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Baselworld

Schutz für wertvolle Uhrenteile

Diebstähle am Arbeitsplatz sind ein Problem für Uhrenhersteller. Eine Bieler Firma präsentiert an der Baselworld ein innovatives Sicherheitssystem - aber auch die Mitarbeiter sollen geschützt werden.

Innovativ: Fast alles, was die Bieler Firma Lecureux von Moritz Messer an der Baselworld 2014 präsentiert, gab es letztes Jahr noch nicht. Bild: tul

von Thomas Uhland

Sicherheit scheint an der diesjährigen Baselworld ein Thema zu sein - zumindest bei zwei der drei regionalen Zulieferbetriebe der Uhrenbranche. Sowohl Lecureux als auch der Möbelhersteller Allemand Frères SA bieten Systeme an, die wertvolle Uhrenbestandteile und Halbfabrikate vor Langfingern schützen.

Beim Schubladenstock von Allemand kann jederzeit nachvollzogen werden, zu welchem Zeitpunkt welche Person welches Fach geöffnet hat. Damit ist auch klar, bei wem gesucht werden muss, wenn plötzlich Teile fehlen. Zudem kann von einem Computer aus festgelegt werden, welcher Mitarbeiter welche Schubladen öffnen darf.

Lecureux bietet ein vollautomatisches System an, das fertige Uhren zu bestimmten Zeiten ein- und auslagert. Man habe dabei an die Kontrolle der Laufgeschwindigkeit gedacht, sagt Direktor Moritz Messer. Anstatt die Uhren auf dem Tisch herumliegen zu haben und umständlich beschriften zu müssen, tauchen die wertvollen Teile von allein zur richtigen Zeit auf dem Arbeitstisch auf - und verschwinden danach wieder im sicheren Tresor. Das System ist nicht nur praktisch, sondern eben auch diebstahlsicher.

 

Gegen Langfinger

Der automatische Tresor erinnert an grosse automatisierte Palettenlager, nur eben viel kleiner. Er helfe mit, Arbeitsplätze einzusparen, sagt Moritz Messer. Aber eben, das System schützt auch besser gegen Langfinger. «Heute wird mit wertvolleren Teilen gearbeitet als früher. Die Unternehmen investieren deshalb viel in die Sicherheit», sagt Céline Allemand. Niemand will es offen sagen, doch die wertvollen Stücke scheinen bei einigen Uhrmachern Begehrlichkeiten zu wecken, denen sie nicht widerstehen können.

Sicherheit heisst in der Uhrenbranche aber auch höchste Präzision und Laufgenauigkeit. An vielen Ständen der Zulieferfirmen geht es um hochpräzise Fertigung. Die Messgenauigkeit von Uhrwerken kann etwa mit den Geräten der Bürener Witschi Electronics überprüft und reguliert werden. Neu im Programm ist ein Apparat, der serienmässig das Drehmoment von Federhäusern misst - also die Kraft, mit welcher die Feder das Uhrwerk antreibt.

Diese Präzision ist allerdings nur machbar, wenn jedes der feinen Schräubchen eines Uhrwerks im genau richtigen Mass angezogen ist. Eine weitere Erfindung von Lecureux garantiert das richtige Drehmoment. Eingestellt wird es an einem kleinen Ge- rät mit Touch-Pad, das an ein Smartphone erinnert und mit dem eigentlichen Schrauber verbunden ist. Es ist aber ebenso möglich, dieses von einem zentralen Computer aus einzustellen. Damit nicht genug: Denkbar ist, dass bei einem Garantiefall aufgrund der Seriennummer auch zu einem späteren Zeitpunkt genau eruiert werden kann, wer wann welche Schraube wie stark angezogen hat - und damit, weshalb die Uhr nicht wie gewünscht läuft.

 

Für den Rücken

Sicherheit aber auch für die Mitarbeitenden. Uhrmacher und andere Berufsleute an ähnlichen Arbeitsplätzen verharren oft stundenlang fast reglos über ihren Tischen. «Ergonomie ist deshalb ein grosses Thema», betont Céline Allemand. Dies ohnehin, seitdem die Suva entsprechende Richtlinien erlassen hat. Tische und Stühle mit besseren Einstellmöglichkeiten, die ergonomischere Einstellungen ermöglichen.

 

Unter einem Dach

Wenn es den Zulieferbetrieben gut geht, geht es der ganzen Uhrenbranche gut. Denn bei Unsicherheit wird als erstes bei den Investitionen gestrichen. «Wir sind deshalb der Thermometer der Branche», meint Lecureux-Direktor Messer. Und die Temperatur der Uhrenbranche sei gut: «Die Uhrenindustrie arbeitet auf hohem Niveau stabil.»

Für ihn liegt die längerfristige Gefahr für die Uhrenbranche in der zunehmenden Vertikalisierung, also der Tendenz der Konzerne, möglichst die gesamte Wertschöpfungskette unter ihrem Dach zu vereinen. Einst selbstständige Firmen mit kreativen Köpfen an der Spitze werden übernommen und zu Gliedern eines Imperiums gemacht. «Doch wenn aus Lieferanten Angestellte werden, ist das gefährlich», sagt Moritz Messer.

Spezialisierte Firmen sind gezwungen, im Markt agil zu bleiben und sich laufend anzupassen und zu verbessern. «Doch wenn eine solche Firma in einem Konzern aufgeht, ist einerseits dieser Druck weg, andererseits die vielfältige Erfahrung unterschiedlicher Kunden», so Messer. Er erklärt dies anhand seiner eigenen Produkte, in die sowohl die Langlebigkeit aus der Serienproduktion als auch die Präzision aus der Einzelfertigung einfliesst. Es sei darum ein falsches Sicherheitsdenken der Konzerne, wenn sie allzu viele Zulieferer unter ihr Dach holten.

 

Baselworld in Zahlen:

122 000 Besucher aus 100 Ländern

1460 Aussteller aus 40 Ländern

141 000 m2 Ausstellungsfläche (Zahlen von 2013)

Gegen 80 Zulieferbetriebe, davon drei aus der Region Biel

Erste Durchführung 1917 im Rahmen der Muba

Seit 1973 selbstständig als «Europäische Uhren- und Schmuckmesse» (seit 1986 auch aussereuropäische Aussteller)

• Noch bis am Donnerstag auf dem Basler Messegelände

 

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