Sie sind hier

Abo

Pensionskassen

Rente könnte um 30 Prozent einbrechen

Nur, wenn die Versicherten höhere Beiträge zahlen oder früher damit beginnen, können sie ihre Renten sichern. Gemäss dem Kantonalbank-Institut Swisscanto besteht dringender Handlungsbedarf.

Die Landung könnte hart werden, wenn die heute Jungen einmal das Rentenalter erreichen. Bild: Keystone

Janine Hosp

Junge Erwerbstätige, die heute einer Pensionskasse beitreten, werden in 40 Jahren eine um 28 Prozent tiefere Rente erhalten, als wenn sie dies 10 Jahre früher getan hätten. Dies geht aus der neusten Studie der Swisscanto Vorsorge AG hervor, einer Tochter der Zürcher Kantonalbank. Die Differenz könnte noch deutlich höher ausfallen. Nicht berücksichtigt wurden bei den Berechnungen die künftige Teuerung und eine allenfalls noch höhere Lebenserwartung.

Zur Verschärfung beigetragen hat der Umstand, dass 2018 das schlechteste Anlagejahr seit zehn Jahren war. Die Pensionskassen schlossen es im Durchschnitt mit einer negativen Rendite von 2,8 Prozent ab. Die Streuung war beträchtlich: Die beste der untersuchten Kassen erzielte ein Plus von 11 Prozent, die schlechteste ein Minus von 8,2 Prozent.

Weil die Kassen tiefere Renditen erwarten, haben sie die Renten gesenkt respektive den Umwandlungssatz, mit dem sie die Renten berechnen. Der Satz lag vor zehn Jahren bei durchschnittlich 6,7 Prozent. Heute sind es 5,7 Prozent. Die befragten Kassen geben an, dass sie ihn weitersenken wollen, und zwar auf 5,5 Prozent bis 2023.

Korrekter Umwandlungssatz liegt bei 4,9 Prozent
Bei einer Renditeerwartung von heute 1,9 Prozent liegt der versicherungsmathematisch korrekte Umwandlungssatz jedoch noch tiefer: bei 4,9 Prozent. Allerdings dürfen ihn nur jene Kassen unter den gesetzlich vorgegebenen Satz von 6,8 Prozent senken, wenn die Versicherten mit der Rente noch 60 Prozent ihres letzten Lohns erreichen. So sollten sie auch im Alter noch wie gewohnt leben können.

Gemäss Studie ist aber auch dieser Wert deutlich gesunken. 2013 lag er noch bei 80 Prozent, sank aber bis Ende letzten Jahres auf 69 Prozent. Dabei handelt es sich um einen Medianwert, das heisst, bei der Hälfte der ­ Versicherten lag er höher, bei der anderen tiefer. Der Wert wurde aufgrund eines Jahreslohns von 80 000 Franken berechnet.

Für Reto Siegrist, Geschäftsführer der Swisscanto Vorsorge, besteht dringender Handlungsbedarf. Die Pensionskassen müssten jetzt handeln, um die Leistungen aus der beruflichen Vorsorge langfristig zu sichern. Wie die Studie zeigt, haben die Kassen trotz gesetzlicher Vorgaben Spielraum. So hat jede zweite Kasse die Sparbeiträge von Arbeitnehmern und -gebern erhöht, 38 Prozent wollen dies noch tun. Bei jeder siebten Kasse beginnen die Erwerbstätigen früher Beiträge zu zahlen, bei jeder zehnten arbeiten sie länger. Damit konnten sie die Leistungslücke von 28 Prozent auf 15 Prozent verkleinern.

Die Studienautoren zeigen auf, wie Pensionskassen diese Restlücke schliessen könnten. Zum Beispiel, indem sie die Sparbeiträge für alle Altersklassen von 15,8 auf 18,6 Prozent erhöhen. Oder die Versicherten beginnen früher, Beiträge zu zahlen, und arbeiten länger. Auf diese Weise würden sie 7 Jahre länger in die berufliche Vorsorge einzahlen. Weiter könnten sie auf einem höheren Anteil ihres Jahreslohns Beiträge entrichten. Gemäss Studie müsste er um 6000 Franken höher sein. Die Kassen könnten diese drei Massnahmen auch miteinander kombinieren.

Auf diese Weise, so sagte Siegrist, wären die Renten der jungen Generation gesichert und jene der Pensionierten müssten nicht angetastet werden. Allerdings bräuchte es für die Übergangsgeneration, die lange während der Tiefzinsphase erwerbstätig war oder noch ist, unterstützende Massnahmen.

Versicherte könnten 
Lücke selber schliessen
Letztlich könnten auch die Versicherten selber die Lücke schliessen. Sie können freiwillig zusätzliches Geld in die berufliche Vorsorge einschiessen oder in die 3. Säule einzahlen. Dafür müssten sie mit 25 Jahren starten und jedes Jahr 1000 Franken einzahlen – und eine Rendite von 3 Prozent erzielen.

Die Vorsorgeeinrichtungen iherseits könnten die Leistungslücke auch schliessen, indem sie nur schon eine um 0,7 Prozent höhere Rendite erzielten. Wohl können sie den sogenannten dritten Beitragszahler, den Kapitalmarkt, nicht zwingen, ihnen höhere Renditen abzuliefern. Sie können aber durchaus mehr herausholen, wie die Studie zeigt. Grössere Pensionskassen, die über 500 Millionen Franken verwalten, haben in den letzten zehn Jahren eine Rendite von 4,6 Prozent erzielt, kleinere eine solche von 4,1 Prozent.

Was machen die Grossen besser? Sie investieren breiter, reagieren schneller auf die Marktentwicklung, und sie gehen eher die Risiken ein, die sie aufgrund ihres Zustands auch eingehen können. Für die Versicherten macht dies einen grossen Unterschied: Wird ihr Kapital über 40 Jahre nur um ein einziges Prozent höher verzinst, erhalten sie dereinst eine um ein Viertel höhere Rente.

Die Studie von Swisscanto ist repräsentativ. An ihrer nunmehr 19. Umfrage nahmen 531 Vorsorgeeinrichtungen teil, die 3,8 Millionen Personen versichern. Zusammen verwalten sie 660 Milliarden des gesamten Schweizer Vorsorgevermögens von 1000 Milliarden.

Nachrichten zu Wirtschaft »