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Fusion

Fiat plant den globalen Autohersteller

Fiat Chrysler will mit Renault einen weltweiten Autoriesen bilden. Der neue Gigant würde die Marktführer Volkswagen und Toyota herausfordern.

Angriff auf VW: Die Fusion zwischen Fiat Chrysler und Renault verändert die Branche. Bild: Keystone

Der französische Staat, der 15 Prozent an Renault hält, signalisierte sein Wohlwollen für den Milliardendeal mit Fiat Chrysler. Auch Renault reagierte mit Interesse auf die Offerte des italienisch-amerikanischen Konzerns.

Fiat Chrysler (FCA) schlug vor, dass beide Unternehmensgruppen je die Hälfte an der neuen Gesellschaft halten. Durch die Fusion erhoffen sich die Konzerne jährliche Einsparungen von fünf Milliarden Euro. Zusammen würden sie auf 8,7 Millionen Fahrzeuge im Jahr kommen. Die Aktien der beiden Hersteller schossen in Mailand und Paris im zweistelligen Prozentbereich in die Höhe.

Zwang zu Kooperationen
Aus Sicht von Experten zeigt die Ankündigung von Fiat Chrysler einmal mehr den Druck, den der Wandel in der Branche auf die Hersteller ausübt. «Es gibt einen enormen Zwang zu Kooperationen», sagte Stefan Bratzel vom Center of Automotive Management in Bergisch Gladbach.

Elektromobilität und autonomes Fahren kosten derart viel Geld, dass sich selbst Hersteller vom Kaliber eines Daimler oder BMW keinen Alleingang zutrauen. Dazu kommt im konkreten Fall: Fiat Chrysler braucht dringend einen Technologiepartner, Renault wiederum kämpft gegen das Auseinanderdriften der Allianz mit Nissan und Mitsubishi – und sitzt dort am kürzeren Hebel.

Entsteht ein Autogigant?
FCA-Chef Mike Manley schrieb an die Mitarbeiter, die Gründung der neuen Gesellschaft könnte mehr als ein Jahr dauern. «Wir brauchen heute (Industrie-) Giganten, die sich in Europa bilden», sagte die französische Regierungssprecherin Sibeth Ndiaye den Sendern BFMTV und RMC. Frankreich dringt darauf, dass Europa auf wirtschaftlicher Ebene seine Souveränität energisch verteidigt und weltweit konkurrenzfähige Branchenriesen schafft.

Der französische Hersteller Renault ist seit langem mit den japanischen Autobauern Nissan und Mitsubishi in einer Allianz verbunden. Zusammen verkauften sie im vergangenen Jahr 10,76 Millionen Fahrzeuge. Mit FCA kämen die Hersteller auf mehr als 15 Millionen. Sie würden damit deutlich Volkswagen (10,83 Millionen) überholen.

Staat redet mit
Unerwartet kommt die Offerte nicht: Es habe bereits Gespräche gegeben, um Produkte und Regionen für eine Zusammenarbeit zu identifizieren, berichtete Fiat Chrysler. Der Konzern begründete die Fusion mit den rasanten Veränderungen. FCA führt unter anderen die Marken Alfa Romeo, Fiat, Chrysler, Dodge, Jeep oder Maserati und hat rund 199 000 Beschäftige. Fiat Chrysler versicherte, es sollten keine Fabriken geschlossen werden. Als Vorteil werden die unterschiedlichen Stärken gesehen.

Die französische Regierung pocht auf Bedingungen. So solle bei einem Zusammenschluss die Allianz von Renault mit Nissan und Mitsubishi bewahrt und gestärkt werden. Der Staat werde auch auf die Beschäftigten achten, erfuhr die DPA aus Regierungskreisen. Nach der Verhaftung des schillernden Automanagers Carlos Ghosn wegen angeblichen Verstosses gegen Börsenauflagen in Japan war das französisch-japanische Autobündnis in eine Krise geraten. Renault wollte sich enger an Nissan binden und strebte eine Fusion an. Nissan-Chef Hiroto Saikawa machte aber deutlich, dass man einen Zusammenschluss für unnötig halte. Falls eine Fusion mit Fiat Chrysler gelinge, stärke das auch Renault gegenüber den Japanern. Renault hält 43,4 Prozent der Anteile an Nissan. Nissan ist seinerseits zu 15 Prozent an Renault beteiligt.

In Italien zeigte sich Vize-Premier Matteo Salvini «stolz» angesichts der Aussicht auf einen neuen Autogiganten mit italienischen Wurzeln. Allerdings liegen Regierungen in Rom und Paris im Clinch. Bei Renault ist den Italienern vor allem die Staatsbeteiligung ein Dorn im Auge.

Schulterschluss mit Risiken
Branchenkenner warnen bei der geplanten Auto-Hochzeit vor Problemen. So wie es Opel mit der PSA-Gruppe erging, könne Fiat unter die Räder kommen, meinte ein Experte. Und es wird auch auf die sehr unterschiedlichen Kulturen in beiden Konzernen hingewiesen. Bis es wirklich Synergien zu heben gebe, müsse man wohl einige Jahre durchhalten.

Dass ein Branchenriese aus Fiat Chrysler, Renault, Nissan und Mitsubishi zur Gefahr für VW werden könne, sehen Experten eher nicht. Vielmehr könnten die kleinen Hersteller wie Ford in Europa unter Druck gesetzt werden. Ford könnte deshalb mit Nachdruck versuchen, die geplante Partnerschaft mit VW voranzutreiben. «VW hat die strategische Grösse», sagte Bratzel. «Sorgen würde ich mir da nicht machen.» awp

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