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2. Liga regional

Treffer gönnen sie sich nur unter einer Bedingung

Das morgige Derby zwischen den Bieler Teams Besa und Azzurri ist auch ein Duell der Brüder Nodi und Ali Sir Yildirim.

Auf der Champagne haben die Brüder Nodi (links) und Ali Sir Yildirim einen Grossteil ihrer Kindheit verbracht. Bild: Peter Samuel Jaggi/Bieler Tagblatt

Michael Lehmann

«Bitte eine ernste Miene machen, während ihr euch anschaut», ordnet der Fotograf an. Das Bild soll schliesslich zeigen, dass die beiden bald als Gegner auf dem Fussballplatz stehen. Gar nicht so einfach, merken Nodi (26) und Ali Sir Yildirim (22). Meist dauert es keine Sekunde und die Mundwinkel des einen Bruders zucken, worauf der andere das Lachen nicht mehr zurückhalten kann. «Vielleicht klappt es, wenn ich auf Drei zähle», schlägt der Fotograf vor. Eins, zwei, drei: Beide prusten los.

Irgendwann ist das Bild doch noch im Kasten. Im Hintergrund trainieren die Junioren. Nodi Yildirim hat die Champagne als Treffpunkt vorgeschlagen, weil der Sportplatz für beide eine grosse Bedeutung hat.

Nodi ist 7, Ali Sir 3 Jahre alt, als sie mit Vater, Mutter und dem älteren Bruder von Diyarbakır, eine überwiegend von Kurden bewohnte Stadt im Südosten der Türkei, nach Biel flüchten. Ali Sir ist ein unruhiges Kind; die Mutter bittet Nodi deshalb oft, seinen Bruder mitzunehmen, wenn er draussen spielen will. «Wir waren fast täglich auf der Champagne», erzählt Nodi. Mit Jugendlichen aus der Nachbarschaft spielten sie Fussball, redeten über ihre verschiedenen Wurzeln und spielten dann wieder Fussball. «Manchmal über zehn Stunden am Tag, wenn wir frei hatten.» Wie viele der anderen Kinder lernen Nodi und Ali Sir auf diese Weise, sich in der neuen Heimat zurechtzufinden.

«Habe es nicht besser gewusst»
Seither sind rund zwei Jahrzehnte vergangen, in denen sich für Nodi und Ali Sir Yildirim fast alles um Fussball dreht. Beide sind talentierte Stürmer. Nodi spielt zwischenzeitlich im Nachwuchs des SC Kriens. Kurz vor dem möglichen Übertritt zum FC Luzern muss der Onkel, bei dem Nodi wohnt, in die Türkei zurückkehren. Weil sein Vater – deutlich weniger fussballbegeistert als seine Söhne – nicht will, dass Nodi bei einer Gastfamilie in der Innerschweiz lebt, kehrt der 15-Jährige zurück nach Biel.

Dort verpasst er den Sprung in die U17 von YB. Statt sich in der zweiten Mannschaft von Biel für höhere Aufgaben zu empfehlen, wechselt Nodi zum FC Grünstern in die 2. Liga. Den Schritt bereut er heute. «Nach diesem Wechsel hatte ich keine Chance mehr auf Profifussball. Aber das habe ich damals halt nicht besser gewusst.»

Ali Sir schafft es in die U17 von Xamax. Das Team ist jedoch meist chancenlos, und vom Klub kommt nie jemand, der den Spielern ihre Zukunftsaussichten erklären könnte. Zu der deprimierenden Situation in Neuenburg kommen Probleme in der Lehre hinzu. Ali Sir zieht sich aus dem Nachwuchsteam zurück und wechselt zu Nidau in die 2. Liga, wo mittlerweile sein Bruder spielt.

Kollegen teilen sich in Lager auf
Es folgen mehrere Wechsel. Nodi geht von Grünstern, Delémont und Nidau weiter zu Besa und letztlich zu Azzurri. Ali Sir wechselt von Nidau zu Aurore in die 3. Liga, steigt einmal auf und einmal ab, und schliesst sich in diesem Sommer Besa an. Meist geht es ihnen darum, etwas Neues zu entdecken; mit vielen der ehemaligen Teamkollegen bleiben sie in Kontakt. Durch die verschiedenen Stationen sind die Yildirim-Brüder im Seeländer Regionalfussball mittlerweile weitläufig bekannt.

In der letzten Saison stehen sich Nodi und Ali Sir erstmals gegenüber. Etwas, das vor allem im Freundeskreis zelebriert wird. Die Kollegen teilen sich in ein Team Nodi und ein Team Ali Sir auf und provozieren sich im Vorfeld gegenseitig – natürlich alles mit einem Augenzwinkern. Denn die Brüder könnten kaum mehr Achtung voreinander haben.

«Nodi war immer mein Vorbild», sagt Ali Sir. «Nicht nur auf dem Fussballplatz, wo er zu den besten Technikern im Seeland gehört, sondern auch sonst. Wenn ich einen Rat brauche, gehe ich meistens zu ihm.» Nodi gibt derweil zu, dass er anfangs nicht immer Freude hatte, seinen jüngeren Bruder überall hin mitnehmen zu müssen. Mit der Zeit sei er aber in eine Art Beschützerrolle hineingewachsen. «Seine grosse Qualität ist, dass er enorm offen ist», sagt Nodi über Ali Sir. «Er kann an einen Tisch sitzen und nach kurzer Zeit mögen ihn alle.» Über die fussballerischen Fähigkeiten seines Bruders müsse er nicht viele Worte verlieren, so Nodi. «Seine drei Tore in bisher vier Partien sagen genug aus.»

Nach guten Starts nachgelassen
Beim Fototermin haben Nodi und Ali Sir Yildirim Schwierigkeiten, ernst zu bleiben. Beim morgigen Aufeinandertreffen auf dem Längfeld wird es ganz anders sein. Nach guten Starts haben beide Bieler Teams zuletzt Punkte abgeben müssen. Im Derby geht es darum, den Anschluss an die Tabellenspitze nicht zu verlieren. Für die Brüder ist deshalb klar: Allfällige Torerfolge gönnen sie sich nur, wenn dafür das eigene Team gewinnt.

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Drei Duelle unter Nachbarn
Neben Besa gegen Azzurri kommt es in der sechsten Runde der 2. Liga regional zu keinem weiteren Seeländer Derby. Dafür treffen die restlichen Teams jeweils auf einen Tabellennachbarn:

Der FC Aarberg spielt in Develier. Die Jurassier sind noch ungeschlagen und haben gleich viele Punkte auf dem Konto wie Leader Boncourt.

Als letztes Seeländer Team trifft der FC Nidau auf Courtételle. Die Jurassier mussten sich einzig Azzurri knapp geschlagen geben. Besa, Lyss und Aarberg waren teils klar unterlegen.

Für den SV Lyss geht es im Heimspiel gegen Langnau darum, den Abstiegskandidaten zu distanzieren.
 

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