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Burkhalter bereit für das grosse Abenteuer

Zwei Jahre lang hat sich Yann Burkhalter auf die Mini-Transat vorbereitet. Im Herbst wird der Neuenstädter alleine in seinem kleinen Segelboot die 7500 Kilometer zwischen Frankreich und Martinique in Angriff nehmen.

Die grosse Leidenschaft Segelsport: Yann Burkhalter an Bord seiner Mini 6.50, mit der er im Herbst den Atlantik überqueren wird./Copyright: Stefan Leimer/Bieler Tagblatt

Francisco Rodríguez

Yann Burkhalter steht kurz davor, sich seinen Traum zu verwirklichen. Am 1. Oktober wird er im französischen La Rochelle in See stechen, um in seinem kleinen Segelboot den Atlantik zu überqueren. Sportlich hat er alle Qualifikationskriterien für die Teilnahme an seiner ersten Mini-Transat erfüllt und letztes Jahr 4520 Seemeilen, also fast 8400 Kilometer, erfolgreich hinter sich gebracht. Die letzte Regatta von Les Sables zu den Azoren und zurück, die er alleine im Boot gesegelt ist, war 2600 Seemeilen lang.

«Ich bin bereit», sagt Burkhalter mit einem Lächeln im Gesicht. Was jetzt noch fehle, seien weitere Sponsorengelder, um das Budget einzuhalten. 112500 Franken kosten ihm die beiden Jahre mit den Qualifikationsrennen 2016 und dem Hauptevent von diesem Herbst. Darin enthalten sind alle Ausgaben für das Boot, das zusätzliche Material, den Transport und die Regatten. Heute Abend organisiert Burkhalter im Klubhaus seines Segelvereins «La Bordée de Tribord» in La Neuveville ein Abendessen und hofft, noch mehr Leute für sein Projekt zu begeistern.

In Segelfamilie aufgewachsen

Die Mini 6.50, mit der er die 4021 Seemeilen der diesjährigen Mini-Transat segeln wird, ist im Bootshafen vor dem Klublokal. Gestern besuchte ihn eine Schulklasse aus La Neuveville. Die Kinder machten grosse Augen, als Burkhalter ihnen von seinen Abenteuern erzählte. Begeisterungsfähig war auch der Segler bereits von klein auf. Mit seinen Eltern und seiner Schwester Fabienne, die ihn sehr unterstützt, stach er schon früh in See. «Auch mein Grossvater segelte», erzählt Burkhalter, dem dieser Sport in die Wiege gelegt wurde.

15 Jahre Segel-Erfahrung in diversen Bootsklassen auf Seen und Meeren sind inzwischen zusammengekommen. «Ich habe das Glück, über einen zuvorkommenden Arbeitgeber zu verfügen, der mir alle Freiheiten für meinen Sport gewährt», so der Bootsbauer. Burkhalter weiss, worauf er sich bei der Mini-Transat eingelassen hat. «Alleine zu segeln ist nicht nur eine Riesenherausforderung, was das Bootshandling betrifft, sondern auch vom Mentalen her. Ich muss 20 Tage lang mit engsten Platzverhältnissen zurechtkommen und unter einfachsten Bedingungen leben.»

Im Bootsrumpf schläft er auf einer kleinen Matte, neben Proviant und dem allernötigsten Material. Hat er das Boot gesichert und weiss, dass kein Hindernis vor ihm liegt, kann er sich maximal 20 Minuten schlafen legen, bis der Wecker läutet. So kommen täglich drei bis vier Stunden zusammen. «Nicht viel, aber man gewöhnt sich daran.» 87 Liter Trinkwasser und Nahrung für 30 bis 35 Tage, vornehmlich gefriergetrocknete, hat er dabei. Elektronisch kommunizieren könne er nur mit anderen Booten, die sich im Umkreis von vier, fünf Kilometern befinden. Im Notfall müsse er ein SOS-Signal aussenden. «Es kann dann einen Tag bis eine Woche gehen, ehe man mich findet.»

Container, Wale und Stürme

Bisweilen sei es ein Überlebenskampf. Aufpassen müsse er auf verlorengegangene Frachtcontainer, von denen es auf hoher See gar nicht so wenige gäbe, und auf Wale. Kollisionen können zu Schäden am Boot führen. Stürme mit bis zu sechs Meter hohen Wellen sind keine Seltenheit. «Wichtig ist, dass ich an Bord immer gesichert bin. Denn sollte ich ins Meer fallen, bin ich verloren.» Angst habe er nie. Zwischendurch schiesse aber schon Adrenalin durch den Körper. «Das hilft, um voll bei der Sache zu bleiben.»

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Die Mini-Transat seit Beginn vor 40 Jahren in Hand der Franzosen

Der Engländer Bob Salmon hat die Mini-Transat 1977 ins Leben gerufen. Als Gegenbewegung zum zunehmenden Gigantismus der transatlantischen Segelwettkämpfe Anfang siebziger Jahren. Salmons Idee war es, mit kleineren Booten und nur den nötigsten Hilfsmitteln alleine auf sich gestellt den Atlantik zu überqueren.

Das Rennen gilt in Seglerkreisen als mental und körperlich sehr anspruchsvoll, da die Boote klein, der Komfort an Bord gleich null und die Strecke sehr lang ist. Die Teilnehmer müssen nicht nur über ein grosses seglerisches und handwerkliches Wissen verfügen, sondern auch körperlich und mental an ihre Grenzen gehen.

Das erste Rennen vor 40 Jahren führte 24 Segler von Penzance in Südwestengland über die Kanareninsel Teneriffa nach Antigua in der Karibik. Erster Sieger der alle zwei Jahre ausgetragenen Mini-Transat war der Franzose Daniel Gilard, der die 4080 Seemeilen (7556 Kilometer) in 38 Tagen, elf Stunden und zehn Minuten meisterte. 1987, anlässlich der Regatta La Baule-Dakar, ging er bei einem Unfall über Bord und verschwand für immer im Meer. Die Segler aus Frankreich haben die meisten Ausgaben der Mini-Transat für sich entschieden. 2015 siegte Frédéric Denis in 19 Tagen, 23 Stunden und 19 Minuten vor dem Briten Luke Berry.

Dieses Jahr erfolgt der Start am 1. Oktober in der westfranzösischen Hafenstadt La Rochelle. Zweiter Etappenort ist Las Palmas, die Hauptstadt der spanischen Kanareninsel Gran Canaria. Zielort ist schliesslich Le Marin auf Martinique. 4021 Seemeilen haben die 74 Segler und zehn Seglerinnen aus 14 Nationen zurückzulegen. 57 Teilnehmer stammen aus Frankreich. Nebst Yann Burkhalter sind noch drei weitere Schweizer am Start: der Zürcher Simon Koster, der Bündner Marcel Schwager und der Waadtländer Valentin Gautier.

Gesegelt wird auf der Mini 6.50. Das Boot misst in der Länge 6,5 Meter, ist 3 Meter breit und wiegt 900 Kilogramm. Die Segelflächen betragen rund 25 m² für das Grosssegel, 17 m² für das Vorsegel und 80 m² für den Spinnaker. fri