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Eishockey

Clips schneiden, statt Checks austeilen

Die Schweizer Nationalmannschaft spielt am Samstag am Deutschland Cup gegen den Gastgeber. Dabei wird der Seeländer Patrick von Gunten seine früheren Spielerkollegen ganz genau unter die Lupe nehmen.

Patrick von Gunten (im Bild an der Arosa Challenge 2014) hat in der Nationalmannschaft die Position gewechselt: Neu ist er als Video-Coach tätig. copyright: Keystone

Moritz Bill

Patrick von Gunten hat die Seiten gewechselt. Der 94-fache Schweizer Nationalspieler hat aber nicht etwa den Rücktritt vom Rücktritt gegeben und spielt nach einem Nationenwechsel fortan unter anderer Flagge. Nein, er hat seinen Arbeitsplatz vom Eis auf die Tribüne verlegt. Am Deutschland Cup in Krefeld ist er erstmals als Video-Coach für die Schweizer Nationalmannschaft tätig. Und beim ersten Einsatz im Spiel gegen die Slowakei lernte er sogleich die Tücken seiner neuen Aufgabe kennen:«Das Hockey an sich ist kein Problem, aber das Videoprogramm muss ich noch besser kennenlernen», sagt der frühere Verteidiger und schmunzelt.
Von Gunten assistiert Benoit Pont, der die Nati schon seit Langem mit Bewegtbildern beliefert. Pont ist gleich wie von Gunten ehemaliger Spieler. Neben dem Engagement für die Nationalmannschaft betreuen die beiden bei «ProKeyCoach»einzelne Spieler. Das Ziel ist, jeden Spieler seiner Fähigkeiten und Defiziten entsprechend individuell weiterzubringen. Das Videostudium ist auch dort ein zentrales Element. Zur illustren Kundenliste gehören unter anderen Roman Josi, Nino Niederreiter oder Gaëtan Haas. Da der Aufwand des Video-Coachs im Nationalteam im Zuge der technischen Entwicklung zunimmt, ist von Gunten nun von Pont in die Nati berufen worden. «Damit ich ihn ein wenig entlasten kann», erklärt von Gunten.

Zeitweise kommt Hektik auf
Wie üblich in einem neuen Job muss sich der 33-jährige Orpunder erst einarbeiten. Hektisch sei es zeitweise am Donnerstag zu und her gegangen. Von Gunten erfasste via Tablet die Eiszeiten der einzelnen Spieler, damit diese mit den Videodaten übereinstimmen. Verläuft dies nicht synchron, erschwert das die Nachbearbeitung. Denn die einzelnen Video-Clips sollen den entsprechenden Spielern zugeordnet werden können. Doch harzte das im ersten Spiel, weshalb von Gunten mehrmals den IT-Support um Rat bitten musste.
Zudem muss sich der langjährige Kloten-Spieler daran gewöhnen, dem Spielgeschehen anders zu folgen. «Man muss sich auf die Spieler fokussieren, nicht auf den Puck. Das ist eine Umstellung. Ich habe nicht einmal alle unsere Tore gesehen», sagt von Gunten.

Arbeit geht nach dem Spiel weiter
Die Wir-Form verrät, dass der WM-Silber-Gewinner auch nach seinem Rücktritt noch nahe am Geschehen ist. Der Wechsel vom Spieler in den Staff falle ihm nicht wirklich schwer, sagt von Gunten. «Einzig frage ich mich manchmal, wie ich mich zum Beispiel bei Team-Meetings genau verhalten soll, da ich jetzt eine andere Position habe. Ich versuche, einfach im Hintergrund zu bleiben.» Der Arbeitstag hat sich ebenfalls verändert. Während er als Spieler den Fokus voll auf den Match richtete, stehen nun nach Spielende weitere Aufgaben statt Regeneration an. Den Wünschen der Trainer entsprechend bereiten die beiden Video-Coaches die Clips auf, die der Mannschaft dann später im Videostudium vorgeführt werden.
Apropos Trainer:Mit Patrick Fischer spielte von Gunten einst zusammen im Trikot mit demSchweizer Kreuz, von Fischer erhielt er 2016 sein letztesNati-Aufgebot für die Arosa Challenge. Der Nationaltrainer war deshalb alles andere als abgeneigt, einen erfahrenen Mann wie von Gunten im Staff willkommen zu heissen.
Fischers Spielsystem hat sich seit von Guntens letztem Auftritt im Nationaltrikot aber verändert. «Ich muss mich noch ein bisschen einarbeiten, damit ich besser weiss, welche Spielszenen für die Trainer wichtig sind und ich diese dementsprechend markieren kann.» Gelegenheit dazu hat er am Samstag gegen Gastgeber Deutschland und am Sonntag gegen die Russen.