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Weltmeisterschaft

König Fussball regiert wieder

Für Russlands Präsident Wladimir Putin ist die morgen beginnende Fussball-WM das nächste Prestige-Projekt. Nicht nur im grössten Land der Welt wird der Fussball bis zum 15. Juli vieles in den Schatten stellen.

Symbolbild: Keystone
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Viereinhalb Jahre nach den Olympischen Winterspielen von Sotschi werden die Schlagzeilen in den nächsten Wochen wieder einem sportlichen Grossanlass gehören, der Russland im Vorfeld aus verschiedenen Gründen heftige Kritik eingetragen hat. Zehn Milliarden Euro, so viel wie noch kein anderer Ausrichter, gab der Staat für das Turnier und vor allem dessen Infrastruktur aus.

Glaubt man dem Weltverband Fifa, haben sich die Investitionen und die Wahl des Veranstalters gelohnt – Probleme wie die Involvierung in Kriege in der Ukraine oder Syrien und in die Vergiftung eines Spions in Grossbritannien, die angebliche Manipulation der US-Präsidentschaftswahl oder Staats-Doping hin oder her. «Die ganze Welt wird erleben, wie gastfreundlich dieses Land ist und wie die Organisation funktionieren wird», sagte Fifa-Präsident Gianni Infantino vor seiner ersten WM seit der Wahl im Februar 2016. Der Walliser erwartet nichts weniger als die beste WM aller Zeiten.

 

Gleiche Favoriten wie immer
Aus sportlicher Sicht spricht nichts dagegen. Von den acht Ländern, die sich die 20 WM-Titel aufteilen, ist als einziges der viermalige Weltmeister Italien nicht dabei. Die zwei ansonsten meistdekorierten Nationalmannschaften gehören auch 2018 zu den meistgenannten Favoriten: Rekord-Weltmeister Brasilien, das seinen sechsten Titel anstrebt und Titelverteidiger Deutschland (4) wurden genannt. Dazu wird auch Spanien oder Frankreich (je 1) zugetraut, am Abend des 15. Juli im Moskauer Luschniki-Stadion die Endausmarchung um die knapp 37 Zentimeter hohe und rund 6,2 Kilo schwere Trophäe bestreiten zu können.

Für Farbtupfer will das Schweizer Nationalteam sorgen. Die Qualifikation für Endrunden ist mittlerweile Standard, mit Ausnahme der EM 2012 hat die SFV-Auswahl seit 2004 keines der acht grossen Turniere verpasst. Der grosse Coup fehlt aber noch. Bei der elften WM-Teilnahme soll er, wenn es nach Papierform läuft, nach Überstehen der Gruppe E mit Brasilien, Serbien und Costa Rica im Achtelfinal gegen Deutschland folgen.

 

Drei Premieren
Neben Island, dem kleinsten WM-Teilnehmerstaat aller Zeiten, und Panama, den Debütanten Nummern 78 und 79, feiert in Russland eine technologische Neuerung ihre mit Spannung erwartete Feuertaufe an einem grossen Turnier. Der Video Assistant Referee, kurz VAR, soll die Schiedsrichter im Milliarden-Geschäft WM vor falschen Entscheiden bewahren. «Wir sprechen von einer Veranstaltung, die nur alle vier Jahre stattfindet. Es geht um Millionen. Ein einziger Fehler kann einen immensen Schaden verursachen», sagte der Tessiner Fifa-Schiedsrichterchef Massimo Busacca in einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur SDA.

Zum Einsatz soll der Videobeweis bei vier Arten von Urteilen kommen: bei Toren, Penaltys, Roten Karten oder Verwechslungen nach Verwarnungen oder Restausschlüssen. Gerade die ersten Erfahrungen in grossen europäischen Ligen haben aber gezeigt, dass die Fehlerquote durch den VAR (noch) nicht auf dem gewünscht tiefen Niveau gehalten werden konnten. Zu Diskussionen wird es also womöglich auch an der WM kommen. sda