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Biel

Der einzige Doppelstockzug mit Doppelnamen

Die SBB und der Bieler Stadtpräsident haben gestern einen Doppelstöcker auf den Namen «Biel/Bienne» getauft – in der Hoffnung, dass dieser Dosto-Zug keine Probleme macht. Anschliessend wurde die modernisierte Serviceanlage eröffnet.

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von Carmen Stalder

Sie schauen erstaunt nach links. Die Pendler, die aus dem Zug aussteigen, finden sich unvermittelt auf einem Perron voller orange-gewandeter Menschen wieder. Die Streifen auf den Leuchtwesten reflektieren die Morgensonne und lässt die Pendler ihre Augen zusammenkneifen. Es ist kurz vor neun Uhr morgens, wenige Minuten bevor ein neuer Doppelstockzug seinen Namen erhält. Die SBB haben zur Taufe eingeladen, und diesem Ruf sind rund 50 Gäste gefolgt – die sich vorschriftsgemäss die neonfarbenen Gilets übergezogen haben.

Der 100 Meter lange Fernverkehrs-Doppelstockzug mit Platz für 300 Personen fährt in den Bieler Bahnhof ein. Es ist ein FV-Dosto, in den vergangenen Monaten wegen unangenehmen Schüttelbewegungen und störungsanfälligen Türen vor allem als Pannenzug bekanntgeworden. Doch davon will heute niemand sprechen, vielmehr soll nun gefeiert werden.

Michel Berchtold, Regionenleiter SBB Mitte, Thomas Brandt, Mitglied der Geschäftsleitung Personenverkehr und Erich Fehr, Stadtpräsident von Biel (SP), entfernen gemeinsam die schwarze Folie auf dem Zug. Darunter kommt das städtische Wappen sowie der Schriftzug «Biel/Bienne» zum Vorschein.


«Die Taufe ist ein Höhepunkt»

Schweizweit sei es der einzige Zug mit Doppel-Namen, sagt Fehr stolz – und das sei auch richtig so, schliesslich sei Biel die einzige richtige zweisprachige Stadt. Sowieso, der bekennende Fan des öffentlichen Verkehrs ist an diesem Morgen besonders gut gelaunt. «Die Taufe dieses Zuges ist ein Höhepunkt für mich als Stadtpräsident», sagt er.

Michel Berchtold betont die Bedeutung von Biel für die SBB. Die Stadt verfüge über eine lange Eisenbahnvergangenheit und sei heute ein Pulsgeber in der Region und darüber hinaus. Täglich steigen am Bahnhof 64000 Personen ein und aus, 680 Züge fahren nach Biel und wieder weg. Die SBB beschäftigt hier über 700 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – 50 hat sie allein in den letzten eineinhalb Jahren angestellt. Die neuen Stellen wurden allesamt für die modernisierte Serviceanlage geschaffen. Heute findet dort ein Tag der offenen Tür statt (siehe Infobox), offiziell eingeweiht wurde sie gestern nach der Zug-Taufe.

Die orange-gewandeten Gäste besteigen den Doppelstockzug, der noch fabrikneu riecht. In gemächlichem Tempo und mit leichtem Ruckeln geht es die paar hundert Meter bis zur Serviceanlage. 45 Millionen Franken hat die SBB in den letzten zwei Jahren investiert: Unter anderem für eine Verlängerung der Halle auf 200 Meter, sodass nun auch die langen ICN-Züge hier gewartet werden können, für tiefere Arbeitsgräben sowie vielerlei technische Verbesserungen. Dies alles unter laufendem Betrieb. «Es war keine einfache Zeit, aber sehen Sie sich jetzt einmal dieses Resultat an», sagt Standortleiter Alexandre Hotz zur Begrüssung.


Der Zug tanzt im Takt

Der Eröffnungsakt regt zum Schmunzeln an. Gesamtprojektleiter Christoph Natz drückt gemeinsam mit Brandt und Hotz auf einen roten Knopf. Eine triumphierende Fanfare ertönt, die drei Männer strahlen um die Wette, alle Mitarbeiter und Gäste klatschen und dann beginnt tatsächlich ein ICE-Zug zu tanzen: Ein Lokführer lässt ihn von links nach rechts schwanken, so als würde er durch enge Kurven fahren, und es ist tatsächlich verblüffend, wie stark so ein Zug wackeln kann.

Die Serviceanlage in Biel ist nun die modernste der ganzen Schweiz. Das zeigt sich beispielsweise an den sogenannten Shuttles: Lifte, die per Touchscreen das gewünschte Arbeitsmaterial an die Oberfläche befördern. Sperrige Regale, in denen das Werkzeug Staub ansammelt, gehören der Vergangenheit an.


Ein historisches Überbleibsel

Die 90 Mitarbeiter, darunter 15 Lehrlinge, sorgen für die Instandhaltung von Regional- und Fernverkehrszügen, sie führen kleinere und mittlere Reparaturen durch, sie tauschen Komponenten wie Klimageräte oder Stromabnehmer aus und putzen die Wagen. Dafür gibt es Reinigungsstationen, an denen das Putzmittel automatisch in der richtigen Dosierung entnommen werden kann.

Es sei nun viel heller als früher, das erleichtere die Arbeit, sagt Fahrzeugtechniker Julien Scherrer auf einer Führung durch die Anlage. Zudem können die Angestellten dank den tieferen Gräben unter den Wartungsgleisen in einer aufrechten Haltung unter den Zügen arbeiten.

Von früher übrig geblieben ist nur noch das alte Holzdach mit seinen russgeschwärzten Balken. Es stammt aus den 20er-Jahren, der Zeit, in der das erste Depot gebaut wurde und in der noch Dampflokomotiven ein- und ausfuhren. Das denkmalgeschützte Dach ist das letzte Überbleibsel – ansonsten hat auch hier längst die digitale Neuzeit Einzug gehalten.

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Ein Blick hinter die Kulissen

Heute findet in der SBB-Serviceanlage in Biel ein Tag der offenen Tür statt.
- Programm: Rundgang durch die Serviceanlage, Filmvorführung von SBB Historic, Vorführungen mit Sprengstoffspürhunden der Transportpolizei, Schatzsuche, Mini-Gabelstapler-Parcours, Wettbewerb und Festwirtschaft.
- Wann: 9 bis 16 Uhr.
- Wo: SBB-Serviceanlage, Brüggstrasse 47a, 2503 Biel.
- Anreise: Gratis Shuttlebus vom Bahnhof Biel (vor Apotheke Hilfiker an der Johann-Verresius-Strasse) zwischen 8.45 und 16.30 Uhr.

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