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Glühwürmchen

Leuchten, um nicht gefressen zu werden

Bald verlassen die Glühwürmcheen als Käfer ihre Puppen. Erst dann können sie leuchten. In der Schweiz leben allerdings nur vier von weltweit 2000 Arten. Weitere Serie «Wildlebende Tiere im Seeland».

Weibliche Glühwürmchen leben nur wenige Wochen und leuten, um männliche Tiere auf sich aufmerksam zu machen. Andreas Brodeck / zvg
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Heidi Flückiger

Um das Leuchten der Glühwürmchen beobachten zu können, benötigt es etwas Glück und das Wissen, dass die wenigen Millimeter grossen Tiere fast nur innerhalb von naturnahen Landschaften mit hoher Biodiversität zugegen sind. Glühwürmchen bevorzugen feuchte, mit Laubgehölzen beschattete Lebensräume. Man sichtet sie auf Wiesen, entlang von Bächen- und Flussufern, bei Waldrändern, an Bahnborden oder auch in Gärten und Parkanlagen.

Weltweit existieren um die 2000 Leuchtkäfer-Arten. Die meisten von ihnen leben in tropischen Regionen. «In der Schweiz sind nur das Grosse und das Kleine Glühwürmchen, der Kurzflügelleuchtkäfer und der Italienische Leuchtkäfer zugegen», teilte Stefan Ineichen, Ökologe und Schriftsteller, den Besuchern im Neuen Museum Biel an seinem Vortrag zu diesem Thema mit. Eingeladen wurde er vom Verein Milan Vogelschutz Biel. Im Seeland könne vor allem das Grosse Glühwürmchen beobachtet werden, sagte er.

Es sind Käfer

Trotz der weitverbreiteten volkstümlichen Bezeichnung Glühwürmchen, haben diese Tiere mit einem Wurm gar rein nichts zu tun. Glühwürmchen haben sechs Beine und gehören der Klasse der Insekten und der Familie der Leuchtkäfer an, deren Entwicklung einer vollständigen Verwandlung (Metamorphose) untersteht: Aus dem Ei schlüpft eine sich mehrmals häutende Larve, bevor sie zur Puppe und letztendlich zum Insekt respektive einem Käfer wird. Diese Entwicklung dauert rund drei Jahre.

Gefrässig sind Leuchtkäfer aber nur als Larven. Sie ernähren sich vorwiegend von Nackt- und Häuschen-Schnecken. Als Käfer ist ihnen nur noch ein kurzes, höchstens zweiwöchiges Erdendasein beschieden. In dieser Lebensphase nehmen sie kaum noch oder gar keine Nahrung mehr zu sich, zu sehr sind die Männchen mit der Begattung und die Weibchen mit der Fortpflanzung und der Eiablage beschäftigt.

Die Eiablage, das können pro Tier zwischen 60 und 90 Stück sein, erledigen die Weibchen am Boden im Grasgeflecht, an Graswurzeln oder unter Steinen. Je nach Aussentemperatur schlüpfen schon einen Monat nach der Eiablage die ersten Larven. Weil die meisten Leuchtkäfer-Weibchen - im Gegensatz zu den Männchen - flugunfähig sind, befinden sich ihre «Gebärstätten» nicht innerhalb von dichten Waldgebieten, sondern vorwiegend an lichten Stellen, damit die Männchen auf ihr Leuchten aufmerksam werden, wenn sie für die Paarung bereit sind.

Sie töten mit ihrem Gift

Die Käfer leuchten nur als ausgewachsene Tiere mit ausgeprägtem Licht. Sie machen aber auch schon als Ei und als Larve mit einem schwachen Leuchten auf sich aufmerksam. Dieses Leuchten gilt aber nicht etwa der Paarungsbereitschaft, sondern als Warnlicht für Fressfeinde, denn Leuchtkäfer sind für Vögel, Kröten und andere Räuber ungeniessbar und giftig. Daneben verfügen sie über weitere giftige Substanzen, die sie der Beute mit kräftigen Bissen mit einer Art Injektionsnadeln einspritzen, was gemäss Stefan Ineichen zu Lähmungen und letztendlich zum Tode der Opfer führt. Leuchtkäfer können Beuten erobern, die um ein Mehrfaches grösser sind als sie selbst und die sie bis zum letzten Bissen verspeisen.

Ihre Unterschiede

Nicht unbedingt das Verhalten, als vielmehr die Äusserlichkeiten der bei uns vorhandenen Leuchtkäfer sind unterschiedlich. Das Weibchen des Grossen Leuchtkäfers (Lampyris noctiluca) beispielsweise, unterscheidet sich mit seiner panzerähnlichen Oberfläche vom beflügelten Männchen. Leuchten kann bei dieser Käferart nur das Weibchen und fliegen nur das Männchen, das mit seinen zehn bis dreizehn Millimetern Körperlänge, etwa ein Drittel kleiner ist als das Weibchen.

Beim Kleinen Leuchtkäfer (Lamprohiza splendidula) ist das Weibchen creme- und das Männchen dunkelbraunfarbig. Auch beim kleinen Leuchtkäfer kann nur das Männchen fliegen, leuchten können aber beide.

Bei den Kurzflügel-Leuchtkäfern (Phosphaenus hemipterus) wiederum sind beide flugunfähig und leuchten beide kaum. Die Männchen finden die Weibchen durch ihre grossen Fühler. Im Gegensatz zu anderen Leuchtkäfern, ernähren die sich nicht von Schnecken, sondern von Regenwürmern.

Die Italienischen Leuchtkäfer (Luciola italica) sind eine mediterrane Art und kommen in der Schweiz vorwiegend im Tessin und in den Südtälern des Bündnerlandes vor. Beide Käfer leuchten, respektive blinken weisslich. Flugfähig ist aber auch bei diesen Leuchtkäfern nur das Männchen.

Den Käfern auf der Spur

In der Schweiz befasst sich der im Jahr 2002 gegründete Verein Glühwürmchen Projekt, dessen Präsident Stefan Ineichen ist, mit dem Schutz und der Förderung dieser Artengruppe. Auf der Website des Vereins sind die in der Schweiz vorkommenden Arten beschrieben und können auch eigene Beobachtungen gemeldet werden. Der Verein hat zum Ziel, durch Öffentlichkeitsarbeit neue Kenntnisse über die Leuchtkäfer gewinnen (Fundorte) zu können und nimmt Informationen von Entdeckungen unter der Adresse Glühwürmchen-Projekt, Hallwylstrasse 29, 8004 Zürich, entgegen per E-Mail unter info@gluehwuermchen.ch.

Stichwörter: Glühwürmer, Tiere, Käfer

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