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Toiletten

Wer muss, der darf

In einem Pilotversuch hat die Stadt Biel letztes Jahr das Projekt «Nette Toilette» lanciert. Neun Restaurants und Bars stellen ihre Toiletten auch Passanten zur Verfügung. Die meisten Betriebe sind zufrieden. Wie oft das Angebot genutzt wird, ist allerdings nicht klar.

Der rot-schwarze Kleber am Eingang weist darauf hin, dass die Toiletten im Lokal nicht nur für zahlende Gäste bereit stehen. copyright: Carole Lauener/bielertagblatt

von Jacqueline Lipp

Neun Bieler Restaurants haben seit letztem Jahr ihre Toiletten öffentlich zugänglich gemacht. Eine rot-schwarze Etikette am Eingang zeigt den Besuchern: Auch wer nichts konsumiert, darf das WC kostenlos benutzen. Das Konzept nennt sich «Nette Toilette» und wurde in Biel im April 2015 als Pilotprojekt gestartet. Hintergrund war eine Sparmassnahme der Stadt: Sie schloss einen grossen Teil der öffentlichen Toiletten – was bei der Bevölkerung gar nicht gut ankam (das BT berichtete).

Nun ist die Pilotphase von «Nette Toilette» vorbei. Gemäss Jürg Saager, Leiter der Abteilung Hochbau, ist die Stadt mit dem Projektverlauf zufrieden. Mehr kann er noch nicht sagen, die Auswertung wird voraussichtlich in den nächsten Wochen vorliegen.

Schwierig zu beziffern
Die Restaurants und Bars ziehen eine positive Bilanz. «Bei uns gab es keine Probleme», sagt Walter Pfäffli vom Restaurant Drei Tannen. Das Angebot sei hin und wieder genutzt worden. Zum Beispiel von Leuten, die bei der Haltestelle auf den Bus warteten und kurz auf die Toilette mussten. Für Pfäffli ist klar, dass sein Restaurant weiterhin bei «Nette Toilette» mitmachen würde.

Das gilt auch für das Restaurant Gottstatterhaus an der Neuenburgstrasse. «Für uns gibt es nicht mehr Aufwand», sagt Wirtin Marianne Römer, «aber wir erhalten jetzt wenigstens eine Entschädigung dafür, dass unsere Toiletten kostenlos benutzt werden.» Denn bereits vorher seien viele Passanten ins Restaurant gekommen, nur um sich zu erleichtern – was sie geduldet, aber nicht so gerne gesehen habe.

Die Restaurants werden von der Stadt mit jährlich 1000 Franken entschädigt. Die Rechnung geht also für beide Seiten auf: Die Stadt hat deutlich tiefere Kosten, als wenn sie über die ganze Stadt verteilt öffentliche Toiletten betreiben würde. Und die Restaurants erhalten einen Zustupf für etwas, das sowieso immer wieder passiert. Ihr persönlich, sagt Marianne Römer, sei es sowieso lieber, wenn die Leute ins Restaurant kommen, als im Freien zu urinieren.

Für die meisten der angefragten Betreiber ist es schwierig zu beziffern, wie viele Leute von der «Netten Toilette» Gebrauch machen. Nathan Güntensperger, Inhaber der Lago Lodge, sagt denn auch: «Ganz ehrlich: Ich habe keine Ahnung. Bei uns gehen so viele Leute ein und aus, dass ich keine Kontrolle habe, wer tatsächlich etwas trinkt oder wer nur aufs WC geht.» Auf Güntenspergers Initiative hin wurde das Projekt überhaupt erst gestartet. Der GLP-Stadtrat brachte die in Deutschland bereits verbreitete Idee in Biel ins Gespräch.

«Die Leute kennen es»
Auch in der Innenstadt, wo mehr Passanten und Ausgangsfreudige unterwegs sind, sind die Betreiber mehrheitlich zufrieden. «Wir haben weder enorm positive noch enorm negative Erfahrungen gemacht», sagt Felix Blösch, Inhaber der Bar Provisorium am Guisanplatz. «Es hat sicher nicht mehr Konsumationen gegeben deswegen, aber auch nicht mehr Schäden.»

Auch bei der Bar «Pooc» sind keine Sachschäden registriert worden. Daniel Trignani, Besitzer und Geschäftsführer, verweist indes auch auf den Wachmann vor der Tür, der stark betrunkene Gäste abends gar nicht ins Lokal lässt. Die Leute kennen «Nette Toilette» laut Trignani und nutzen es auch. Das merke man besonders zwischen 16 Uhr und 18 Uhr, wenn in der Bar noch nicht so viel läuft. Für Trignani ist denn auch klar: «Solange wir keine Probleme haben, etwa mit Drogen oder Beschädigungen, werden wir sicher weiter mitmachen.»

Dasselbe gilt für das «Provisorium». Felix Blösch: «Die Infrastruktur ist ja vorhanden und dann müssen die Leute kein schlechtes Gewissen haben, wenn sie diese nutzen, ohne etwas zu trinken.»

Die Stadt Biel wartet zurzeit noch auf die offiziellen Rückmeldungen der Betriebe, um zu entscheiden, wie es weitergeht. Jürg Saager lässt bereits durchblicken, dass weitere Gastronomiebetriebe ihr Interesse an einer Teilnahme angemeldet haben. Da die Stadt Biel aktuell aber kein gültiges Budget hat, kann sie noch keine neuen Betriebe ins Projekt «Nette Toilette» aufnehmen.

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