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USA

Donald Trump ging es
 um seine persönlichen Interessen

Erstmals haben Zeugen öffentlich zur Ukraine-Affäre ausgesagt. Dabei wurde deutlich, dass 
US-Präsident Donald Trump gegenüber Kiew eine eigentliche Paralleldiplomatie betrieb.

Zeugen der Anklage: George Kent und Bill Taylor bei ihrer Verteidigung. Bild: Keystone

Bill Taylor ist zurzeit der wichtigste Zeuge der Demokraten bei den Untersuchungen gegen US-Präsident Donald Trump. Schon letzten Monat sagte der geschäftsführende US-Botschafter in Kiew vor einem Ausschuss des US-Repräsentantenhauses aus, dass Trump gezielt Militärhilfe an die Ukraine in Höhe von rund 400 Millionen Dollar zurückgehalten habe, um Kiew zur Ermittlungen gegen den demokratischen Präsidentschaftsbewerber Joe Biden zu bewegen. Direkt gehört haben die Anschuldigung damals allerdings nur die Mitglieder des Ausschusses.

Gestern war das anders. Zum ersten Mal fanden öffentliche Anhörungen zur Ukraine-Affäre statt. In den Zeugenstand traten Taylor und George Kent, ein weiteter Karrierediplomat. Und Taylor legte nach: Er glaube nach wie vor, dass es verrückt sei, Militärhilfe zurückzuhalten, um Hilfe bei einer innenpolitischen Kampagne in den Vereinigten Staaten zu bekommen, sagte er. Mitarbeiter von ihm hätten mitgehört, wie Trump im Juli am Telefon mit einem anderen Diplomaten über «die Ermittlungen» gesprochen habe. Das habe er kürzlich erfahren.

Giuliani als Privat-Ausssenminister

Taylor zeichnete das Bild eines Präsidenten, der unwillens war, seine privaten Interessen hintanzustellen. Er habe den Eindruck erhalten, dass sich Trump mehr für Biden als für die eigentliche Ukraine-Politik interessiert habe, sagte er.

Taylor stellte dar, wie er im Sommer in Kiew realisiert habe, dass die Ukraine-Politik der USA auf zwei parallelen Kanälen abgelaufen sei: auf einem regulären und einem «hochgradig irregulären». Teil des letzteren seien unter anderem Trumps persönlicher Anwalt Rudy Giuliani und der US-Botschafter bei der EU, Gordon Sondland, gewesen. Der irreguläre Kanal habe gegen die langjährigen Ziele der US-Politik gearbeitet. Sowohl Taylor als auch Kent betonten, die Militärhilfe für die Ukraine sei notwendig.

Kent sagte, er sei generell der Überzeugung, dass die USA andere Länder nicht auffordern sollten, sich an Ermittlungen oder Strafverfolgungsmassnahmen zu beteiligen, die sich gegen Gegner «derjenigen an der Macht» richteten, «weil solche selektiven Massnahmen die Rechtsstaatlichkeit untergraben – unabhängig vom Land».

Republikaner unbewegt

Die Republikaner versuchten die Anhörung zu nutzen, um die Ermittlungen der Demokraten zu diskreditieren. Es handle sich um «absurde Vorwürfe» und eine «sorgfältig orchestrierte» Schmutzkampagne der Demokraten und der «korrupten Medien», um das Wahlergebnis von 2016 rückgängig zu machen, behauptete der Kongressabgeordnete Devin Nunes. An Taylor und Kent gerichtet sagte er, sie seien aufgefordert worden, «bei einem Drama mitzuwirken». Die Demokraten wollen, dass sich die Amerikaner durch die öffentlichen Anhörungen ihr eigenes Bild von den Zeugen und ihren Schilderungen machen können. Es ist ein riskantes Unterfangen für sie, da die Erfolgsaussichten für eine Amtsenthebung gering sind. Mit ihrer Mehrheit im Repräsentantenhaus könnten die Demokraten das Amtsenthebungsverfahren zwar eröffnen – entschiedenwürde aber im Senat, in dem Trumps Republikaner die Mehrheit haben. sda/mic

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Erdogan im Weissen Haus

Gut einen Monat nach dem türkischen Einmarsch in Nordsyrien hat US-Präsident Donald Trump seinen türkischen Amtskollegen Recep Tayyip Erdogan in Washington empfangen. Er sei zu beschäftigt, um sich die Anhörung Taylors und Kents anzusehen, sagte Trump im Beisein Erdogans. Es handle sich um eine Hexenjagd gegen ihn, bekräftigte er einmal mehr.

Bei den Demokraten stiess die Einladung an den türkischen Staatschef auf Kritik. Der demokratische Senator Chris Van Hollen warf Trump vor, Erdogan damit für den Angriff auf die Kurden-Miliz YPG belohnt zu haben. Das US-Repräsentantenhaus hatte Ende vergangenen Monats mit überwältigender Mehrheit Sanktionen gegen die Türkei beschlossen. Der Senat, der der Resolution noch zustimmen muss, wird sich erst nach dem Erdogan-Besuch mit möglichen Strafmassnahmen gegen Ankara befassen. sda/mic

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