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Biel

Wenns knallt, will er nach Hause

Auf den Big-Bang heute Abend freuen sich viele – Nelson aber nicht. Sobald es knallt, fängt der Border Collie an zu zittern und kann sich kaum wieder beruhigen. Seine Besitzerin erzählt, was dagegen hilft.

Border Collie Nelson hat grundsätzlich nichts gegen Feuerwerk - solange es keinen Krach macht. Bild: Matthias Käser

Hannah Frei

Wenns knallt, fängt Nelson an zu zittern, zu jaulen, zu röcheln, und kann sich danach kaum wieder beruhigen. Rasch sucht er Schutz bei seinem Frauchen, am liebsten ganz nahe bei ihr. Dort, wo er sich sicher fühlt. Doch eigentlich will Nelson nur noch nach Hause, sobald rund um ihn Raketen und Thunder angezündet werden.

Nelson ist ein Border Collie Mischling, fünf Jahre alt, also schon der Pubertät entwachsen. Die Angst vor dem Feuerwerk begleite ihn schon sein ganzes Leben, sagt seine Besitzerin Livia Jakob. So stellt sich für die Bielerin jedes Jahr aufs Neue die Frage: Was sollen wir am 31. Juli tun, um Nelson die Angstattacken zu ersparen?

Wenn das Bett zittert
Nelson ist eigentlich ein ruhiger Hund. Er gehorcht der 23-jährigen Livia Jakob aufs Wort – ausser es knallt. Und das wird es heute Abend, wenn auf dem Bielersee und in den Gemeinden das Feuerwerk gezündet wird. Jakob weiss, wie es Nelson danach gehen wird: «In der Nacht kann ich jeweils kaum schlafen. Wenn Nelson in der Nähe ist, zittert das ganze Bett.» Am nächsten Morgen geht es Nelson dann meist besser. Dann braucht er einfach eine Extrarunde Schlaf.

Jakob hat es bereits mit Bachblüten versucht, Tabletten und Tropfen. Aber dies habe bei Nelson kaum Wirkung gezeigt. An die anderen Präparate, zu denen neu auch CBD-Öl gehört, wagte sich Jakob bisher nicht. «Ich bin unsicher, ob ich Nelson so etwas verabreichen will», sagt sie, die sich als diplomierte Pflegefachfrau mit Medikamenten auskennt. Wichtig sei, dass man die Angst der Hunde bei Feuerwerk nicht noch bestätigt. «Ich versuche, Nelson in diesen Momenten nicht zu viel Aufmerksamkeit zu schenken. Vielmehr gebe ich ihm zu spüren, dass alles in Ordnung ist.»

Für dieses Jahr hat sich Jakob überlegt, an den Bundesfeiertagen in die Berge zu gehen. Dort sei es ruhig, ohne Böller, dachte sie. Von ihrem Onkel wurde sie dann aber eines Besseren belehrt. Er hatte letztes Jahr dieselbe Idee, ging mit seinem Labrador am 1. August extra ins Emmental. Doch als er dort ankam und aus dem Postauto stieg, zündete ein Junge gleich eine Rakete. «Sein Hund erschreckte sich so sehr, dass sie gleich wieder zurück nach Hause fahren mussten», sagt Jakob.

Also wird sie den heutigen Abend mit Nelson bei ihrer Mutter in Dotzigen verbringen. Dort, wo auch Nelsons Schwester und seine Mutter wohnen. Die schreckhafte Art liegt bei der Border-Collie-Familie nicht im Blut. Nelson ist der Einzige, der sich vor der Knallerei fürchtet. Und dass, obwohl Livia Jakob Nelson und seiner Schwester als Welpen extra eine CD abgespielt hat, auf der ähnliche Geräusche wie die bei einem Feuerwerk hörbar sind. Dadurch sollten sich die beiden Hunde daran gewöhnen. Bei seiner Schwester scheint es gewirkt zu haben. Bei Nelson aber nicht.

Trotz allem findet Livia Jakob, dass ein lautes Feuerwerk am 1. August einfach dazugehört. «Als Kind hatte ich selbst grosse Freude daran. Das möchte ich niemandem nehmen», sagt sie. Und wenn man einen Hund besitze, müsse man sich halt in manchen Punkten einschränken – für Nelson macht sie das gerne.

Nicht alle Hunde sind gleich
Längst nicht jeder Hund ist so schreckhaft wie Nelson, sagt Peter Lehmann, Präsident des kynologischen Vereins Biel und Umgebung. Einige würden sich kaum vor den Böllern fürchten, bei anderen entwickle sich die Angst erst mit den Jahren. Mit dem Verlust des Hörvermögens könne diese Angst aber dann auch wieder abnehmen. Grundsätzlich sei die Angstreaktion der Hunde ganz natürlich.

Gegen die Angst hilft laut Lehmann besonders Ablenkung: «Man sollte den Hund im Voraus beschäftigen und einen Spaziergang machen, sodass er müde und ruhig wird und seine Sinne später beim grossen Feuerwerk weniger sensibel sind», sagt er. Zudem brauche der Hund einen Rückzugsort, an dem er sich sicher und wohlfühlen kann – meist befindet sich dieser zuhause. Weiter könnten Hintergrundgeräusche gegen die Angst helfen, so etwa der Fernseher oder leise Musik, sodass der Lärm ein wenig gedämpft wahrgenommen wird. Auf diese Punkte würden die Hundebesitzer in den Kursen des Vereins aufmerksam gemacht. In schlimmen Fällen reiche dies jedoch nicht aus. Dann gibt es noch die Möglichkeit, mit dem Hund bei einem Experten ein verhaltenstherapeutisches Training durchzuführen oder einen Tierarzt aufzusuchen.

Peter Lehmann wäre – wie auch Livia Jakob – nicht traurig darüber, wenn heute Abend kein Feuerwerk gezündet würde. Aber ein Verbot fordern zu wollen wäre der falsche Schritt, so Lehmann. Vielmehr sollen die Hundebesitzer zum Beispiel das Gespräch mit den Nachbarn suchen, falls diese Feuerwerk in nächster Nähe zünden wollen. «Wenn jeder ein wenig Rücksicht nimmt, hat man bereits viel für die ängstlichen Hunde getan.»

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