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Techdays

Studierende spüren Kriminelle auf

Wie funktioniert ein Spital-Test mithilfe von künstlicher Intelligenz? Wie können im Darknet Verbrecher beobachtet werden? Studenten der Berner Fachhochschule liefern die Antworten.

Der Nachwuchs ist bereit: Die Absolventen Martin Birchmeier und Tobias Studer von der BFH. Bild: Nico Kobel

Manuela Schnyder

Der Patient merkt sich während zehn Sekunden sechs geometrische Figuren. Anschliessend versucht er diese auf einem Papier nachzuzeichnen. Diese Zeichnungen werden von einem Neuropsychologen angeschaut und bewertet. So testen die Ärzte in den Spitälern das Gedächtnis von an Multiple Sklerose (MS) erkrankten Menschen. «Das ist nicht sehr effizient», sagt Tobias Studer, Diplomand an der Berner Fachhoschule BFH in der noch jungen Disziplin Medizininformatik. «Unter anderem deshalb nicht, weil die Ergebnisse auf Papier vorliegen und in einem Archiv landen.»

Zusammen mit Martin Birchmeier hat Studer deshalb eine App entwickelt, um den kognitiven Test zu digitalisieren. Die Patienten zeichnen die Formen direkt von Hand auf den Bildschirm. Anstatt ein Arzt bewertet ein Algorithmus die Zeichnungen. Die Daten sind anschliessend digital zugänglich, können anonymisiert und für Forschungsarbeiten verwendet werden. Das ist nur ein Beispiel, wie die Absolventen und Absolventinnen der BFH mithilfe von künstlicher Intelligenz, Big Data und Internet of Things den digitalen Wandel vorantreiben. Morgen können sich Interessierte ein Bild davon machen.

Darknet, Paragliden, Drohnen
An den sogenannten Techdays der BFH präsentieren die Absolventen aus verschiedenen Studienbereichen ihre Abschlussarbeiten. Morgen sind 68 Diplomandinnen und Diplomanden der Studiengänge Informatik und Medizininformatik an der Reihe. Die Vielfalt der Themen ist gross. Anita Brunner und Markus Fischer haben beispielsweise ein System entwickelt, das die Planung von Gleitschirmflügen vereinfacht. Anstatt mühselig wichtige Daten für einen Paraglide-Flug wie etwa Wetter, Start-, Flug- und Landerestriktionen im Internet zusammenzusuchen, könnten die Paraglider sämtliche Daten zentral auf einer Plattform abfragen.

Weitere zwei Absolventen haben eine Lösung im Kampf gegen kriminelle Aktivitäten gefunden: «Wir haben ein System entwickelt, welches es ermöglicht, eine Kopie von Foren im Darknet zu erstellen», sagt Marco Maurer, der das System zuasmmen mit Lukas Müller entwickelte. Da im Darknet die Nutzer oft über illegale Themen wie Internetbetrug und Cyberkriminalität sprechen oder verschiedene illegale Güter wie gefälschte Dokumente, Waffen oder Drogen zum Handel anbieten, können aus den Foren wichtige Informationen gewonnen werden. Zum Beispiel darüber, welche Güter gehandelt werden, wer hinter Benutzerkonten steckt oder auch, wie sich der Preis für Cannabis im letzten Jahr verändert hat.

Eine andere Arbeit beschäftigt sich mit der drohenden Gefahr über unseren Köpfen: mit den Drohnen. In den nächsten Jahren könnte deren Kontrolle im Luftraum nämlich ein heisses Thema werden, prognostiziert Cyril Grossenbacher. Denn die Satellitennavigationssysteme, die viele Drohnen zur Positionsfindung verwenden, könnten dazu missbraucht werden, um die Drohne zu manipulieren. Dank einer stärkeren Rechenleistung wurden jedoch neue Navigationsansätze ermöglicht, die die Position basierend auf Videobilddaten anstatt GPS bestimmen können.

Der Nachwuchs fehlt
Insgesamt sind im Bereich Informatik und Medizininformatik mehr als 500 Studierende an der BFH immatrikuliert (Stand Ende 2018). Nur ein Viertel davon studiert die Disziplin Medizininformatik: Das Problem sei, genügend Studierende zu finden, erklärt Studiengangsleiter Jürgen Holm. Der Begriff «Medizininformatik» sei bei den Maturanden hierzulande noch wenig bekannt. Der Studienbereich ist in der Schweiz noch sehr jung: Im Jahr 2011 hat die BFH als erste Bildungsstätte der Schweiz Medizininformatik in ihr Studienangebot aufgenommen.

Dabei ist das Können der Absolventen des noch jungen Bereichs in der Industrie gefragt: «Zwei Drittel der Studierenden haben bereits vor dem Abschluss eine Arbeitsstelle», sagt Holm. Die anderen Absolventen meist kurz danach. Grund dafür sieht er unter anderem in der engen Verknüpfung der BFH mit der Branche. Die Studierenden arbeiten bereits während des Studiums eng mit Vertretern aus dem Gesundheitswesen zusammen, in Form von Projekten und Workshops. Dafür hat die BFH in Biel ein europaweit einzigartiges Labor eingerichtet, in der unter anderem ein Spital, eine Apotheke, eine Arztpraxis und sogar eine Wohnung mit virtuellem Patienten – Frau Brönnimann – eingerichtet ist. Über diese Labor-Plattform finden die jungen Ingenieure meist auch gleich ihren neuen Arbeitgeber.

Info: Sämtliche diesjährigen 
Abschlussarbeiten sind im detaillierten Programm aufgeführt. 
Dieses kann unter www.bfh.ch/ti heruntergeladen werden.

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Programm
Am morgigen Techday präsentieren 68 Diplomandinnen und Diplomanden der Berner Fachhochschule BFH ihre Bachelorarbeiten aus den Bereichen Informatik und Medizininformatik. Die Besucherinnen und Besucher erhalten dabei Einblick in die Themenvielfalt, mit der sich heute angehenden Informatik-Ingenieure befassen.
- Präsentationen von 8.00 bis 12.45 Uhr
- Austellung von 13.30 bis 18.00 Uhr
- Infoveranstaltung «Bachelor of Science in Medizininformatik» und «Bachelor of Science in Informatik» von 15.50 bis 17.00 Uhr
- Ort: Biel, Höheweg 80 msd

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