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Agglomeration

Friede, Freude, Feuerwehr?

Nicht alle sind vom Zusammenschluss der Miliz und der Berufsfeuerwehr Biel begeistert. In Nidau und Ipsach gab es mehrere Austritte. Einige Milizler fühlen sich benachteiligt.

Vor zwei Jahren , als die Feuerwehren der Agglo sich zusammengeschlossen haben, gab es weder Misstöne noch Widerstand. Die damalige Bieler Sicherheitsdirektorin Barbara Schwickert (rechts) freute sich über den Schulterschluss, Bild: bt/a

von Patrick Furrer

In einer Woche treffen sich der Regierungsstatthalter, Vertreter der Gebäudeversicherung, der Regiofeuerwehr und der Gemeinden Nidau und Ipsach zur Krisensitzung. Hintergrund: Auf Anfang 2013 haben sich die Berufs- und Milizfeuerwehr Biel mit den Milizkorps Nidau/Ipsach und Twann-Ligerz-Tüscherz zur Regiofeuerwehr Agglomeration Biel/Bienne zusammengeschlossen. Gemäss Gesamtkommandant Didier Wicht sind Umstellung und Konzept eine Erfolgsgeschichte, wie er vor drei Wochen im BT erklärte.

Jedoch: Alles nur Friede, Freude, Eierkuchen ist es nicht bei der Regionalfeuerwehr, wie sich nachträglich zeigt. Die Berufsfeuerwehr unter Wicht reisse zu viel an sich, die dezentralen Milizen verlieren an Wichtigkeit, sagen Kritiker hinter vorgehaltener Hand. Die Berufsfeuerwehr sei fast immer Ersteinsatztruppe, obwohl dies anders versprochen worden sei. Auch Samuel Kurth aus Ipsach schreibt in einem Brief ans BT: «Es scheint, dass die Profis aus Biel jetzt alle wichtigen Aufgaben erledigen. Die Milizfeuerwehr kann beim Einsatz bestenfalls den Verkehr regeln und die Schläuche zusammenräumen.»

Was ist los beim eingeschworenen, hilfreichen und für die Sicherheit so wichtigen Feuerwehrvolk? Dieser Frage soll an besagter Sitzung nachgegangen werden. Es geht auch darum, zu prüfen, ob der Zusammenarbeitsvertrag, den Biel mit den Partnergemeinden abgeschlossen hat, eingehalten wird. Einzelne Mitglieder des Zugs Nidau/Ipsach sagen gegenüber dem BT, es laufe einiges nicht so wie versprochen. Mit Namen dazu stehen will aber noch niemand.

Mehrere Austritte
Vertragspartner für die Gemeinden ist die Sitzgemeinde der Agglofeuerwehr Biel. André Glauser, Leiter Abteilung Öffentliche Sicherheit, erklärt: «Die Sitzung ist notwendig, um Fragen bezüglich der Art und Weise der Umsetzung des zwischen den beteiligten Gemeinden abgeschlossenen Vertrags zu besprechen und zu klären. Es geht insbesondere um Fragen, die das Ersteinsatzelement Nidau / Ipsach betreffen.»

Glauser bestätigt ausserdem Recherchen, wonach es aufgrund des Missmutes unter den Feuerwehrmilizlern zu mehreren Austritten gekommen ist. Beziffert wird dies von keiner Seite. Fest steht allerdings, dass vor drei Jahren, als das Geschäft des Feuerwehrzusammenschlusses im Nidauer Stadtrat behandelt wurde, die Rede davon war, dass dereinst 70 Mitglieder in Nidau und Ipsach arbeiten sollen. Momentan sind es allerdings nur knapp 30. Allerdings: Zu wenig Personal habe man trotzdem nicht, sagt Glauser. Die Aufgaben könnten weiterhin erfüllt werden.

Der Ärger war sozusagen vorprogrammiert. Bereits bei den langwierigen Vorarbeiten wurde dies sichtbar. Obwohl der Zusammenschluss offiziell keine Gegner hatte, sondern im Gegenteil allseits begrüsst wurde, befürchteten die Agglogemeinden einen Autonomieverlust. Eine Befürchtung, die sich bestätigt hat. Eine «Zusammenarbeit auf Augenhöhe», wie sie damals propagiert wurde, findet offenbar nicht statt. Adrian Kneubühler, früherer Stadtpräsident von Nidau, sagt, die verspätete Kritik überrasche ihn nur wenig.

Keine Herausforderung mehr
Die Milizler stören sich vor allem daran, dass sie oft erst nach der Berufsfeuerwehr an Ort und Stelle sind, seit die Alarmierung auf Anfang 2014 in Biel zentralisiert worden ist. Zwar sind die dezentralen Einheiten gemäss Vertrag und Modellgrundsatz Ersteinsatztruppen in ihrem Einzugsgebiet. Da aber alles Freiwillige sind, die erst einrücken müssen, ist die Berufsfeuerwehr mit ihrem 24-Stunden-Pikettdienst sehr oft schneller vor Ort.

Was für die Bevölkerung eigentlich gut ist, weil ja die rasche Intervention zählt, ist für die Milizler unbefriedigend. Nicht nur widerspricht es dem Vertrag, ihnen bleiben tatsächlich oft nur noch die «Restarbeiten». Heisst: Lösch- oder Rettungseinsätze macht die Berufsfeuerwehr. Das Wasser wieder abpumpen und aufräumen können dann die Milizler.

Alle müssen mitziehen
Weil es sich beim Zusammenschluss um ein Pilotprojekt mit überregionaler Ausstrahlung handelt, werden zur Krisensitzung von kommender Woche auch der Bieler Regierungsstatthalter Philippe Chételat und Peter Frick, Gesamtleiter der bernischen Feuerwehren und Chef der Gebäudeversicherung, erscheinen. Die kantonalen Stellen waren an den Fusionsarbeiten beteiligt.

Chételat will nichts vorwegnehmen. Er stellt lediglich fest, dass – «falls tatsächlich Unstimmigkeiten vorliegen» – er als Statthalter einschreiten müsste.

Harte Worte wählt Peter Frick. Er wisse von den Unzufriedenheiten im Raum Biel. Den Milizlern gehe es auch um eine fehlende Wertschätzung. Allerdings müsse man das differenziert betrachten, da es oft einzelne seien, die diesen Missmut verursachen. «In jedem Zusammenschlussmodell gibt es Widerstände, das ist völlig normal», sagt Frick. Wer aber nicht mitziehe, sei am falschen Ort. «Dann ist es unter Umständen besser, man trennt sich von diesen Personen, die sich einer erfolgreichen Arbeit in den Weg stellen.» Möglich also, dass es personell noch einen weiteren Aderlass geben wird.

Das Wichtigste allerdings sei, sagt Frick, dass die Einsatzbereitschaft der Truppen gewährleistet sei. Das sei ganz klar der Fall, verspricht auch André Glauser in Biel. Die Einsatzbereitschaft der Feuerwehr sei «in keinster Weise» beeinträchtigt. Man werde an der Sitzung schauen, ob und welche Massnahmen allenfalls zu treffen seien.

 

Die Regionale Feuerwehr

• Die Milizfeuerwehr Twann-LigerzTüscherz (TLT), die Milizfeuerwehr Nidau/Ipsach und die Berufs- und Milizfeuerwehr Biel haben sich per Januar 2013 zur Regiofeuerwehr Agglomeration Biel/Bienne zusammengeschlossen.
• Die dezentralen Milizen sind erhalten geblieben. Diese brauchen aber weniger Personal. Zudem laufen Administration, Ausbildung und Materialbeschaffung zentral über die Sitzgemeinde Biel, was Kosten spart .
170 Personen sind im Einsatz. Davon arbeiten 30 bei der Berufsfeuerwehr Biel im 24-StundenPiketteinsatz, hinzu kommen drei Miliz-Einsatzzüge à 25 Personen. Die dezentralen Einheiten in Nidau und Twann haben jeweils rund 30 Mann.
• Der Bestand in der Einheit Nidau/Ipsach ist weniger als halb so gross als 2012 noch angekündigt.
• Die dezentralen Einheiten sind immer noch hauptzuständig für ihr Gebiet, auch wenn die Berufsfeuerwehr ebenfalls bei jedem Einsatz ausrückt. Die Zuständigkeit und Art der Arbeit führt nun vereinzelt zu Missmut. fup

 

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