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Zürich? Mailand? Biel!

Der Swatch-Neubau von Shigeru Ban macht die Stadt Biel attraktiver. Doch auch die Swatch Group selber spürt die Strahlkraft: Man habe keine Probleme, mit Metropolen zu konkurrenzieren, sagt Konzernchef Nick Hayek.

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Tobias Graden

Nick Hayek düpiert wieder mal alle. Für 12 Uhr ist der Akt vorgesehen, doch schon etliche Minuten vorher steht der Konzernchef der Swatch Group mit seiner Schwester, der Verwaltungsratspräsidentin Nayla Hayek, und dem japanischen Architekten Shigeru Ban vor dem berühmten Band, das es zu durchschneiden gilt, und hat auch schon eine Schere behändigt. Helle Aufregung unter den Fotografen, hastig gruppieren sie sich um das Trio, dieses verliert keine grossen Worte, und schwupps!, ist das Band auch schon durchschnitten. Die Fotografen möchten noch weitere Bilder machen, doch da ist der Architekt auch schon wieder verschwunden. Es ist sieben vor zwölf, es sind noch nicht mal ganz alle geladenen Gäste eingetroffen, jene darunter, die im Wahlkampf sind, werden dafür als erste Bilder in den sozialen Medien hochgeladen haben, sei es vom Gebäude und den dafür Verantwortlichen (eine Ständeratskandidatin), sei es von sich selber (ein Ständeratskandidat).

Strenge Omega, verspielte Swatch
Es ist also so weit, mehr als acht Jahre nach der Einladung zum Architekturwettbewerb und einige Monate nach der Inbetriebnahme wird also an diesem Donnerstag der neue Hauptsitz der Uhrenmarke Swatch eingeweiht. Die Schlange, wie der Bau im Volksmund genannt wird, ist damit das letzte der drei Ban-Gebäude auf dem Areal, das fertiggestellt wurde – zugleich auch das teuerste und komplexeste. Wie er denn auf diese organische Form gekommen sei?, wird Ban an der Pressekonferenz gesagt. Seine Antwort fällt unspektakulär aus: Diese sei einerseits durch die äusseren Gegebenheiten, also von Form, Grösse und Lage des Grundstücks, bedingt, anderseits habe er einen Kontrast schaffen wollen zum neuen Omega-Produktionsgebäude. Die Marke Omega, die sei für ihn «streng und starr» («strict and rigid»), während zu Swatch etwas Verspieltes passe.

220 Millionen Franken hat die Swatch Group für die drei Neubauten (der dritte ist die zentrale Cité du Temps mit dem Konferenzraum und den Museen für Omega und Swatch) insgesamt investiert, «genau wie im Budget vorgesehen!», betont Nick Hayek. 125 Millionen davon entfielen auf den Swatch-Sitz. «Nichts an diesem Gebäude ist ab Stange», sagt Hayek.

Das ist der Atmosphäre im Inneren denn auch anzumerken. 400 Arbeitsplätze bietet das Gebäude, und für jeden einzelnen hat es mehr als genug Raum. Wie ein riesiges Zelt überspannt die Fassade mit ihrer Holzgitterkonstruktion den Ort, an dem die Swatch-Kollektionen entstehen, wo sich auch Verwaltung und Administration der ewig jungen Uhrenmarke befinden. Fünf im Gebäude verteilte Olivenbäume unterstreichen die organische Ästhetik, alles ist sehr offen gestaltet, es wirkt, als sei man hier nicht am Sitz eines Industrieunternehmens, sondern in einem Universitätscampus oder einer Kunsthochschule. Die Brillen der Mitarbeiterinnen sind ausladend designt, die Jeans der Mitarbeiter kurz geschnitten, das Durchschnittsalter dürfte kaum 30 Jahre betragen. Im Regal rund um eine Sitzungsecke finden sich Bücher über Fischli/Weiss, die Biographie von Meret Meyer Scapa («Ein Leben für die Kunst»), Eine ETA-Firmengeschichte oder ein Bildband über 5000 Jahre chinesische Palast-Architektur.

«Ein super Architekt und ein super Mensch»
2004 hat die Beziehung zwischen der Swatch Group (genauer: der Familie Hayek) und Shigeru Ban begonnen. Damals wurde er mit dem Bau des NGH Centers Ginza in Tokyo beauftragt – ein trotz seiner Höhe überaus filigran und transparent wirkender Bau. 2011 dann, als es um die Projekte in Biel ging, verlängerte die Swatch Group für ihn die Eingabefrist; kurz nach Beginn seiner Arbeiten wurde Japan von einem Erdbeben, dem verheerenden Tsunami und der Reaktorkatastrophe in Fukushima heimgesucht. Die Beziehung zur Swatch Group und den Hayeks überstand aber auch den Tod des grossen Patrons Nicolas G. Hayek. Nick Hayek sagt über Ban, dieser sei nicht nur ein «super Architekt», sondern auch ein «super Mensch», was sich nicht gerade von jedem Architekten behaupten lasse. Zudem habe er mit sich reden lassen, er sei zu Kompromissen bereit gewesen, sodass jene Menschen, die dann in seinem Gebäude arbeiteten, es dort auch wirklich gut hätten.

Doch auch für Ban selber ist die Bieler «Schlange» etwas Besonders: Der Swatch-Sitz sei für ihn nichts weniger als sein Lebensprojekt und «ein Geschenk an die Menschen in Biel». Ein solch komplexer Holzbau sei übrigens ohnehin nur in der Schweiz möglich: «Sie ist das am weitesten entwickelte Land für Holzbau.» Knapp 2000 Kubikmeter Holz sind nun verbaut, in zwei Stunden ist diese Material im Wald wieder nachgewachsen, und zwar allein im einheimischen: Anders als bei Bans Tamedia-Gebäude in Zürich kommt sämtliches Holz aus der Schweiz, Das Swiss-made-Credo der Swatch Group verpflichtet, die 124 hölzernen Schweizerkreuze symbolisieren es, sie dienen aber gleichzeitig auch der Akustik in dem Bau. Die 2800 Waben-Elemente, die von 4600 Balken umfasst werden, existieren in drei Farbgebungen: opak, transluzent und transparent. Mit grossen Augen bestaunt ein Zürcher Journalist das Farbenspiel, «es lebt, ist aber nicht nervös», stellt er fest, «ich bin ein bisschen neidisch, mein Büro ist nicht so schön».

Das ganze Gebäudeist CO2-neutral
Die Strahlkraft der «Schlange» jedenfalls ist gross, das stellt die Swatch Group nicht nur anhand der Besucher der neuen Uhrenmuseen fest, sondern auch im Bewerbungsprozess: «Wir haben kein Problem, mit Zürich oder Mailand zu konkurrenzieren», sagt Nick Hayek, «wir verzeichnen viele Anfragen junger Leute aus aller Welt, die sich von dieser Kreativität angezogen fühlen.»

Der Neubau setzt auch ein Zeichen in puncto Nachhaltigkeit. Solartechnologie und die geschickte Nutzung von zwei getrennten Grundwasser-Reservoirs ermöglichen es, dass Gebäudefunktionen wie Lüftung, Kühlung, Heizung und Grundbeleuchtung für den Swatch-Sitz und die Cité du Temps autonom betrieben werden können. «Das Gebäude ist CO2-neutral», sagt Nick Hayek, und seine Schwester Nayla Hayek betont: «Nachhaltigkeit ist nicht einfach eine heutige Modeerscheinung, sondern sie war für uns schon vor über acht Jahren ein zentraler Punkt.»

Nicht einschüchtern, sondern anlocken
Der Swatch-Belegschaft scheint es in ihrem neuen Zuhause jedenfalls überaus wohl zu sein. Sie applaudiert der Konzernspitze und dem Architekten beim offiziellen Eröffnungsakt. Und Nick Hayek betont, die monumentale Architektur diene nicht der Einschüchterung, sondern «um anzulocken und neugierig zu machen».
 

Stichwörter: Biel, Swatch, Uhren, Hayek, Shigeru Ban

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