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Festival du Film Français d'Helvétie

Frauen und ein Dilemma

Noch bis morgen findet die 15. Ausgabe des Festivals du Film Français d’Helvétie in Biel und Bern statt. Ein Blick zurück auf die ersten Tage, die Dynamik der Zweisprachigkeit und die weibliche Sicht.

So sieht es aus, dieser Tage in Biel:Das Festival füllt die Bieler Kinosäle. Im vergangenen Jahr besuchten rund 17 000 Menschen die Filmtage. Bild: Copyright Aimé Ehi / Bieler Tagblatt

von Raphael Amstutz und Sven Weber

Die Frauen haben einen starken Start hingelegt am diesjährigen Festival du Film Français d’Helvétie (FFFH).

Am Voreröffnungsabend am Mittwoch begeisterte «Roxane» das Publikum (am Schluss gab es Applaus, der in seiner Länge und Lautstärke zu den Top-5 in der Festivalhitparade zählt). Die Geschichte um einen Bauern, der gegen die Schliessung seines Hofes kämpft und beschliesst, mit seinen Hühnern viral zu gehen und zusammen mit diesen klassische Theaterstücke aufführt, berührte ganz offensichtlich.

Regisseurin Mélanie Auffret führte den Esprit ihres Films in der anschliessenden Podiumsdiskussion fort und erfreute die Zuschauerinnen und Zuschauer mit ihren frischen und authentischen Ausführungen: Von den expressiven schauspielerischen Qualitäten ihrer Hühner über die von ihr erlebte grosse Solidarität auf dem Land bis hin zur Einsicht, dass, angesichts der vielen Probleme der Gegenwart, als junger Mensch nur das Prinzip Hoffnung zählen könne.

Es wird spannend sein, während des Festivals zu entdecken, ob die weibliche Kraft auch tatsächlich einen Niederschlag in den Filmen findet. Inwieweit also das französische Kino der Gegenwart bereit ist, die weibliche Sicht in den Rollen abzubilden.

Wie jedes Jahr kam die spezielle Situation in Biel, die zwei Sprachen, die zwei Mentalitäten, zur Sprache. Festivaldirektor Christian Kellenberger beschrieb in seiner Ansprache am Mittwoch augenzwinkernd ein Dilemma der Stadt: Aus der frankophonen Perspektive sei Biel eine französischsprachige Stadt, wenn alles gut laufe, bei Misserfolgen hingegen werde Biel als deutschsprachig wahrgenommen. Das müsse aber nicht sein, so Kellenberger. Das FFFH sei seit nunmehr 15 Jahren der Beweis, wie gut es der Stadt tue, sich immer wieder neu auf ihren bilinguen Geist zu besinnen. Das Festival sei sich seiner «Brückenfunktion» bewusst.

Was umgehend eingelöst wurde. Augenfällig war es nämlich, dass sich bereits bei den ersten zwei Podien das deutschsprachige Publikum nicht scheute, engagiert mitzumachen und Fragen zu stellen. Die manchmal hörbaren leichten Akzente waren dabei kein Hinderungsgrund.

Nicht verpassen
Bis morgen sind noch über 40 Werke am Festival du Film Français d’Helvétie zu sehen. Nachfolgend einige Tipps von der BT-Filmredaktion. Das komplette Programm gibt es unter www.fffh.ch

•Heute, 10.15 Uhr, Rex 2, «Roubaix, une lumière»
Wer gestern Abend das wuchtige Werk von Arnaud Desplechin verpasst hat, kann es nachholen. Der Thriller zeigt die trockene Kleinarbeit der Polizei, die oft ohne jegliche Perspektive zu sein scheint und schnürt demPublikum mehr als einmal die Kehle zu.

•Heute, 13 Uhr, Rex 2, «Madame»
Der Schweizer Regisseur Stéphane Riethauser zeichnet das Leben seiner Grossmutter nach. Mehr als Dokumentarfilm und simples Porträt. Es geht um Geschlechterklischees, die Unterschiede subjektiver Wahrnehmungen und den Einfluss, den die eigene Familie auf die Selbstwahrnehmung haben kann. Schweizer Erstaufführung.

•Heute, 20.45 Uhr, Farelhaus:
Im Rahmen des Festivals Offf ist der Dokumentarfilm «Microcosmos» mit Livemusik vom Big Eyes Trio zu sehen.

•Morgen, 10.30 Uhr, Rex 1, «Le cercle des petits philosophes»:
Die ganz grossen Lebensfragen, beantwortet von Kindern.

•Morgen, 12.30 Uhr, Rex 1, «Adieu la nuit»:
Catherine Deneuve entdeckt, was hinter dem abweisenden Verhalten ihres Enkels steckt. Eindringlich fragt André Téchiné nach den Gründen für Radikalisierung. In Anwesenheit von Hauptdarsteller Kacey Mottet Klein, dem bekanntesten FFFH-Gast.

•Morgen, 12.45 Uhr, Apollo, «Portrait de la jeune fille en feu»:
Die Liebe zwischen zwei Frauen in der Bretagne des 18. Jahrhunderts. Starke Bilder, starke Frauen, starke Geschichte.

 

Die besten Zitate
«Filme machen ist primär Überzeugungsarbeit. Vor allem bei sich selber.»
(Mélanie Auffret, Regisseurin von «Roxane», über die psychologischen Aspekte bei Filmdrehs).

«Seien Sie nicht so scheu. Ich bin nur heute Abend hier.»
(Nochmals Mélanie Auffret, die das anfänglich jeweils scheue Publikum mit Witz zum Mitmachen animierte. Es funktionierte).

«Bern ohne FFFH wäre ein enormer Verlust für die Hauptstadt.»
(Biels Stadtpräsident Erich Fehr wünscht sich, dass der FFFH-Ableger in Bern auch nach der dreijährigen Testphase weiterbesteht).

«Eine Komödie zu drehen ist immer ein Gang auf dem schmalen Grat zwischen Präzision und Spontaneität.»
(Jalil Lespert, Regisseur des Eröffnungsfilms «Le dindon»).

Stichwörter: Film, Kino, Biel, FFFH

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