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Biel/Nidau

Bremerhaven, Biel, Zermatt

Morgen macht die Wave-Trophy mit 70 Elektroautos in Biel halt. Mit dabei: Der Unternehmer Matthias Schwendimann. Er hat in Zermatt gezeigt, dass Elektromobilität auch unter schwierigen Bedingungen wirtschaftlich bestehen kann.

Zwischenhalt am Montagabend in Mannheim: Tesla S, Demian Schwendimann, Nic Clément und Herbert Fink (Beifahrer, Navigatoren und Lademeister), Matthias Schwendimann, E-Golf (von links). zvg
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Tobias Graden

Am Sonntagabend ist Matthias Schwendimann schier überwältigt von seinen ersten Eindrücken. «Es ist, wie wenn man in den Ferien vor dem All-Inclusive-Buffet steht und sich zu viel aufs Teller lädt», sagt er, «an der Wave gibt es aber nicht überfüllte Buffets mit Essen, sondern Eindrücke, Erfahrungen und Begegnungen.» Kein Wunder, hat der Teilnehmer der Wave-Trophy seit dem Start in Bremerhaven nicht viel geschlafen: «Die ersten zwei Wave-Tage waren sehr anstrengend, unglaublich interessant, gesellig und entsprechend mit wenig Schlaf verbunden.»

Wave, das steht für «World Advanced Vehicle Expedition», also ungefähr: Welt-Tournee für fortgeschrittene Fahrzeuge. Konkret führt die Fahrt dieses Jahr vom 10. bis zum 18. Juni von der Nordsee durch Deutschland über den Jura nach Genf und zurück nach Basel. Die Teilnehmer legen die Strecke allesamt mit Elektroautos zurück. Biel ist im Rahmen des «ESB eMobility Day» Etappenort. Morgen ab 16 Uhr werden die E-Autos bei der Tissot Arena eintreffen (siehe Zweittext links). Die Wave-Trophy ist aber nicht einfach ein Rennen, sondern es geht um eine Botschaft, die kurz gefasst lautet: Emissionsfreie Mobilität ist möglich.

«Es ist möglich»

Matthias Schwendimann weiss, dass das geht. Er ist Besitzer und Geschäftsführer der Schwendimann AG in Münchenbuchsee, sein Geschäftsgebiet erstreckt sich auch nach Biel. Das Unternehmen ist spezialisiert auf Abfalltrennung und –entsorgung, Grünpflege und Strassenunterhalt. Es bietet aber nicht nur Dienstleistungen an, sondern entwickelt auch Systeme. Und dabei achtet Schwendimann auf emissionsarme, zukunftsträchtige Technologien: Wo möglich, ersetzt er Verbrennungs- mit Elektromotoren. «Wir haben im Betrieb einen E-Virus», sagt der Geschäftsführer, der sich auch als Botschafter versteht: «Ich erfahre täglich, was alles falsch erzählt wird über Elektromobilität. Dabei wissen wir, dass es möglich ist, mit ihr wirtschaftlich zu bestehen.»

Die Schwendimann AG hat das in Zermatt gezeigt. 2010 hatte die Gemeinde die Kehrichtsammlung ausgeschrieben, Schwendimann bewarb sich – mit einem Konzept, das in der autofreien Gemeinde am Fuss des Matterhorns die Entsorgung durch komplett mit Elektromotoren betriebenen Fahrzeugen vorsieht. Das System bewährt sich seit 2012, wird unter der Marke «System Alpenluft» vermarktet und dürfte exportiert werden. Die Stadt Bergen in Norwegen interessiert sich dafür. «Was im Walliser Winter funktioniert, kann für Norwegen nicht schlecht sein», sagt Schwendimann. Ebenso haben die Jungfraubahnen einzelne Komponenten des Systems gekauft.

Oldtimer mit Elektromotor

An der Wave ist Schwendimann mit einem elektrisch betriebenen VW Golf unterwegs. Das Fahrzeug wurde auf doppelte Kapazität getunt, und zwar von der österreichischen Firma Kreisel Electric. Die Schwendimann verwendet von ihr Akkupakete für elektrisch betriebene Aufsätze an konventionellen Kehrichtentsorgungswagen. Und mit dem «System Alpenluft» konnten CEO Markus Kreisel und der Leiter Unternehmensentwicklung, Christian Schlögl, nach Zermatt gelockt werden. Schwendimann und Kreisel sind nicht nur Geschäftspartner, «sondern richtig gute Freunde». Entsprechend ist Schwendimann als Team Kreisel unterwegs. Sein Sohn Demian dagegen, der auch im Familienunternehmen tätig ist, fährt die Wave mit dem firmeneigenen Tesla S, den Interessierte ansonsten tageweise mieten können.

Seit der US-Hersteller Tesla in den Schlagzeilen ist und immer mehr seiner Fahrzeuge auf Schweizer Strassen zu finden sind, mutet auch das Teilnehmerfeld der Wave-Trophy nicht mehr so exotisch an: Zahlreiche Teams sind mit Tesla-Fahrzeugen unterwegs. Doch es gibt nach wie vor Spezialisten und Tüftler: Das Team Solar Buick hat einen Buick-Oldtimer aus dem Jahr 1953 auf elektrischen Antrieb umgerüstet, das Team Kumpan 2 verwendet eine elektrische Vespa, Team Hanno fährt einen umgebauten alten Lieferwagen der sächsischen Marke Framo. Auch ein schnittiger Karmann, ein Saab 900 Cabrio aus den frühen 90-ern oder der kultige VW Bulli der ersten Generation sind zu finden – allesamt auf E-Antrieb umgebaut, versteht sich.

Apropos Tesla: Matthias Schwendimann weiss von den Kontroversen um den Luxus-Elektrowagen, er weiss auch, dass der Betrieb eines E-Autos nur so sauber ist wie die Quelle, die den Strom liefert. Selber aber verweist er auf die Transparenz seines Unternehmens und die Solaranlage auf dessen Dach: «Wer will, kann uns gerne besuchen und die 1000 Quadratmeter Photovoltaik anschauen kommen.»

20 Liter Diesel pro Tag

Ins Leben gerufen wurde die Wave-Trophy von einem Schweizer. Louis Palmer ist in den Jahren 2007 und 2008 mit einem Solartaxi um die Welt gefahren, als Botschafter für Solar- und Elektromobilität. Die Reise führte bis zu UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon. Palmer organisierte 2010 das «Zero Emissions Race», eine 80-tägige Fahrt mit emissionsfreien Fahrzeugen. Darauf wurde er von der UNO mit dem «Champion of the Earth Award2 ausgezeichnet, den er als Verpflichtung auffasste, ein breiter gefasstes Event auf die Beine zu stellen. So entstand die Wave-Trophy.

Für Matthias Schwendimann geht es neben der Botschaft und dem Mitmachen auch ums Netzwerken. Die erste Etappe hat er mit einem Vorarlberger bestritten, der seit 23 Jahren in der Branche tätig ist: «Ich habe viel von ihm lernen können.» Er dürfte ihm auch von den elektrisch betriebenen Aufbauten für Kehrichtwagen erzählt haben. Diese sparen pro Tag und Fahrzeug 20 Liter Diesel. Bis das System amortisiert ist, dauert es zwar sieben Jahre, doch Schwendimann ist überzeugt: «Es lohnt sich. Denn wir müssen uns in diese Richtung bewegen.»

Und, ach ja, um etwas geht es ihm auch noch an der Trophy, wie er zum Schluss sagt: «Wir wollen gewinnen!» Nicht nur um des Gewinnens willen, sondern: «So wollen wir erreichen, dass die Zukunft möglichst rasch wieder enkeltauglich wird.»

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Tage der Elektromobilität

Morgen lädt der Energie Service Biel zum ersten «ESB eMobility Day» in der Tissot Arena. Ab 15 Uhr können aktuelle Elektroautos von Garagen der Region begutachtet werden, Probefahrten sind möglich. Zwischen 16 und 18 Uhr treffen die Teilnehmer der Wave-Trophy ein (siehe oben). Um 17.30 Uhr wird Gemeinderätin Barbara Schwickert eine Ansprache halten, ab 18 Uhr kommen Fussballfans auf ihre Kosten: Die EM-Spiele Rumänien-Schweiz und Frankreich-Albanien werden übertragen. Hinzu kommen Führungen auf dem Solardach der Tissot Arena, Autogrammstunden mit EHC-Biel-Spielern und die kulinarische Versorgung.

Auch die Nidau, Trägerin des Labels Energiestadt, lässt Interessierte an der Wave-Trophy teilhaben. Am Donnerstagmorgen ab etwa 8.15 Uhr legen die Teams in der Schule Balainen und in der Schule Burgerbeunden einen etwa einstündigen Halt ein. Die Fahrerinnen und Fahrer stehen Besuchern Red’ und Antwort. tg

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Wo sind die Tankstellen?

Wenn am Mittwoch die 70 Elektrofahrzeuge der Wave-Trophy in Biel Halt machen, werden sie mit Solarstrom vom Dach der Tissot Arena wieder aufgetankt. Dazu werden spezielle Kabel verlegt, damit all diese Autos aufs Mal mit Strom versorgt werden können.

Etwas länger dauert es hingegen noch, bis Privatpersonen ihre E-Autos in der Tissot Arena laden können. Die Elektro-Tankstellen sind noch nicht in Betrieb, sondern erst in Planung. Der Auftrag dazu erfolgt von der Stadt. Geplant sind vier bis acht Elektrotankstellen auf den Aussenparkplätzen, allenfalls auch einige in der Tiefgarage.

Beim Energieservice Biel rechnet man damit, dass diese E-Tankstellen bis Ende Jahr betriebsbereit sein werden. Rascher geht es beim Altstadtparking: Dort sind Elektrotankstellen ab September verfügbar. tg

Alles weitere: www.wavetrophy.com

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