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Biel

Zu erwarten ist das Unerwartete

Am Freitagabend startet das Hugo Panzer Festival. An acht Tagen bietet es in der Voirie Musik, die noch nie zu hören war.

Sie treten auch auf, aber nicht zusammen:Martin Schütz, Gaudenz Badrutt, Hans Koch (v.l.). copyright: peter samuel jaggi/bieler tagblatt

Tobias Graden

Wie das genau gekommen ist mit dem Festival, das lässt sich eigentlich nicht sagen. Es war einfach mal da. Und nach anfänglichen Befürchtungen, der Aufwand könnte riesig sein, erwies sich die Organisation als eigentlich gar nicht so schwierig. Es ging eben, mit tatkräftiger Hilfe aller involvierten und angefragten Kräfte.
Ungefähr so schildert Samuel Weber, auch bekannt als der Bassist Igor Stepniewski bei der eben erneut an den Swiss Music Awards nominierten Bieler Band Puts Marie. Vor fünf Jahren gründete er ein Nebenprojekt, das Hugo Panzer Trio, das neben ihm aus Frank Heierli (Cello)und Hugo Panzer (Schlagzeug)besteht. Zweck: das noch freiere Ausleben musikalischer Energien im Sinne der Improvisation. Alsbald war die Idee eines Festivals geboren.

Junge und alte Garde
Nun ist es ja nicht so, dass in Biel bislang keine Möglichkeiten zur Aufführung improvisierter Musik bestanden hätten. Mit Ear We Are und Joyful Noise existieren auch zwei bestens eingeführte Festivals.
Doch das Hugo Panzer Festival verfolgt einen anderen Ansatz: Während an den beiden anderen Anlässen bestehende Gruppen auftreten, so wird das Hugo Panzer Festival in einem anderen Sinne kuratiert. «Wir bringen Leute zusammen, von denen wir uns ein interessantes Resultat versprechen», sagt Samuel Weber. Das müssen denn auch nicht zwingend Künstlerinnen und Künstler sein, die gemeinhin der Impro-Szene zuzurechnen sind.  
Die bekannte alte Garde der Bieler Improvisationsmusik nutzt aber die Gelegenheit auch. Vertreten sind beispielsweise Hans Koch, Martin Schütz oder Christian Müller und Gaudenz Badrutt.
Insgesamt treten 40 Musikerinnen und Musiker auf. «Es lehnt eigentlich nie jemand eine Einladung ab», sagt Weber.

Ein Sieben-Stunden-Werk
Alle Musik wird bislang ungehört sein. Aus dem überraschungsreichen Programm sticht der Sonntag hervor: Von 14 bis 21 Uhr spielen Christian Kobi, Christian Müller, Stefan Rolli und Markus Niederhauser eine Komposition von Frank Heierli. Sie heisst «276, where we never wanted to go» und dauert... richtig:sieben Stunden lang. Während einer Minute wird eine Tonkombination gespielt, dann ist eine halbe Minute Pause, dann folgt die nächste Kombination, und so weiter. Das Werk kann am ehesten als klingende Umsetzung eines abstrakten Konzepts beschrieben werden, als eine Klanginstallation.
Zum Ausgleich gibt es am Abend etwas, das Weber als «am ehesten melodiös» bezeichnet: Die Singer-Songwriter Sarah Palin (von JJ& Palin) und Hari Köchli treten auf. «Sie haben zusammen geprobt», sagt Weber, «aber was einen dann genau erwartet, wissen wir auch nicht.» In der darauf folgenden Kombination von Big Zis und Mats Kolb sei dann «zwischen Hip Hop und Noise alles möglich».
Robert Torche allerdings hat sich von der Musik, die er mit präparierten Tennisbällen gemacht hat, verabschiedet. Er wird sich in Biel dem Innenleben seiner Effektgeräte widmen.

Zufallskassetten
Von der letzten Ausgabe des Festivals existieren Aufnahmen, «in höchster Qualität und aufwändig aufgenommen» gar, wie der Pressetext verspricht. Sie erscheinen auf dem Label Calypso Now des Bieler Urgesteins Hotcha – folgerichtig auf Kassette. Es handelt sich dabei um alte Kassetten aus dem Brockenhaus, die per Zufallsprinzip mit den Aufnahmen von 2014 bespielt wurden, sie sind am heurigen Festival erhältlich. Der freie Geist der Improvisation waltet also auch hier.
Wenngleich es nun das jetzige Festival zu geniessen gilt, drängt sich die Frage auf: In welchem Rhythmus wird der Anlass künftig stattfinden? Alle drei Jahre? «Wir streben einen Rhythmus an», antwortet Samuel Weber, «aber keinen festen.»
 
Info: 20. bis 28. Januar, La Voirie, Obergasse 1, Biel. Beginn jeweils 19 Uhr, ausser sonntags um 14 Uhr.

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