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Visana-Chef Urs Roth begeht Suizid

Am Montagmorgen ist Visana-Chef Urs Roth freiwillig aus dem Leben geschieden.Er war ein Kämpfer für tiefere Gesundheitskosten und ein grosser YB- und SCB-Fan.

Kämpfte für tiefere Kosten: Visana-Chef Urs Roth. Bild: Beat Mathys

Stefan Schnyder

Am Visana-Hauptsitz an der Weltpoststrasse in Bern herrschte gestern eine bedrückte Stimmung. Die Mitarbeiter hatten am Morgen ein E-Mail von der Firmenleitung erhalten: «Wir haben die traurige Pflicht, Ihnen den Tod des Vorsitzenden der Direktion, Urs Roth, mitzuteilen. Er ist gestern Morgen freiwillig aus dem Leben geschieden», heisst es im Schreiben. Der Visana-Chef war 58 Jahre alt. Wie in einem solchen Fall üblich, untersucht die Kantonspolizei den Fall.

Bei der Visana hat Roths Stellvertreterin Valeria Trachsel die Leitung des Unternehmens übernommen. Urs Roth hinterlässt seine Frau, die aus Lettland stammt.


Andere ähnliche Fälle
Der Berner BDP-Nationalrat Lorenz Hess war als Verwaltungsratspräsident der Visana der Vorgesetzte von Urs Roth. «Mir war in der Zusammenarbeit mit ihm nie aufgefallen, dass es ihm nicht gut gehen würde. Deshalb ist sein Tod für mich ein Riesenschock», sagt er. Auch geschäftlich seien in den vergangenen Wochen keine grösseren Herausforderungen aufgetaucht. «Im Gegenteil: Die Visana befindet sich auf Kurs», betont Hess. Die Krankenkasse zählt 827000 Versicherte und erzielte im 2017 einen Gewinn von knapp 200 Millionen Franken. Hess übernahm im April 2017 das Visana-Präsidium: «Wir haben rasch zueinandergefunden und professionell zusammengearbeitet. Die Chemie stimmte», betont er. Der Suizid von Roth weckt Erinnerungen an den ehemaligen Swisscom-Chef Carsten Schloter, der sich im Juli 2013 das Leben nahm. Kurz darauf schied auch Pierre Wauthier, der damalige Finanzchef der Zürich-Versicherung, freiwillig aus dem Leben. Und im Mai 2016 beging Martin Senn, der ehemalige Chef der Zürich-Versicherung, Suizid. Die Fälle werfen die Frage auf, ob es einen Zusammenhang zwischen dem Druck und der Einsamkeit an der Spitze eines Unternehmens und der Suizidgefährdung gibt. Eine Frage, die sich wohl nie ganz schlüssig wird beantworten lassen, denn jeder Fall ist anders gelagert.


Sein Ärger über die Kosten
Der Fürsprecher Urs Roth war seit September 2012 Chef der traditionsreichen Berner Krankenkasse, für die er seit 1995 tätig war. Für ihn war die Ernennung eine grosse Genugtuung, denn noch im Jahr 2005 war ihm mit Peter Fischer zunächst ein Externer vor die Nase gesetzt worden. «Urs Roth war kein Blender. Aber er war ein Chef, der direkt und fundiert argumentierte», sagt Visana-Präsident Lorenz Hess.

Roth war ein Kämpfer für tiefere Gesundheitskosten. Seinen Ärger über die Kostentreiber in der Branche verhehlte er nicht: «Es wird schlicht jedes Jahr mehr konsumiert. Die Versicherten erwarten, dass ihnen Spitzenmedizin rund um die Uhr vor der Haustür zur Verfügung steht», sagte er im Frühling gegenüber dieser Zeitung.

Auch die Kantone kriegten ihr Fett ab: «Es gibt immer noch zu viele Spitäler in der Schweiz», sagte er. Und er hatte auch ein Rezept bereit, um die steigenden Gesundheitskosten zu bremsen: «Das effektivste Rezept dagegen wäre, die Leistungen in der Grundversicherung zu beschränken und den Rest in die Zusatzversicherung zu verschieben. Der Leistungskatalog in der Grundversicherung ist viel zu luxuriös», sagte er.


Ein grosser Sportfan
Urs Roth war ein passionierter Golfer und ein grosser YB- und SCB-Fan. Er besuchte regelmässig die Spiele der Clubs. Und es dürfte kein Zufall sein, dass die Krankenkasse Sponsoringpartnerin der Clubs ist.

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