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Standpunkt

Ein Jahr im Zeichen der Frankenstärke

Die Produktionsfirmen in der Region Biel-Seeland-Berner Jura haben im Jahr 2015 verschiedene Einbussen hinnehmen müssen. Doch auch Neustarts waren möglich.

Wo Wasser zu Energie wird: Im Oktober geht in Hagneck das modernste Flusswasserkraftwerk der Schweiz in Betrieb. Copyright: Patrick Weyeneth / BT

Es ist ein Bieler, der zusammen mit seinen Direktoriumskollegen massgeblich darüber bestimmt, wie es der Wirtschaft in der Region Biel-Seeland-Berner Jura im Jahr 2015 ergehen würde: Thomas Jordan. Der Präsident des Direktoriums der Schweizer Nationalbank verkündet am Morgen des 15. Januar, die SNB werde die Währungsuntergrenze des Schweizer Frankens zum Euro nicht mehr länger verteidigen. In den folgenden Tagen erlebt die Wirtschaft wieder, was im Jahr 2011 zur Einführung der Anbindung unserer Währung an den Euro geführt hatte: Die Parität des Schweizer Frankens zum Euro. Schweizer Produkte sind im Euroraum auf einen Schlag deutlich teurer – oder die Schweizer Exporteure nehmen empfindliche Einbussen hin.

Zuckerernte: Nicht nur fällt die Ernte dieses Jahr geringer aus – die Rübenpflanzer erhalten wegen der Marktlage auch zunehmend weniger Geld für ihre Rüben. Sie fordern darum eine grössere Unterstützung seitens des Bundes, da ansonsten der Zuckeranbau in der Schweiz gefährdet sei. Tanja Lander

Der Aufschrei ist gross, auch in der Region. Noch in seinem persönlichen Jahresrückblick in der «Schweiz am Sonntag» geht etwa Swatch-Group-Chef Nick Hayek mit der SNB hart ins Gericht: «Unsere Währungshüter von der braven, etwas biederen Nationalbank haben uns deutlich gezeigt, wie schwach wir mittlerweile geworden sind.» Die Welt der Nationalbanker zeuge von «Ratlosigkeit, Mutlosigkeit und mangelnder Kreativität». Demgegenüber sieht er die Rolle der Industrie: Sie kämpfe, um ihre Produkte auch künftig auf den Weltmärkten absetzen zu können.

Gerade die Region mit ihrer auf den Export ausgerichteten Maschinen- und Präzisionsindustrie wird vom erneuten Frankenschock hart getroffen. Doch auch andere Branchen wie der Handel werden auf die Probe gestellt. Vordergründig profitieren aber die Konsumenten: Ihr Geld ist mehr wert, und die Preise für Importgüter sinken.

Wer aber in exportorientierten Unternehmen angestellt ist, zahlt auch – etwa in Form längerer Arbeitszeiten. Diverse Unternehmen erhöhen die Wochenarbeitszeit, in der Region etwa die Lysser Feintool oder GF Machining Solutions als Teil des Georg-Fischer-Konzerns. Gerade kleinere Firmen leiden teils stark: Die Grenchner Michel Präzisionstechnik AG etwa sieht sich  nicht mehr imstande, das Geschäft weiterzuführen und meldet Konkurs an.

Konkurs: Die Grenchner Michel Präzisionstechnik AG muss im November ihren Betrieb schliessen. Anita Vozza

Ende Jahr zeigt sich: Die Schweizer Wirtschaft erweist sich als robuster als zunächst befürchtet, der grosse Kahlschlag bleibt aus, das Land gerät nicht in eine tiefe Rezession. Das Wachstum geht aber markant zurück, und die Arbeitslosigkeit steigt. Es ist auch nicht allein die Währung, die zur herausfordernden Lage beiträgt: Die in der Region so wichtige Uhrenbranche hat eine Antwort auf die Smartwatches zu finden und sieht sich mit einer deutlichen Abschwächung des Wachstums in China und Hongkong konfrontiert. Die noch ungelöste Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative, aber auch die anstehende Abstimmung über die sogenannte «Durchsetzungsinitiative» schaffen Unsicherheit über den künftigen Weg, den die international so stark verflochtene Schweiz in ihrem Kurs gegenüber dem Ausland einschlagen wird.

Smarte Swatch: Die «Touch Zero One» ist die Antwort von Nick Hayek auf die Smartwatches – später folgt die Swatch mit Bezahlfunktion. Anne-Camille Vaucher

Gerade in der Region zeigt sich aber, dass nicht verzagt, sondern die Zukunft angegangen wird. Wichtige Projekte wie Campus und Innocampus tätigen weitere Entwicklungsschritte; Ansiedlungen wie jene von GF Machining Solutions und CSL Behring machen sichtbar, dass grosse Unternehmen weiter an den Standort glauben; und mit den Neubauten von Swatch und Omega prägt die Uhrenindustrie das Gesicht der Stadt Biel weiter. Solche Vorhaben verdeutlichen: Es wird in Zukunft gewiss nicht einfacher sein, den Produktionsstandort Schweiz behaupten zu können, doch die Region ist willens und imstande, ihn zu behalten und zu gestalten.

Campus: «Trèfle» heisst das Siegerprojekt – in den neuen Campus werden die technischen Disziplinen der Berner Fachhochschule einziehen. Anita Vozza

Baustart: In Lengnau beginnt die CSL Behring mit Vorarbeiten für ihren Neubau – die Beschwerdeführerin allerdings geht bis vor Bundesgericht. Matthias Käser

Neubau: Die GF Machining Solutions wird ihren Sitz neu im Bözingenfeld haben.

Verstorben: Am 27. Mai stirbt Rolf Bloch. Er war nicht nur Unternehmer (Chocolats Camille Bloch), sondern auch umsichtiger Vermittler. Anne-Camille Vaucher

 

E-Mail: tgraden@bielertagblatt.ch

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