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Biel

Eine Idee, die es noch fertigzudenken gilt

Der Verein Keine Partei hat das Projekt Biennetôt lanciert: Ideen aus der Bevölkerung sollen mithilfe von Bieler Politikern umgesetzt werden. Ziel von Initiator Manuel Schüpbach ist es, das Interesse an der Politik zu steigern.

Der Initiator: Manuel Schüpbach will in Biel eine bessere politische Partizipation erreichen. «Politisches Engagement ist gesellschaftliches Engagement», sagt er. Peter Samuel Jaggi

Lino Schaeren

«Man kann auch sehr gut ohne Partei politisch aktiv sein.» Das sagt Unternehmensberater Manuel Schüpbach mit Verweis auf die Bieler Organisation Stand up for Refugees. Es ist lediglich ein Beispiel. «Leute, die Eigeninitiative zeigen und sich für ein spezifisches Thema stark einsetzen, erreichen in kurzer Zeit sehr viel.»

Schüpbach gehört nicht zu den Parteilosen. Er ist Mitglied bei den Bieler Grünliberalen und trat im vergangenen Herbst auf der GLP-Liste auch zu den Bieler Stadtratswahlen an. Gewählt wurde Schüpbach nicht. Damit er in der laufenden Legislatur ins Parlament nachrutscht, müssten drei von vier GLP-Stadträten zurücktreten. Das ist höchst unwahrscheinlich – und darüber ist Manuel Schüpbach eigentlich ganz froh.

«Die Rolle im Hintergrund passt mir sehr viel besser», sagt er, «ein Stadtratsmandat würde mich einschränken.» Schüpbach versteht sich als Vernetzer, als einer, der mit seiner politischen Haltung nicht im Rampenlicht stehen muss. Dadurch glaubt er, sei die Voraussetzung besser, mit allen Parteien von rechts bis links zusammenarbeiten zu können. Auch wenn nicht gewählt, im Parlament ist Schüpbach fast immer präsent, er verfolgt die Debatten in der Burg von der Zuschauertribüne aus.

Das Ziel: Vertrauen schaffen

Schüpbach ist Mitinitiator und Präsident des Vereins Keine Partei, der erstmals im Vorfeld der Bieler Wahlen im vergangenen Jahr mit dem Wahl-O-Mat, einer Wahlhilfe, in grösserem Rahmen auf sich aufmerksam gemacht hatte. Der Verein setzte sich zum Ziel, in Biel und Umgebung die politische Partizipation in der Bevölkerung zu verbessern, dabei richtet Keine Partei den Fokus vor allem auf Jugendliche. Nun hat der Verein nach dem Wahl-O-Mat ein zweites grösseres Projekt lanciert: die Plattform Biennetôt. Auch sie zielt auf die Partizipation ab, allerdings nicht auf Wahlen und Abstimmungen.

Schüpbach präsentierte die Plattform vor kurzem erstmals im Innovationshaus von Swisscom, «La Werkstadt». Was er umschrieb, ist eine Idee, die nur grob umrissen ist, noch nicht konkret. Biennetôt soll eine Anlaufstelle werden für politisch interessierte Bielerinnen und Bieler, die eine Idee haben, aber nicht wissen, wie sie diese verwirklichen könnten. Biennetôt soll unterschiedliche Kompetenzen und Netzwerke zusammenführen, die voneinander profitieren und Lösungen aufzeigen. Und: Politiker sollen sich einmischen.

Die Idee von Schüpbach sieht vor, dass Parlamentarier Einsicht haben in den Ideen-Warenkorb von Biennetôt und auf den Zug aufspringen können, wenn ihnen etwas gefällt. Etliche Bieler Stadträte sind bereits Mitglied im Verein Keine Partei – was der Plattform zugutekommt. Dadurch, dass sich Politiker im Projekt Biennetôt mitbewegen, soll die Entfernung zwischen Politikern und Bevölkerung verringert werden. «Durch das Vertrauen in die Politik steigt die Partizipation», ist Schüpbach überzeugt. Das oberste Ziel lautet demnach: Vertrauen schaffen. Und Schüpbach ist sicher: Wenn jemand eine Idee hat und diese von Politikern aufgenommen wird, entsteht Nähe.

Keine politische Bewegung

Dass der Projektleiter kein ausgereiftes Konzept präsentiert, ist durchaus gewollt. Ebenso ist es kein Zufall, dass er dies in «La Werkstadt» tut. Schüpbach gibt an, nach Human Centered Design-Methoden zu verfahren. Human Centered Design bezeichnet eine Innovationsmethode, die aus dem Silicon Valley stammt, bei der die Kunden im Mittelpunkt stehen. Eine unausgereifte Idee wird einem interessierten Publikum vorgestellt, quasi an ihm getestet, die Wünsche und Rückmeldungen aufgenommen. So soll die Idee rasch weiterentwickelt werden. «In einer modernen Demokratie muss viel über öffentliche Mitwirkung passieren», sagt Schüpbach. Auch in «La Werkstadt» wird nach Human Centered Design-Methoden gearbeitet – dies dürfte auch der Grund sein, wieso die Swisscom mit ihrem Innovationshaus das Projekt von Schüpbach unterstützt, indem sie ihm Räumlichkeiten zur Verfügung stellt.

Bei der ersten Präsentation des Projekts hat Schüpbach Rückmeldungen im kleinen Rahmen eingeholt, am 20. April wird bei der offiziellen und öffentlichen Kick-off-Veranstaltung weiter am Konzept gefeilt. Für die Zukunft sind Workshops geplant, Ideen sollen aber auch auf der Internetplattform eingebracht werden können. Wann das Konzept stehen wird, das weiss Schüpbach nicht. Dafür weiss er, was die Plattform nicht werden soll: eine politische Bewegung.

Seine Idee, davon ist Schüpbach überzeugt, könne nur erfolgreich sein, wenn Biennetôt ohne politische Ideologie funktioniert. Stellung zu politischen Fragen werde die Plattform deshalb nicht beziehen. Das macht übrigens auch Keine Partei nicht. Wobei Schüpbach sich hier eine Ausnahme vorstellen könnte: «Die Volksmotion wäre das einzige Thema, zu dem sich Keine Partei äussern würde.»

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Der Verein Keine Partei

  • - Im Oktober 2016 wurde der Verein Keine Partei öffentlich gegründet. Er hat sich zum Ziel gesetzt, vorab bei Jugendlichen das politische Interesse zu wecken und zu fördern. Im Verein sind Vertreter verschiedener politischer Parteien vereint, der Verein selber ist politisch neutral.
  • - Bereits vor der öffentlichen Gründung existierte der Verein und hatte mit dem Wahl-O-Mat vor den Bieler Wahlen ein erstes Mal für Aufsehen gesorgt.
  • - Der Verein Keine Partei bereitet derzeit auch einen Wahl-O-Mat für die Wahlen in Nidau vor.
  • - Am 16. November organisiert Keine Partei zudem einen Tag der Politik an der Wirtschaftsschule BFB hinter dem Bieler Hauptbahnhof. lsg

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