genaueren Betrachtung des letzten Quartals an:«Der Nettoumsatz des 4. Quartals übertraf sogar das Niveau von 2019 (...)», heisst es in der gestrigen Mitteilung. Dazu hätten Marken in allen Preissegmenten beigetragen.
Diese Entwicklung bildete sich zuletzt auch in den Exportstatistiken des Verbandes der Schweizerischen Uhrenindustrie (Fédération Horlogère, FH) ab. Im November 2021 wurden Uhren im Wert von 2,17 Milliarden Franken (Preise ab Werk)exportiert. Das waren in Franken pro Monat so viele wie zuletzt im Oktober 2014, wie die FH festhielt. Die Exportzahlen des Verbandes für den Dezember und damit das ganze Jahr liegen noch nicht vor, doch ist möglich, dass 2021 als neues Rekordjahr in die Geschichte eingeht.

Rekorde in USA und China
Dass die Weltwirtschaft jedoch noch nicht wie vor der Krise funktioniert, zeigt sich im veränderten Mobilitätsverhalten. Die Swatch Group weist darauf hin, dass die Reisetätigkeit im letzten Jahr noch stark eingeschränkt gewesen sei. Insbesondere Menschen aus China bewegten sich kaum in der Welt, ganz allgemein hat sich der Tourismus noch nicht erholt. Uhren werden aber dennoch gekauft. Für die Swatch Group bedeutet dies eine regionale Verschiebung der Umsätze: Die Märkte USA und Festlandchina «erzielten historische Rekordumsätze».
Bereits habe auch die starke Nachfrage einiger Marken die verfügbare Produktionskapazität weit übertroffen, schreibt die Swatch Group. Sie erwartet denn auch für das laufende Jahr eine zweistellige Umsatzsteigerung und stellt zahlreiche, «zum Teil spektakuläre» Produktneuheiten in Aussicht. Hinzu kommen die Olympischen Spiele in Peking, bei denen Omega als Zeitmesser präsent sein wird. Auch der Auftragsbestand des Segments Elektronische Systeme, das schon letztes Jahr eine deutliche Umsatzsteigerung verzeichnete, habe Ende 2021 doppelt so hoch gelegen wie Ende 2019.
An der Börse wurden die positiven Neuigkeiten gleichwohl verhalten aufgenommen, die Aktie verlor zunächst an Wert. Mehrere Analysten sehen allerdings deutliches Kurspotenzial für die nächsten Monate und empfehlen die Aktie zum Kauf.
 

Nachrichten zu Wirtschaft »