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Coronavirus

Was die Läden von der Maske halten

Bei steigenden Fallzahlen dürfte bald auch der Kanton Bern eine Maskenpflicht in Geschäften einführen. Eine Umfrage im Raum Biel zeigt: Nicht alle Detailhändler wären gleich betroffen.

Würde eine Maskenpflicht in Biels Verkaufsläden die Konsumlaune drücken? Bieler Landeninhaber sind sich darin uneins. Bild: Keystone

Manuela Schnyder

Wenig Luft und Schweissperlen um den Mund und die Nase: Mit einer Maske Kleider oder Schuhe anprobieren, durch die Warenhäuser drängeln oder sich in Einrichtungsgeschäften beraten lassen, stellt man sich nicht gerade angenehm vor, schon gar nicht bei diesen warmen Temperaturen. In einigen Kantonen der Schweiz ist das aber bereits Realität.

Steigen die Zahlen im Kanton Bern weiter an, müssen bald auch in Biel Nase und Mund beim Einkaufen bedeckt werden. So befürchten Detailhändler erneut weniger Kundschaft und damit wieder Umsatzeinbussen: «Natürlich wird sich das auf unser Geschäft auswirken», sagt etwa Dominko Madjura, Inhaber und Geschäftsführer der auf Einrichtungslösungen von Arbeitsplatz- und Wohnraum spezialisierten Brechbühl Interieur in Nidau. Wenn die Leute eine Maske tragen müssen, dann werden sie tendenziell wieder nur die nötigsten Einkäufe tätigen wie etwa Lebensmittel oder vielleicht auch ein paar Kleider oder Schuhe. Der Kauf von Leuchten, Stühlen, Betten oder Sofas würden die Leute möglicherweise erneut verschieben, auch wenn die Ausstellungsräume grosszügig eingerichtet und die nötigen Schutzmassnahmen getroffen würden.

Auch Jean-Luc Huwiler vom Herrenmode-Geschäft Freitag meint: «Wer ein Hemd braucht, der kauft das auch mit Maske. Mit einer Maske aber einfach so shoppen zu gehen und sich von den Schaufenstern und den Emotionen leiten zu lassen, das machen dann nicht mehr viele. Was aus gesundheitlicher Sicht richtig ist, wird sich auf den Detailhandel negativ auswirken, zumal damit auch die Online-Käufe wieder zunehmen werden.»

Wieder Kurzarbeit befürchtet

So dürften gerade die Ladeninhaber von Non-Food-Artikeln unter der Einführung einer Maskenpflicht leiden. Der Branchenverband Swiss Retail Federation erwartet für dieses Segment Umsatzeinbussen von 10 bis 30 Prozent. Befürchtet wird insbesondere, dass mit einer allgemeinen Maskenpflicht die Frequenzzahlen sinken, die Kunden kürzer im Laden verweilen oder noch stärker auf Online-Shops ausweichen. In den Nachbarländern hätten die Einbussen gar 50 Prozent betragen, warnte gestern der Branchenverband (siehe BT von gestern).

Weniger dramatisch beuerteilt man die Lage bei der Bieler Modekette Bijou les Boutiques: «Wir haben bereits in unserem Laden in Lausan ne die Maskenpflicht einführen müssen und bislang noch keine markanten Umsatzeinbussen beobachten können», sagt Sabine Gygax, Mitinhaberin des Modegeschäfts und Inhaberin der Nile-Läden. Es gebe zwar schon Leute, die sich weigerten, eine Maske zu tragen und direkt wieder aus dem Laden gingen. Der Grossteil der Kundschaft zeige aber Verständnis und mit Maske würden auch die Mitarbeiter besser geschützt, um nicht zuletzt auch einer Filialschliessung vorzubeugen. Zudem dürften sie mit der Maskenpflicht in Lausanne wieder mehr Kunden und Kundinnen im Laden bedienen. Störend findet Sabine Gygax vielmehr, dass nur einzelne Kantone die Maskenpflicht einführen: «Somit werden Regionen ohne Maskenpflicht von den Konsumenten bevorzugt», sagt sie.

Auch Fatima Fankhauser, Geschäftsführerin des Longboarder-Shops an der Bieler Bahnhofstrasse, geht davon aus, dass sich eine Maskenpflicht nicht allzu stark auf die Kundenfrequenz auswirken wird: «Wir haben bereits jetzt viele Kunden, die mit einer Maske in unseren Laden kommen», sagt sie. Leute, die aus anderen Kantonen wie etwa aus Neuenburg anreisen, seien sogar verwundert, dass hier in Biel noch keine Masken getragen werden müssten. Besonders dringlich findet die junge Geschäftsführerin die Massnahme allerdings nicht: «Die Läden gelten nicht als Ansteckungsherd, sondern vielmehr die Clubs und Bars, wo die Leute stärker miteinander interagieren.»

Ältere Leute suchen Schutz

Für Karl Villiger hingegen stellt die Maskenpflicht ein anderes Problem dar: «Kommt die Maskenpflicht, können wir die Täter bei Diebstählen nicht mehr mit der Kamera identifizieren», sagt der Inhaber des Bieler Schmuck- und Uhrengeschäfts R. Villiger AG und Vize-Präsident von City Biel-Bienne, der Bieler Vereinigung der Detailhändler. Er könne nicht für die Mitglieder von City Biel-Bienne sprechen, dafür sei eine Umfrage nötig, für sein Geschäft sei eine solche Massnahme aber unpassend. So hat der Juwelier auf seinen Tischen im Laden bereits Plexiglas aufgestellt, um die Kunden zu beraten. Bei der Anprobe ziehen sich die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen Handschuhe und Maske an und desinfiziert werden die Gegenstände mit UV-Licht: «Eine Maskenpflicht für die Kunden ist bei einem solchen Schutzkonzept nicht nötig», sagt er.

Ob der Kanton bei der Einführung einer Maskenpflicht in den Geschäften Ausnahmen für bestimmte Läden machen wird, das bleibt offen: «Die genauen Details der Umsetzung der Maskenpflicht in Innenräumen werden aktuell erarbeitet», sagt dazu Mediensprecherin Gabriela Giallombardo von der Gesundheits-, Sozial- und Integrationsdirektion des Kantons Bern.

Auch Kuno Cajacob von Spörri Optik hat in seinem Geschäft Plexiglas im Beratungsbereich installiert, würde aber eine zusätzliche Maskenpflicht für Kunden begrüssen: «Ich bin nicht der Meinung, dass sich die Maskenpflicht negativ auswirken würde, zumal wir auch ältere Kunden haben», sagt der Geschäftsführer. So habe eine Umfrage des Linsenherstellers Johnson & Johnson gezeigt, dass sich die Leute bei den Augenkontrollen unwohl fühlten und Angst vor einer Ansteckung hätten. «Zusätzliche Schutzmassnahmen würden dabei helfen, dass die Leute weiterhin in die Läden gehen.»

Ob und wann genau im Kanton Bern eine Maskenpflicht eingeführt wird, ist unklar: Das hänge von mehreren Parametern ab, sagt Giallombardo. Aktuell werde eine Maskenpflicht, wenn die Zahl von 47 Fällen pro 100 000 Einwohner während zwei Wochen überschritten werde. Das entspricht 35 Fällen pro Tag.

Stichwörter: Biel, Laden, Maskenpflicht

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