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Geschäftsmieten

Stadt hilft den Betrieben

Gewerbliche Mieter in städtischen Liegenschaften atmen auf: Sie müssen für die Zeit des Lockdowns im Frühling nur die halbe Miete zahlen.

Als die Stadt leer war: Der Zentralplatz am 13. April letzten Jahres. Die Stadt erlässt nun ihren gewerblichen Mietern für diese Zeit die Hälfte des geschuldeten Betrags.  copyright: matthias käser/bieler tagblatt

Tobias Graden

Monatelang beschäftigte die Frage der Geschäftsmieten im letzten Jahr die öffentliche Diskussion – und natürlich die Gewerbetreibenden, ihre Verbände und die Liegenschaftsbesitzer. Nun hat die Stadt Biel fast ein Jahr nach dem ersten Lockdown im Frühjahr 2020 noch ein Zeichen gesetzt: Sie erlässt jenen gewerblichen Mieterinnen und Mietern, die in einer stadteigenen Liegenschaft eingemietet sind, die Hälfte der geschuldeten Mieten für die Dauer der jeweiligen behördlich verordneten Geschäftsschliessungen. Bislang hatte sie die Miete gestundet.

«Im Stich gelassen»
Dass es so lange gedauert hat bis zu dieser definitiven Lösung, hängt mit den Entwicklungen auf Bundes- und Kantonsebene zusammen. Erst letzten Dezember wurde das Geschäftsmietengesetz in den Eidgenössischen Räten abgelehnt, das die Mietfrage auf Bundesebene einheitlich geregelt hätte. Der Kanton seinerseits hatte stets betont, ebendiese Bundeslösung abzuwarten, bevor er seinerseits tätig werden würde – auch als die Stadt Biel bereits Mitte Mai für ihre so genannte «Bieler Lösung» warb. Diese hätte vorgesehen, dass der Eigentümer die Hälfte der Miete selber trägt und die anderen 50 Prozent je hälftig von der Mieterin und dem Kanton übernommen würden. «Bund und Kanton haben alle im Stich gelassen», urteilt Biels Stadtpräsident Erich Fehr (SP) rückblickend.
Die Stadt ihrerseits nehme nun ihre Verantwortung als Liegenschaftseigentümerin wahr, sagt Fehr. In den Genuss des Mieterlasses kommt, wem wegen des Lockdowns im Frühling die Haupterwerbsquelle wegfiel. Konnte also beispielsweise ein Restaurant mit einem Take-Away-Service einen gewissen Umsatz halten, wird ihm gleichwohl die Hälfte der Miete erlassen. Die Stadt argumentiert, in diesem Fall habe das Restaurant nur einen Bruchteil seiner üblichen Umsätze erzielen können, und die ihm damals zur Verfügung stehenden Hilfsinstrumente wie Kurzarbeit, Corona-Erwerbsersatz oder die Covid-Kredite hätten für die Mietthematik kaum eine Wirkung gehabt.

Kosten bis 300000 Franken
Auf Begehren hin erhalten die betroffenen Betriebe den hälftigen Mieterlass für die gesamte Dauer der behördlichen Schliessung. Der Zeitraum variierte je nach Art des Betriebs: Coiffeurgeschäfte mussten für anderthalb Monate vom 17. März bis 26. April schliessen, Gastronomiebetriebe für zwei Monate vom 17. März bis 10. Mai und Freizeitbetriebe für zweiein-halb Monate vom 17. März bis5. Juni.
Stadtpräsident Fehr geht davon aus, dass Gesuche im Umfang von total 250000 bis 300000 Franken eingehen werden. Insgesamt beträgt der Umfang der Mieten von Geschäften, Hotels und Restaurants in stadteigenen Liegenschaften monatlich um die 350000 Franken. Für den Monat April waren bereits im Frühling Gesuche um Mieterlass in der Höhe von 130000 Franken eingegangen, wie Finanzdirektorin Silvia Steidle (PRR) im Mai gegenüber dem BT sagte. Die total eingegangenen Voranmeldungen wiesen einen Umfang von etwa 300000 Franken auf, wie Erich Fehr mitteilt.
Nicht eingeschlossen in dieser Lösung sind Betriebe, die bei privaten Eigentümern wie Banken, Pensionskassen oder Privatpersonen eingemietet sind – wobei Erich Fehr betont, dass die Pensionskasse der Stadt Biel in ihren Liegenschaften dem Beispiel der Stadt folgt. Diese sollten sich über ihre Verbände mit den Vermietern um Lösungen bemühen, sagt Fehr. Wie viele Unternehmen dies noch betreffen könnte, ist unklar. Karin Roth von Roth Immobilienmanagment AG sagte im Dezember gegenüber dem BT, der Grossteil der Anfragen um Mietzinsreduktion habe gelöst werden können. Demgegenüber machte Miriam Stebler, die Präsidentin des Gewerbeverbandes Bieler KMU, geltend, die Mehrheit der Mitglieder habe keine Reduktion erwirken können.
Jedenfalls geht die Stadt Biel mit ihrer jetzigen Lösung weniger weit als die Stadt Bern, deren Hilfe für die jetzige Zeit des Lockdowns allen Unternehmen offen steht, die in Bern steuerpflichtig sind. Bedingung ist allerdings, dass sich Mieterin und Vermieter bereits vorgängig über eine Lösung geeinigt haben. Wo dies nicht möglich ist, sucht die Stadt mit den Parteien das Gespräch. Erich Fehr sagt dazu: «Wir haben einen anderen Weg gewählt. Im Gegensatz zu Bern gab es bei uns im Sommer den Solibon.»
In Nidau hat der Gemeinderat bereits anfangs Dezember beschlossen, für den Frühling 60 Prozent der Mieten für Betriebe zu erlassen, die in gemeindeeigenen Liegenschaften untergebracht sind.

Jetzt ist genug Hilfe da
Erich Fehr macht auch klar, dass aus jetziger Sicht keine weiteren Hilfsinstrumente der Stadt mehr dazukommen werden. Das jetzige Härtefallprogramm des Bundes erfasse auch die Fixkosten der geschlossenen Betriebe, zusammen mit den weiteren Instrumenten seien nun «90 bis 95 Prozent der wirtschaftlichen Problemkreise der betroffenen Unternehmen erfasst». Die Stadt erhalte denn auch zurzeit kaum mehr entsprechende Zuschriften oder Eingaben: «Wir gehen davon aus, dass das Hilfsnetz nun so gestrickt ist, dass es für die meisten funktioniert», sagt Fehr. Weitere Hilfen wären bei einer Behandlung im Stadtrat ohnehin erst mit zeitlicher Verzögerung wirksam und würden überdies zu einer Wettbewerbsverzerrung gegenüber den Wirtschaftsakteuren in den umliegenden Gemeinden führen.

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