Sie sind hier

Abo

Personalgeschäft

Verwaltungsrat der Post: Sommaruga will Pardini

Corrado Pardini soll die italienischsprachige Schweiz und das Personal im Verwaltungsrat der Post vertreten: Der Haken: Er ist weder Tessiner noch Postgewerkschafter.

Kennen sich seit Jahrzehnten: Die SP-Exponenten Corrado Pardini und Simonetta Sommaruga. Bild: Keystone

Dominik Feusi

Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga geht heute mit einer heiklen Personalie in die Bundesratssitzung. Sie schlägt den im letzten Herbst abgewählten SP-Nationalrat Corrado Pardini als Verwaltungsrat der Post vor. Da der Bund einziger Aktionär der Post ist, wäre Pardini mit dem Beschluss des Bundesrates faktisch gewählt. Bereits am kommenden Montag würde er an der Generalversammlung der Post bestätigt.

Noch brisanter ist die Begründung der Postministerin. Simonetta Sommaruga schlägt ihren Parteikollegen Pardini nämlich als Vertreter der italienisch sprechenden Schweiz und des Postpersonals vor, wie mehrere voneinander unabhängige Quellen bestätigen. Pardini spricht zwar italienisch, aber mit dem Tessin und dem italienisch sprechenden Teil Graubündens hat er nichts zu tun. Pardini stammt von italienischen Einwanderern ab, ist italienisch-schweizerischer Doppelbürger und in der Stadt Bern geboren und aufgewachsen. Gemäss seiner Website ist er in der Stadt Bern verwurzelt, heute wohnt er in Lyss. Er hat nie im Tessin gewohnt oder gearbeitet.

Ein «Affront» für das Tessin

Entsprechend reagieren Parlamentarier aus dem Tessin auf den Vorschlag. «Das ist ein Affront der Bundespräsidentin gegenüber der italienischsprachigen Schweiz», sagt CVP-Nationalrat Marco Romano. «Sie bevorzugt einen Parteigenossen statt einen echten Vertreter des Tessins oder der Bündner Südtäler.» Es gebe auch im Tessin Gewerkschafter und sogar solche, die mit der Post mehr zu tun hätten als Pardini.

Dieser habe weder Kontakt zur Tessiner Wirtschaft noch zur Regierung im Tessin und in Graubünden und kenne schon gar nicht die Befindlichkeiten in der Bevölkerung gegenüber der Post, die ihren Service in den Randregionen in den letzten Jahren stark abgebaut habe. Der Bundesrat dürfe nicht zulassen, dass dieser Posten an einen Parteifreund statt an einen echten Vertreter der italienischen Schweiz verschachert werde.

Auch das Argument von Sommaruga, Pardini vertrete die Interessen des Personals, ist nicht ganz korrekt. Zwar ist Pardini Gewerkschafter, aber der gelernte Bau- und Maschinenschlosser war nie bei der Post tätig, sondern hatte sich in der Gewerkschaft Bau und Industrie hochgearbeitet, bis diese in der Gewerkschaft Unia aufging. Sein Vorgänger im Verwaltungsrat der Post, der im Februar verstorbene Michel Godet, hatte seine ganze gewerkschaftliche Karriere in der Personalvertretung der Post verbracht, zuerst in der PTT-Union, am Schluss in der Postgewerkschaft Syndicom. Brisant: In der Geschäftsleitung der Syndicom sitzt Pardinis Bruder Giorgio.

«Perverse Mechanik»

Von 2011 bis 2019 war Pardini Nationalrat für die SP. In der für die Post zuständigen Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen sass er allerdings nie. Das hinderte ihn nicht, 2016 nach der abgelehnten Service-public-Initiative deren Hauptforderung aufzunehmen und eine Lohnobergrenze von 500 000 Franken für bundesnahe Betriebe, darunter auch die Post, zu fordern. Es gebe eine «perverse Mechanik, dass Verwaltungsräte und Spitzenmanager ihre völlig überrissenen Löhne und Entschädigungen in gegenseitigem Einvernehmen hochtreiben», kritisierte er vor zwei Jahren gegenüber der «Ostschweiz am Sonntag». Die Gier, so Pardini, sei stärker als die Selbstverantwortung. «Das ist schon in der Privatwirtschaft stossend, im öffentlichen Dienst ist es völlig inakzeptabel.»

Sollte Pardini gewählt werden, wird er wie alle anderen Verwaltungsräte der Post für ein Pensum von rund 12 Prozent mit allen Leistungen rund 75 000 Franken pro Jahr verdienen. Das würde hochgerechnet auf ein Vollpensum 600 000 Franken entsprechen, mehr, als ein Bundesrat verdient, und mehr, als Pardini als Lohnobergrenze festlegen wollte. Und auch Postchef Roberto Cirillo müsste ein Verwaltungsrat Pardini den Lohn kürzen. Gemäss dem Finanzbericht des letzten Jahres bezog Cirillo total eine Entschädigung von knapp 700 000 Franken. Die sieben Konzernleitungsmitglieder bezogen durchschnittlich je 582 000 Franken.

Pardinis Forderung wurde im Nationalrat von der SVP unterstützt. Sie scheiterte allerdings im Ständerat. Die «Lobby der bundesnahen Betriebe» habe dabei gespielt, sagte Pardini. «Die CVP spielt eine dubiose Rolle», fand der SP-Nationalrat. «Wenn es um Entscheide geht, dann versuchen sie, ihre Pfründen zu retten.» Damit spielte er auf den ehemaligen CVP-Ständerat und Post-Verwaltungsratspräsidenten Urs Schwaller an. Falls Pardini gewählt würde, sässe er mit Schwaller im obersten Gremium der Post.

Corrado Pardini verzichtete auf eine Stellungnahme.

Nachrichten zu Wirtschaft »