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Randnotiz

Ritterschlag für Fake News

Der neue Duden ist da! Da ist ein Ausrufezeichen angebracht, denn der ist nicht einfach eine weitere Neuerscheinung auf dem Büchermarkt, sondern ein bedeutendes Ereignis. Schliesslich zappeln 
in den Fängen der deutschen Rechtschreibung Tag für Tag Millionen von Menschen.

Beat Kuhn ist BT-Regionalredaktor

Das Hauptwerk des preussischen Gymnasiallehrers Konrad Duden (1829-1911) ist auch in der 27. Auflage das massgebende Standardwerk. Wenn Wörter von der Duden-Redaktion in Berlin aufgenommen werden, gelten sie quasi offiziell als Bestandteil der Gegenwartssprache, die sich ja stetig weiterentwickelt.

Nicht weniger als 5000 neue Wörter haben gegenüber der letzten Ausgabe von 2013 diesen Ritterschlag erhalten. Weggefallen ist nur eine geringe Zahl von eingedeutschten Schreibweisen, die sich nicht durchgesetzt haben. Statt Majonäse ist zum Beispiel nur noch Mayonnaise zulässig.

Im Bereich Zeitgeschichtliches neu sind etwa die Begriffe Lügenpresse oder Willkommenskultur, wobei die primär in Deutschland Verwendung finden. Gleiches gilt für die Flüchtlingskrise – das in der Schweiz eher gebräuchliche Wort Asylchaos ist nicht aufgenommen worden. Die Fake News (auch mit den Schreibweisen Fake-News oder Fakenews) haben mit Donald Trump dagegen auch bei uns Einzug gehalten.

Der Wutbürger war schon bisher drin. Neu hinzugekommen ist das weibliche Pendant Wutbürgerin. Eine davon ist Alice Weidel, Co-Spitzenkandidatin der Alternative für Deutschland (AfD) mit Zweitwohnsitz in Biel. Das Wort Schmähgedicht war wohl schon mal im Duden drin, denn diese literarische Gattung ist uralt. Doch erst jetzt ist sie wieder «in», und meistens ist der türkische Präsident Erdogan das Ziel – nein, immer.

Nicht ganz taufrisch sind auch das Selfie, das Tablet oder das Emoji (gelbes Smiley-Gesicht und anderes) im Bereich Technologisches. Entweder haben 
die Duden-Redaktoren der Dauerhaftigkeit dieser Errungenschaften misstraut – oder 
deren Durchschnittsalter ist so hoch, dass sie sich bislang einfach nicht für diesen Tüddelkram (auch neu: Synonym für Unwichtiges) interessiert haben.

Besonders viele längst eingebürgerte Begriffe aber finden sich im Bereich Umgangssprachliches: Rumeiern, abgezockt, futschikato oder runterwürgen sind doch seit Jahren etabliert. Jüngeren Datums sind dagegen der Honk (Dummkopf, Idiot) und die Bierdusche – was sicher öfters im selben Satz vorkommt.

Im Bereich Modisches haben es etwa die Work-Life-Balance oder das Urban Gardening endlich in den Duden geschafft. Auch der Undercut wird angeführt – als Frisuren-Typ. Dass der Undercut auch eine Reifen-Strategie in der Formel 1 ist, 
wird wohl erst in der 28. Auflage stehen. Beat Kuhn

E-Mail:
bkuhn@bielertagblatt.ch

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