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Biel

Einmal Victoria umarmen!

Es gibt in der Region wohl keinen grösseren Cats-Fan als die 22-jährige Bielerin Melanie Mara Meier. Nun ist ihr grösster Wunsch in Erfüllung gegangen.

Bild: zvg

«Sehr geehrte Frau Herzog», schrieb die Grossmutter einer jungen Bielerin letzten Dezember an die Organisatorin des Musicals «Cats» in Zürich, «als Oma von der Enkelin Melanie Mara Meier möchte ich gerne mit einem Anliegen an Sie gelangen.» Ihre Enkelin, nunmehr 22 Jahre alt, sei ein «fast schon übertriebener» Cats-Fan: «Seit ich ihr mit zirka vier Jahren meine Cats-Video-Kassette abgespielt habe, ist sie nicht mehr zu bremsen.» Melanie Meier habe das Musical als Kleinkind fast täglich durchgetanzt und kenne jede Szene, auch das entsprechende Kostüm der Figur Victoria habe nie fehlen dürfen, und sie sei bis heute hell begeistert.

Als ihre Enkelin erfahren habe, dass «Cats» wieder in Zürich aufgeführt werde, habe sie sich sofort einen Platz reserviert, «ohne Freund und Freundinnen – die haben zu wenig Verständnis für Cats». Ihre Frage wäre, so die Grossmutter, ob es eine Möglichkeit zu einer Backstage-Führung gebe? Das wäre «eine Super-Weihnachtsüberraschung». Zum Voraus besten Dank, mit herzlichen Grüssen.

 

Ferien? Lieber nicht.

Genau genommen hat Melanie Meiers Grossmutter untertrieben. Dabei legte sie das Feuer in ihrer Enkelin fast beiläufig, spielte ihr einfach mal das Musical ab, damals noch auf VHS-Kassette. «Sie dachte wohl, so Katzen, das wäre was für mich», sagt Melanie Meier, «doch ich war von der ersten Sekunde an fasziniert. Im Alter von drei bis zehn mussten mir die Eltern fortan jeden Tag Cats abspielen.» Nicht nur dies: Die Eltern mussten auch mithelfen, das Musical nachzustellen. Sie hatten im richtigen Moment hinter der Couch hervorzuspringen, wenn Melanie eine bestimmte Szene nachspielen wollte – Melanie kannte kein Pardon, sie war perfektionistisch. Ging die Familie in die Ferien, konnte Melanie dies gar nicht richtig geniessen: Sie wollte nach Hause gehen und Cats tanzen. Überflüssig zu sagen, dass es nur ein Kostüm gab, das an der Fasnacht in Frage kam. Für die Eltern sei das nicht immer einfach gewesen, gibt Melanie Meier heute zu: «Ich würde mich ob so jemandem wohl auch nerven. Es war schon eine Art Sucht.»

Als sie dann mit der Grossmutter das Musical in Basel besuchte, sassen die beiden in der ersten Reihe. Zu Beginn, beim Auftritt der Katzen, kam Victoria, die weisse Katze, zu ihr und hielt ihr die Hand – ein bleibendes Erlebnis.

Später dann wurde der Cats-Konsum geringer, aber noch heute kann Melanie Meier alles auswendig – jede Zeile, jeden Tanzschritt. Sie selber nahm bis zum Alter von 13 sechs Jahre lang Ballett-Unterricht, musste aber feststellen, dass ihr Talent für eine professionelle Karriere nicht ausreichen würde: «Mit Cats habe ich mir mein Ballett halt selber gemacht.»

 

Hip-Hop? Nicht nötig.

Die Cats-Leidenschaft von Melanie Meier mag speziell gross sein, doch das Musical findet nach wie vor weltweit seine Anhängerschaft. Es hat seit seiner Erstaufführung 1981 bislang 73 Millionen Zuschauer in über 300 Städten in mehr als 30 Ländern erreicht und wurde in 15 Sprachen übersetzt. Mehrfach wurde es ausgezeichnet, am Broadway kam das Stück auf fast 9000 Vorstellungen.

Die Version, die jetzt in Zürich gezeigt wird, ist laut Melanie Meier sehr nahe am Original. Einmal nämlich habe sie eine Aufführung gesehen, die sei mit Hip-Hop-Elementen durchsetzt gewesen, das sei doch nicht nötig. Jedenfalls: «Ich finde, die jetzige Aufführung ist die beste, die ich je gesehen habe.»

 

Da wäre noch ein Wunsch...

Dass der Weihnachtswunsch ihrer Grossmutter in Erfüllung gegangen ist, mag zu diesem Urteil beigetragen haben. Melanie Meier besichtigte mit den Darstellern erst die Bühne, dann den Orchester- und den Backstage-Bereich. Jede Darstellerin und jeder Darsteller hat drei Kostüme: eines für den Aufführungstag, eines für den Tag danach und eines in Reserve. Melanie Meier hat jenes von Old Deuteronomy in der Hand gehabt: «Es ist recht schwer, und auf der Bühne ist es ohnehin sehr heiss. Die Darsteller arbeiten unter Extrembedingungen.» Mit dem Blick hinter die Kulissen ist ihr grösster Wunsch in Erfüllung gegangen: «Das war für mich der Höhepunkt.» Wird sie Cats nun abhaken? Kaum. Die liebsten Lieder hört sie sich auch heute noch jeden zweiten Tag an. Und ein wichtiger Punkt steht noch auf der Bucket-List: der Besuch von Cats in London. Die Grossmutter muss wohl wieder in die Tasten greifen.

Tobias Graden

Info: Vorstellungen bis 24. Februar im Theater 11 in Zürich.

Stichwörter: Cats, Biel, Konzert, Fan, Kultur

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