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Warum das Glück in Schweden zu finden ist – und in Ruanda

Das Entrepreneur Forum Seeland stand dieses Jahr unter dem Motto Glück. Ein dichtes Programm umkreiste das Thema aus verschiedenen Blickwinkeln. Humorige Einlagen sorgten für Glücksmomente bei den Zuhörern.

Barbara Achermann, Bild: Nico Kobel

Wenn in der Kufahalle in Lyss die schwarzen Anzüge in der Überzahl sind, macht das glücklich. Und zwar all die Angestellen, die einen Nachmittag lang ihren Chef losgeworden sind. Sagt Dr. Oliver Tissot. Der Stand-up-Comedian fasst die Referate zusammen und bringt die Erkenntnisse auf den Punkt. «Glück ist, wenn der Funke überspringt», sagt Architektin Brigitte Widmer im Podiumsgespräch über das Glück im Arbeitsalltag. Das ist für Tissot nur logisch: «Wenn der Funke überspringt, dann brennt ja bald das Haus. Und dann kann die Architektin es wieder aufbauen. Ergo: Glück für sie. » Doch dann tritt eine Rednerin auf die Bühne, bei der ihm kein lockerer Spruch mehr einfällt. Barbara Achermann ist Redakteurin und Reporterin bei der Zeitschrift Annabelle. Mit 15 habe sie einen Vortrag einer Mitschülerin gehört, beginnt sie. Diese habe über den Genozid in Ruanda gesprochen, als 1994 die Hutu gegen die Tutsi kämpften. Innerhalb von 100 Tagen wurden fast eine Million Menschen getötet.

Zwanzig Jahre später, als Journalistin, sei ihr der 400-seitige Gendergap-Report auf den Tisch gelegt worden. Die Studie zeigt die Lage der Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau auf der ganzen Welt. Auf den ersten drei Rängen: die nordischen Staaten.

Ihre Vorrednerin, Maike van den Boom, Buchautorin und interkulturelle Glücksforscherin, hatte bereits darüber gesprochen, weshalb die skandinavischen Länder zu den glücklichsten zählen. Und was wir von ihnen lernen können. Es scheint kein Zufall zu sein, dass sowohl das Glück in der Arbeitswelt als auch der höchste Stand der Gleichberechtigung in skandinavischen Ländern beheimatet sind.

Auf Platz vier, hinter dem hohen Norden, liegt auf der Rangliste der Gleichberechtigung Ruanda. Die Schweiz, das sei am Rande erwähnt, befindet sich auf Platz 21. Barbara Achermann reiste nach Ruanda, um herauszufinden, wie das Land 25 Jahre nach der humanitären Katastrophe so fortschrittlich werden konnte. Und sie traf auf das Phänomen der Resilienz, der Fähigkeit, grosse Krisen als Anlass für eine neue Entwicklung zu nehmen.

Nach dem Völkermord war die Bevölkerung zu 70 Prozent weiblich, sagt sie. Die Männer waren entweder tot, geflohen oder im Gefängnis. So begannen die Frauen notgedrungen, traditionelle Männerarbeiten zu übernehmen. In einem Land, in dem sie zuvor ohne männliche Begleitung nicht einmal die Strasse zu überqueren wagten, wurden Frauen zu Unternehmerinnen. Durch Zusammenschlüsse von Frauenorganisationen und einem starken Lobbying wurde die Gleichberechtigung von Mann und Frau 2003 in der Verfassung verankert.

Heute sind 50 Prozent der Unternehmen von Frauen geführt und 67 Prozent der Parlamentarier sind weiblichen Geschlechts. Nach dem Krieg wurde zunächst eine Frauenquote von 30 Prozent eingeführt. Nun diskutiert man eine Männerquote von 30 Prozent, was Achermann durchaus als sinnvoll empfindet. Sie stellt dem Forum drei der Frauen vor, die sie persönlich kennengelernt hat, und erzählt von deren Lebensumständen.

Sie wünscht sich von den westlichen Medien einen wohlwollenden Blick auf Afrika, der nicht von oben herab sein dürfe. «Wir können von ihnen lernen», sagt sie. Frauen wurden von Opfern zu Machern. Die gesunkene Kindersterblichkeit und das konstante Wirtschaftswachstum dürfen jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass es noch immer ernsthafte Probleme gibt, wie die hohe Sterblichkeitsrate der Mütter. Auch der autoritäre Regierungschef Paul Kagame stellt in gewisser Hinsicht ein Risiko dar.

Dieser Name ruft bei Dr. Oliver Tissot Assoziationen hervor. Die Frauen haben alles richtig gemacht, sagt er. Aber der Mann? Kack. So heisse er ja auch: Kack-ame. Und schon geht er über zu einem weiteren Redner des Abends. Cédric Waldburger ist bekannt, seit er im Fernsehen davon erzählt hat, dass er nur noch 64 Dinge besitze, weil er so glücklicher sein könne. Die projizierte Liste seiner Besitztümer sei bei den Frauen im Publikum auf Verwunderung gestossen, stellt Tissot fest. «Er sagt, er wasche einmal pro Woche seine Wäsche und auf der Liste stehen nur sechs Boxershorts?» Nandita Boger

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