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Uhrenbranche

Weniger gut als der Durchschnitt

Die Swatch Group verzeichnete 2019 ein Minus. Besonders die günstigen Uhren dürften einen schweren Stand haben. Für 2020 gibt sich der Konzern dennoch zuversichtlich.

Bild: bt/a

Tobias Graden

Oft war es in den letzten Jahren so, dass die Swatch Group ihre Jahreszahlen entweder zeitgleich mit den Exportzahlen des Branchenverbandes veröffentlichte – oder in ihrer Kommunikation zum Ergebnis auf diese Statistik Bezug nahm. Sie konnte dann nämlich darauf hinweisen, dass ihre Zahlen besser seien als jene der restlichen Schweizer Uhrenbranche, dass die Swatch Group mithin also Marktanteile gewonnen hatte.

Dieses Jahr ist das anders. In der gestern verschickten Mitteilung des Uhrenkonzerns findet sich kein Wort zur Exportstatistik, welche die Fédération de l’industrie horlogère suisse (FH) am Dienstag publiziert hatte. Die Swatch Group hat denn auch ihre Konkurrenz nicht geschlagen. Zwar sind die Verbandszahlen und das Ergebnis der Swatch Group nicht eins zu eins zu vergleichen, da erstere nicht die tatsächlichen Abverkäufe abbilden. Gleichwohl: Während die Gesamtexporte der Uhrenbranche um 2,4 Prozent auf 21,7 Milliarden Franken zulegten, so hat die Swatch Group einen Umsatzrückgang um 1,8 Prozent bei konstanten Wechselkursen respektive 2,7 Prozent zu aktuellen Kursen zu verzeichnen.

 

Drastische Lage in Hongkong

Die Swatch Group begründet dies vor allem mit der Lage in Hongkong. In der chinesischen Sonderverwaltungszone unterhält sie nach eigenen Angaben mehr als 90 eigene Retailgeschäfte, alleine im zweiten Halbjahr habe sich der Umsatzrückgang in Hongkong auf rund 200 Millionen Franken belaufen. Anders gesagt: Ohne dieses durch die Proteste geprägte zweite Halbjahr wäre der Umsatz der Uhrenkonzerns praktisch stabil geblieben.

Allein: Die Swatch Group mag zwar vergleichsweise stärker in Hongkong und China engagiert sein, aber grundsätzlich gelten diese Bedingungen für alle Hersteller genau gleich. Die Vermutung liegt also nahe, dass der Rückgang bei der Swatch Group einen Zusammenhang mit dem deutlichen Volumenrückgang der Uhrenexporte vor allem im Quarzbereich hat (siehe BT vom Mittwoch). Dort machen der Marke Swatch jüngere Modeuhren das Leben schwer, der Marke Tissot dürfte der enorme Smartwatch-Trend der letzten Jahre zusetzen. Marktbeobachter Oliver Müller, früher selber bei der Swatch Group tätig und heute Chef der Beratungsfirma Luxeconsult, drückte es diese Woche in einem Interview mit der «Handelszeitung» drastisch aus: «Wir verlieren laufend Volumen. Marken wie Swatch, die früher noch 10, 12 Millionen Uhren in diesem Segment verkauft haben, setzen jetzt noch etwa zwei Millionen ab.» Swatch versuche sich «durchzuseuchen», «aber kein junger Mensch zwischen 15 und 25 Jahren trägt heute noch eine Swatch». Die Marke sei «tot».

Das hat Folgen. So ergänzt Müller: «Wenn eine Industrie über kein Volumen verfügt, ist sie gefährdet.» – ein Satz, wie er in der Vergangenheit ziemlich gleichlautend auch aus der Chefetage der Swatch Group zu vernehmen war.

 

Positives und Rekorde

Im Jahr 2019 hat die Swatch Group jedenfalls die eigenen Erwartungen nicht erfüllt. Bei der Publikation der Zahlen von 2018 hiess es vor Jahresfrist, man erwarte für 2019 ein «gesundes Wachstum». Ereignisse wie jene in Hongkong waren in dieser Schwere zwar nicht vorhersehbar, ins Bild passt aber, dass die Marke Tissot offenbar den Markteintritt ihrer Smartwatch mit dem zusammen mit EM Marin entwickelten eigenen Betriebssystem Swiss OS verschieben musste. Deren Lancierung war für letztes Jahr angekündigt gewesen. Gegenüber «Finanz und Wirtschaft» sagte Konzernchef Nick Hayek jedoch, die Zahlen von Tissot seien positiv. Die Marken in den oberen Preissegmenten bereiteten keine Probleme, Blancpain habe gar ein Rekordergebnis erzielt.

Die Zahl der Beschäftigten im Konzern ist allerdings letztes Jahr um 1000 Personen zurückgegangen und beträgt noch 36 100. Die Swatch Group präzisierte gestern nicht, welche Stellen letztes Jahr gestrichen wurden und wie viele davon sich in der Schweiz befanden.

Gleichwohl zeigt sich die Swatch Group laut Mitteilung für das laufende Jahr nicht ohne Zuversicht. Für 2020 erwartet sie mit Ausnahme von Hongkong «ein gesundes Wachstum in allen Märkten in Lokalwährungen». Die Olympischen Spiele in Tokyo seien dabei ein «besonderes Highlight», da sich «Omega in einem der grössten Luxusmärkte der Welt einzigartig präsentieren kann».

 

Aktie im Tief

Die Anleger teilten gestern diese Zuversicht nicht. Der Aktienkurs sank um fast vier Prozent auf 244 Franken. Seit Anfang Jahr beträgt der Rückgang fast zehn Prozent, verglichen mit dem 52-Wochen-Höchst liegt der Kurs nun fast einen Viertel tiefer. Zeitweise lag der Kurs nur noch knapp über 240 Franken, so tief wie seit zehn Jahren nicht mehr. Manche Analysten sehen darum für die nächsten Monate viel Potenzial und empfehlen die Aktie zum Kauf.

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