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Unia schlägt Alarm, Kanton wiegelt ab

Die Gewerkschaft Unia startet eine Petition gegen die Ausdünnung der Berufsbildung in Biel. Alles halb so schlimm, meint der Kanton.

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LUKAS RAU


Keine alltägliche Pause gestern für die Berufsschüler des Berufsbildungszentrums Biel (BBZ): Gewerkschafter der Unia stehen mit Unterschriftenbögen für eine Petition in der Eingangshalle. Mit der Petition will sich die Unia gegen die Ausdünnung des Berufsbildungsstandortes Biel stark machen. Nachdem Ende der Neunzigerjahre bereits sechs französischsprachige Berufslehrgänge in die Westschweiz ausgelagert wurden, verliert das BBZ nun weitere vier Klassen. Dabei handelt es sich um Hochbauzeichner, Maurer, Maler und Informatiker.

Daniel Hügli, Leiter der Sektion Unia Biel-Seeland, spricht von einem drastischen Abbau. «Wir wollen uns im Interesse der Auszubildenden und der gewerblich-industriellen Betriebe engagieren», sagt Hügli. «Es braucht die Berufsschule vor Ort, um die enge Beziehung zu den Betrieben aufrechtzuerhalten.»

Sprache: Segen und Fluch

Tatsächlich wird das Berufsbildungsangebot im Kanton Bern gegenwärtig angepasst. 15 von 265 Berufen werden schrittweise an andere Standorte verschoben oder zusammengefasst. Mit der bereits 2008 beschlossenen Reorganisation der Berufsschulen reagierte der Kanton Bern auf den Kostendruck und sinkende Zahlen bei den Lernenden. Dies auch im Hinblick auf demographische Veränderungen, die sich in den Primarschuljahrgängen abzeichnen. Die Anzahl Berufslernender wird in den kommenden Jahren weiterhin abnehmen.

Von einem drastischen Abbau des Angebotes in Biel möchte Theo Ninck, Leiter des Mittelschul- und Berufsbildungsamtes des Kantons Bern, aber nichts wissen. «In derselben Reorganisation von 2008 hat der Standort Bern sieben Berufe abgegeben», sagt er. Ausserdem wurde der Standort Biel in anderen Berufsgattungen, beispielsweise Bäcker-Konditor oder Automobilfachmann, gestärkt. In der Regel mindestens zwei Klassen – pro Jahrgang und Berufsfeld – will der Kanton Bern an einem Standort haben, sonst lohne sich der Betrieb nicht, erklärt Theo Ninck. «In Biel ist dies schwierig zu erreichen. Die Zweisprachigkeit führt zu kleineren Klassen, da machen wir schon heute Ausnahmen.» Die Zweisprachigkeit, eine der Stärken des Wirtschaftsstandorts Biel, wird hier zur Schwäche.

BBZ als Verlierer?

Der Direktor der BBZ, André Zürcher, bestätigt dieses Problem. Es sei sehr schwierig, fachlich qualifizierte Lehrkräfte zu finden, die zweisprachig unterrichten könnten. Zürcher hofft, dass die Politiker durch die Petition der Unia auf die Probleme des BBZ aufmerksam werden. Daniel Hügli von der Unia spricht ebenfalls die Sprachproblematik an: «Baut man noch mehr ab, kann man sich die Zweisprachigkeit gar nicht mehr leisten.» Hügli hofft auf Unterstützung aus Wirtschaftskreisen, um dem Ausbildungsstandort Biel die Stange zu halten. Für Hügli spricht auch der entstehende Fachhochschule-Campus für den Berufsbildungsstandort Biel: «Berufs- und Fachhochschule gehören zusammen», meint er. Auch hier ist Theo Ninck anderer Meinung. «Fachhochschulen sind tertiäre Ausbildungsstätten, die ein interkantonales Einzugsgebiet haben.» Für die Fachhochschule sei nicht unbedingt relevant, welche Berufsausbildungen in Biel angeboten würden.

Kanton für Biel

Ninck betont aber, dass der Kanton klar hinter dem BBZ und Biel als Ausbildungsstandort stehe. «Die in Biel getätigten Investitionen, zum Beispiel in die Lehrwerkstatt des BBZ, sprechen für sich», so Ninck.

Die Lernenden sehen es derweil pragmatisch: Zwei Bäckerstifte, einer der Berufe, die im Zuge der Reorganisation in Biel gestärkt wurden, schlendern durch die Eingangshalle. Angesprochen auf die Petition unterschreibt der eine direkt, der andere nervt sich: «Von Tür zu Tür pendle ich drei Stunden nach Biel und zurück für die Schultage! Vorher war es besser.»



Wechsel im BBZ
• Abgegebene Berufe:
Maurer, Maler, Hochbauzeichner, Informatiker, Auto-Mechatroniker, Montageelektriker
• Neue/gestärkte Berufe: Bäcker-Konditor, Automatikmonteur, Produktionsmechaniker, Automobilfachmann
 

Weitere Informationen finden Sie hier im Communiqué der Unia

 

 

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