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La Chaux-de-Fonds

Wie schafft man eine Ikone?

Warum werden einige Uhren zu Ikonen? Und weshalb verschwinden andere nach kurzer Zeit wieder? Diesen Fragen ging man an der «Journée Internationale du Marketing Horloger» nach.

Jedes Detail zählt (von rechts): Uhrmacher Stephen Forsey und Uhrendesigner Xavier Perrenoud diskutieren mit dem Journalisten Paul O’Neil, Bild: zvg

von Daniel Rohrbach

Die «Submariner» von Rolex, die «Speedmaster» von Omega oder die Breitling «Navitimer» erkennt der Uhrenliebhaber auf den ersten Blick. Sie sind die wohl bekanntesten und erfolgreichsten Uhren weltweit. Oft werden diese Uhren als Ikonen bezeichnet. Wobei die Marken selber diese Bezeichnung auch gerne verwenden. So wirbt Breitling aktuell für die neue «Navitimer», deren Gehäuse einen Durchmesser von 46 Millimetern aufweist, mit dem Satz: «Eine Ikone gewinnt an Grösse». Doch was macht die eingangs erwähnten Uhren, denen sich wohl noch ein gutes Dutzend anderer Zeitnehmer anfügen liessen, derart eigen, dass sie sich schon seit Jahrzehnten erfolgreich behaupten, während die meisten anderen Uhrenmodelle, die jährlich auf den Markt strömen, kaum ein Jahr überleben?

An der «Journée Internationale du Marketing Horloger», einer jährlich stattfindenden, viel beachteten Branchentagung in La Chaux-de-Fonds, ging man letzte Woche unter dem Motto «Crée-moi une icône» in mehreren Gesprächsrunden und Vorträgen dieser Frage nach.

 

Marke nur Plattform

Gemäss Patrick le Quément, über 20 Jahre lang Chefdesigner bei Renault und geistiger Vater des «Twingo», darf Design nie eine Art von Selbstzweck sein. «Man darf nie für sich selber etwas designen, man muss immer die Leute vor Augen haben», erklärte er. Die Aufgabe des Designers sei, dem Produkt unter der Berücksichtigung der Funktionalität eine Seele zu geben. Beim «Twingo» habe er keine Gewissheit haben können, dass dieser auch ein Erfolg werde.

Für Antonio Terranova, Mitgründer und Designer der Marke Cvstos, ist eine Marke nur die Plattform für eine Ikone. Nie dürfe die Marke der Star sein, sondern immer das Produkt. Antonio Terranova hat als Konstrukteur und Designer bei TAG Heuer und freiberuflich für Firmen wie Breitling, Ebel oder Zenith gearbeitet.

Octavio Garcia, Chefdesigner bei Audemars Piguet, Luc Bergeron, Professor für Industriedesign an der Kunsthochschule in Lausanne, sowie Antoine Tschumi, selbstständiger Uhrendesigner mit Büro in Le Locle, sahen sich mit der Frage konfrontiert, welch eine Uhr denn für sie eine Ikone sei. Während Bergeron sich auf die Swatch «Jelly» festlegte und dies unter anderem damit begründete, dass diese Uhr als eine der ersten den Blick auf ihr Innenleben preisgegeben habe, taten sich die beiden anderen schwerer mit der Beantwortung.

Dies sei eine «schreckliche Frage», entgegnete dazu Tschumi, um schliesslich kundzutun, dass doch jede Marke eine Ikone habe. Für Octavio Garcia ist der Begriff Uhrenikone eine Sache der Kollektivität. «Die Uhren, die ich im Kopf habe, habt ihr alle auch im Kopf», sagte er zum Publikum. Die wahren Ikonen müssten über lange Zeit von vielen Leuten erkannt werden.

 

Kinder zeichnen eine Rolex

Der englische Meisteruhrmacher Stephen Forsey, der 2004 in La Chaux-de-Fonds zusammen mit dem Franzosen Robert Greubel die Marke Greubel Forsey gründete, und Xavier Perrenoud, selbstständiger Designer für Uhren und Schmuck in La Chaux-de-Fonds sowie Professor für Luxusdesign an der Lausanner Kunsthochschule, ergründeten das Zusammenspiel von Werk und Ausstattung, also dem inneren und äusseren Design einer Uhr. Für Perrenoud ist es wichtig, bei der ganzen Entstehungsgeschichte einer Uhr dabei zu sein. Die Arbeit des Designers höre nicht einfach bei der Zeichnung auf. Zudem gelte es von Anfang an alles Technische, alle Komplikationen zu berücksichtigen. «Man muss sich auch mit der Umsetzbarkeit der Entwürfe auseinandersetzen und die Produktionskosten im Auge behalten. Sonst könnte sich auch ein sehr schöner Entwurf als falsche Lösung herausstellen.» Perrenoud, der als einer der ersten Namen im Design von Zeitmessern gilt, kommt bei seiner Arbeit sicherlich zustatten, dass er über eine technische Ausbildung verfügt.

Für Stephen Forsey ist es «die Summe der Details, die ein Produkt interessant machen». Dabei müsse jedem Detail Beachtung geschenkt werden. Jedes Detail müsse stimmig zum anderen sein. Aus seiner Sicht als Techniker sei eine Ikone das Resultat von sehr viel Nachdenken, Entwicklung und Arbeit. Befragt von Paul O’Neil, dem Chefredaktor des Uhrenmagazins «World Tempus», ob denn eine Ikone alle Tendenzen überdauern könne, entgegnete Perrenoud: «Unbedingt. Denn oft sind die grossen Ikonen Archetypen.» Wenn er Kinder eine Armbanduhr zeichnen lasse, komme dabei bei den meisten eine Uhr heraus, die an eine Rolex erinnere. Er denke, das werde auch in 50 Jahren noch so sein.

Ein Westschweizer Uhrenjournalist wollte von alledem nichts wissen. Die einzige wirkliche Ikone in der Welt der Uhren sei die Swatch, erklärte er. Mit dieser Meinung stand er aber alleine auf weiter Flur.

Stichwörter: Horloger, Ikone, Marketing

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