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Es geht um Solidarität in der Gesellschaft

«Er ist nicht so geschickt beim Bügeln, also macht sie das.»

Sabine Kronenberg
  • Dossier

«Alles, was Kleider betrifft, macht sie, und er kümmert sich um alles, was das sonstige ‹Material› angeht.»

«Er hat den Kellerraum eingerichtet, sie begrünt und beblumt dafür den Balkon.»

«Frau Huber, können wir am Mittag ein Meeting vereinbaren, oder müssen Sie nach Hause, um zu kochen?»

«Schatz, ich fahre jetzt in Biel ein, Du kannst schon mal die Kartoffeln aufsetzen.»

Komisch wärs auch, wenn Letzteres eine Frau am Telefon im Zug gesagt hätte. Und ja, solche Sätze werden im 21. Jahrhundert immer noch gesprochen. Ich habe sie gehört oder sogar selbst gesagt bekommen. Der Schweizerische Nationalfonds weist denn auch in neueren Studien nach, dass es um Gleichstellung und Paar-Sein etwa, oder Vereinbarkeit von Familie und Beruf immer noch schlecht bestellt ist. Ha, hätte ich auch sagen können. Es ist immer noch «normal», dass sie halt noch kurz einkaufen geht und noch eben das Altpapier runterbringt und noch schnell den gemeinsamen Termin bei der Steuerberaterin verschiebt. Und in Familien ist es ebenfalls immer noch mehrheitlich so, dass sich traditionelle Muster der Arbeitsteilung durchsetzen. Zwar zwingen die Patchwork-Familien viele zum Aufbruch, was die Arrangements betrifft. Jedoch lässt sich immer noch ein enormer Unterschied feststellen, zwischen dem was Probandinnen und Probanden einer solchen Studie als persönliche Meinung zu Gleichstellung und Vereinbarkeit äussern und dem, was sie dann auch wirklich im Alltag umsetzen. Kurzum: Wir tendieren dazu, so die wissenschaftliche Erkenntnis, unter gleichberechtigter Arbeitsteilung sehr Unterschiedliches zu verstehen und gleichzeitig unterschiedliche, teilweise auch widersprüchliche Vorstellungen zu haben. Good old verbale Aufgeschlossenheit bei vollkommener Verhaltensstarre, wie der Soziologe Ulrich Beck die moderne männliche Haltung nennt. Gemäss Nationalfonds können wir diese nun wohl auf uns alle ausweiten.

Gleichberechtigung, ein Widerspruch? Das Gnusch im Fadechörbli mag sein, aber die Faktenlage ist demütigend: Frauen haben weniger Geld, Zeit und Anerkennung für die gleiche Arbeit. Sie tragen den Löwenanteil der Familienarbeit, und dies unbezahlt. Sie reduzieren immer noch mehrheitlich ihre berufliche Tätigkeit zu Gunsten des Nachwuchses und gehen damit Risiken für ihre berufliche Zukunft und Vorsorge ein. Darum ist Widerspruch zwecklos. Und Genöle «Das ist mir zu links» oder «Das ist mir zu feministisch» oder «Es gibt mehr als nur zwei Geschlechter» gilt nicht. Es geht um Solidarität in einer Gesellschaft. Also engagieren Sie sich heute mit mir für Frauen! Man sieht sich auf dem Zentralplatz ab 11 Uhr!

von Sabine Kronenberg

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