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Wochenkommentar

Peter Hans Kneubühl sollte die Chance nutzen

In seinem Wochenkommentar schreibt Peter Staub, dass der verurteilte Renter Peter Hans Kneubühl kein politischer Gefangener ist und den Hungerstreik abbrechen sollte.

Peter Staub, Ressortleiter Region. Copyright / Tanja Lander / Bieler Tagblatt

B ereits seit fünf Wochen befindet sich Peter Hans Kneubühl im Hungerstreik. Er stehe noch aufrecht und sei in einem relativ guten Zustand, sagten diese Woche die kantonalen Behörden. Falls sich Kneubühl aber nicht bald dazu entschliesst, wieder feste Nahrung zu sich zu nehmen, könnte sich sein Gesundheitszustand schnell soweit verschlechtern, dass sein Leben auf dem Spiel steht. Noch ist offen, ob er in diesem Fall tatsächlich zwangsernährt würde. Kneubühl könnte immer noch eine Patientenverfügung vorlegen, die das erschweren würde. Die Argumentation der Psychiater, dass er die Konsequenzen seines Handelns nicht abschätzen könne, klingt abenteuerlich. Immerhin liegt ein handgeschriebener Brief vor, in dem Kneubühl angekündigte, dass er lieber sterben wolle, als in der Strafanstalt Thorberg zu bleiben. Das ist ein klar formuliertes Ziel mit einkalkulierter Konsequenz.
 
Der Hungerstreik ist ein bekanntes Mittel von Gefängnisinsassen, die sich als politische Gefangene betrachten. So führten etwa Mitglieder der deutschen Terrorgruppe Rote Armee Fraktion in den 70er-Jahren regelmässig Hungerstreiks durch, um ihre Haftbedingungen zu verbessern. Der Fall Kneubühl liegt allerdings ganz anders. Obwohl er sich als Alt-68er bezeichnet und Sympathisanten ihn als Anarchisten verehren, ist Kneubühl ein zwar psychisch kranker, aber doch gewöhnlicher Verbrecher, kein politischer Gefangener.

Zur Erinnerung: Kneubühl verschanzte sich im Herbst 2010 in seinem Haus in Biel, um die drohende Enteignung seines Elternhauses zu verhindern. Er schoss auf die Polizisten, die sein Haus umstellt hatten, und verletzte dabei einen Beamten lebensgefährlich. Dafür stand er vor Gericht, das ihn aufgrund psychiatrischer Gutachten als schuldunfähig erklärte und zu einer stationären therapeutischen Massnahme verurteilte. Gegen dieses Urteil wehrte sich Kneubühl. Weil er niemanden vertraute, wollte er sich selber verteidigen und scheiterte damit zuletzt vor Bundesgericht.

Wäre Kneubühl als normaler Straftäter verurteilt worden, käme er bei guter Führung wohl demnächst frei. Daran ist derzeit nicht zu denken. Es ist sogar völlig unklar, ob er überhaupt wieder einmal einen Schritt in die Freiheit machen kann. Dabei stellte Kneubühl ausser bei der «Verteidigung»seines Hauses nie eine Gefahr für die Öffentlichkeit dar. Hier offenbart der Fall ein grundsätzliches Problem, jenes der «kleinen Verwahrungen», wie solche stationäre Massnahmen auch genannt werden.

Im Seeland gibt es neben dem «Amok-Rentner von Biel» einen zweiten Fall, in dem die Richter eine therapeutische Massnahme verordneten. Der Verteidiger von Igor L. hat letzte Woche beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte Beschwerde eingereicht. Denn obwohl der «Schläger von Schüpfen» vor sechs Jahren bloss zu einer Freiheitsstrafe von 14 Monaten verurteilt wurde, sitzt er immer noch hinter Gittern; seine Strafe wurde durch eine angeordnete stationäre Therapie aufgeschoben, die jahrelang nicht stattfand. Kneubühl hingegen wird es nicht bis nach Strassburg schaffen.

Für ihn könnte sich allerdings als Glücksfall erweisen, dass er wegen seines Hungerstreiks in eine geschlossene Abteilung der Universitären Psychiatrischen Dienste Bern (UPD) verlegt wurde. UPD-Chefpsychiater Werner Strik sprach diese Woche von «einem respektvollen Dialog». Offenbar ist es Strik gelungen, zu Kneubühl durchzudringen und zu ihm eine Art Vertrauensverhältnis aufzubauen. So besteht erstmals seit Jahren die Hoffnung, dass der sich verfolgt fühlende 76-jährige Mann nach Jahren im Gefängnis zur Ruhe kommt. Die von Kneubühl gewünschte Rehabilitierung wird es nicht geben. Wenn er aber endlich seine Schuld anerkennt und sich zur Therapie bereit erklärt, also seine Chance nützt, wird er nicht nur um die Zwangsernährung herumkommen. Es wäre möglich, dass er seinen Lebensabend doch noch in Freiheit verbringen kann.         
 

Kommentare

Demokrat

Leider zu ungunsten von Herr Kneubühler! So bringt man ihn zum schweigen! Wo sind die menschenrecht Organisationen? Er ist halt nur ein Schweizer! Schämt Euch!


Biennensis

Der Herr Peter Staub spricht von einer Chance, die keine ist! Denn die Würfel sind schon längst gefallen!


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