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Kunst im Freien

Irdene Schwere - hintersinnige Leichtigkeit

Als Künstler ist und bleibt er eine internationale Grösse, der Eisenplastiker Bernhard Luginbühl. Seine unverkennbaren Plastiken sind in Biel unverrückbarer Teil des öffentlichen Raumes geworden. Fünfte Folge der Sommerserie.

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Eva Buhrfeind

Man kommt ja nicht jeden Tag am Berufsbildungszentrum BBZ vorbei, es sei denn, man ist Auszubildender, Lehr- oder andere Fachkraft. Oder aber Besucher eines der in der dortigen Aula stattfindenden Kulturanlasses. Dabei sollte man ruhig mal wieder vorbeischauen, denn beim BBZ ist die Kunst im öffentlichen Raum mit ihrer Örtlichkeit eine langjährige «platonische» Symbiose eingegangen. Kunst im öffentlichen Raum soll die Betrachtenden einladen, für kurze Zeit diese Öffentlichkeit wahrzunehmen. Und wenn es gut kommt, dann erzählen diese Werke etwas zum Ort, sind mit ihm eine Beziehung eingegangen.

 

Behäbige Unmittelbarkeit

Hier steht man also vor der weissen «Radfigur», 1975 erworben, 1980 wohl frisch gestrichen, und staunt. Einerseits ob der kunstvollen Konstruktion aus mancherlei Maschinenteilen. Andererseits ob der behäbigen Unmittelbarkeit, steht doch die «Radfigur» direkt vor dem Eingang zu dem Gebäude, in dem Automechaniker, Mechaniker, Schlosser, Spengler, Installateure ihre Kurse und Werkstätten haben, wie ein Monument der eisernen (Handwerks-)Kunst aus Konstruktion, Kraft, Feingefühl und Poesie. Wieder einmal zeigt sich, Bernhard Luginbühls Stil ist unverwechselbar, seine Werke sind wie Anekdoten, strahlen eine Aura aus, die als Kunstobjekt den öffentlichen Raum konkretisiert.

Womit wir ein paar Schritte weiter auf dem Platz vor der BBZ-Mensa wären und uns vom unübersehbaren «Kandelaber mit fünf Lampen» (1980) beeindrucken lassen, eine Zusammenarbeit mit Jean Tinguely im Rahmen des Projekts Kunst am Bau für die Gewerbeschule, präsentiert an der 7. Schweizerischen Plastikausstellung Biel 1980.

 

Fabelwesen und Technoid

Halb pfauenhaftes Fabelwesen, halb faunartiger Technoid mit theatralischer Bühnenwirkung, dazu die typische Kugel, die ausschweifenden Formen, verspielten Schnörkel der üppigen Eisenelemente. Der Kandelaber mit den vielen Lampen und Glühbirnen verspricht Licht im Dunkeln: Hier stehe ich - ein wenig eitel durchaus und recht verspielt - und spende Licht. Dieses Luginbühl-Tinguely-Objekt hat den öffentlichen Raum - wie einst geplant - eingenommen für sich als künstlerisches Zeichen in öffentlicher Umgebung, wie für eine Kunst, die aus Fundstücken vergangener Zeiten die Gegenwart beleuchtet.

 

Materie und die Geschichte

Die urgewaltigen Arbeiten des international renommierten Künstlers, so martialisch sie auch wirken mögen, treten an wie anthropomorphe Metaphern aus technoiden Welten, ein wenig philosophisch oder auch ironisch im Wechselspiel von irdener Schwere und hintersinniger Leichtigkeit - ganz nach seinem Credo: «Meine Sachen entstehen nach der Materie, die rumliegt.»

Ausgetüftelte Konstruktionen sind es, zwischen kompakter Verschlüsselung und filigraner Sinnbildhaftigkeit, barocker Fabulierfreudigkeit und technischer Bastelfreude, wobei eine theatralische Phantasie nicht abzusprechen ist, die sich ihre Standorte zu eigen machen. Erwerb und Platzierung stehen dabei im Zusammenhang mit dem Kunst-am-Bau-Projekt anlässlich der 6. Schweizerischen Plastikausstellung von 1975, in das auch Bernhard Luginbühl eingebunden war. Einer der beiden zu bespielenden Plätze war die Gewerbeschule, die Aufgabe: «eine gebaute Umgebung zu kreieren, in der die Kunstwerke sich in die Architektur integrieren oder mit ihr im Dialog stehen, sie beeinflussen und sie stellenweise transformieren». In Fortsetzung des 1975 begonnenen Projekts, der Dokumentierung von «Kunst im öffentlichen Raum», war an der 7. Schweizerischen Plastikausstellung 1980 dieses der Plastik und dem «Environnement» eng verbundene Thema präsent. Die beiden Plastiken befinden sich seit einiger Zeit im Besitz des Kantons Bern. Eva Buhrfeind

 

Der Künstler und der Schrott

 

Bernhard Luginbühl wurde 1929 in Bern geboren. Er absolvierte eine Bildhauerlehre, arbeitete anfänglich in Holz und Stein, bekannt wurde er in den späten 1950er-Jahren als Eisenplastiker. Luginbühl begann wohl als erster seiner Generation aus Eisenstücken Figuren zusammenzuschweissen. Er bevorzugte Altmetallstücke mit «Geschichte», um mit den Fundstücken als Zeugen einer vergangenen Epoche der Industrialisierung Spuren dieser Welt und seiner Zeit zu sichern. Das Material fand er auf Schrottplätzen oder stillgelegten Industrieanlagen. Seit 1965 lebte er im emmentalischen Mötschwil, dort wurde der Skulpturenpark der 1998 gegründeten Luginbühl-Stiftung eingerichtet. Seit 2005 ist im Alten Schlachthaus in Burgdorf ein Luginbühl-Museum eingerichtet. Bernhard Luginbühl hat an den Schweizerischen Plastikausstellungen in Biel teilgenommen, war an der Weltausstellung in Montreal 1967, an der Documenta III und 6 in Kassel vertreten. 1976 begann er mit den Verbrennungsaktionen seiner Holzfiguren. Bernhard Luginbühl starb kurz nach seinem 82. Geburtstag am 19. Februar 2011.

 

Weitere Werke in Biel

 

Weitere Arbeiten des schwergewichtigen Bildhauers finden sich einmal beim Champagne-Schulhaus, die schlichte «Grosse Aggression», ein Frühwerk mit der reduzierten, aufstrebenden Form. 1962 von der Stadt Biel anlässlich der 3. Schweizerischen Plastikausstellung Biel für das 1962 fertiggestellte Schulhaus erworben. Dann in der Altstadt der «Glockenschlag» (1995/ 1996), der vor der Stadtkirche seinen symbolhaft unvergänglichen Platz gefunden hat, ein Geschenk von Hans und Hanna Rutz-Imobersteg an die evangelisch-reformierte Kirchengemeinde Biel. Oder «Kurt», ein Geschenk des Bieler Altmetall-Händlers Kurt Halter, den eine «eiserne» Freundschaft mit Luginbühl verband, an die Stadt Nidau (2001).

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