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Ständeratswahlen

«Ich bin bereit, dieses Abenteuer als alter, weisser Mann anzutreten»

Die Freude über die Wiederwahl in den Ständerat ist gross bei Hans Stöckli. Der Bieler gesteht, dass er Angst hatte vor einer Abwahl. Weshalb in den Besuch im Wahllokal in Biel etwas beruhigte.

copyright: aimé ehi
  • Dossier

Er war nervös – doch am Ende schaffte er es mit einem sensationellen Resultat. Hans Stöckli (SP) ist gestern mit 157750 Stimmen in den Ständerat gewählt worden. Das ist sogar das beste Resultat in der Geschichte des Kantons Bern. Der Bieler lag mit 3164 Stimmen vor Werner Salzmann (SVP), der es mit 154586 Stimmen in die kleine Kammer schaffte. Ab kommendem Jahr wird Stöckli ein Jahr lang den Ständerat präsidieren.


Dass er wieder gewählt wird, war nach dem ersten Wahlgang alles andere als klar: Ja, er sei nervös gewesen, sagt Hans Stöckli, ohne zu zögern. Und mehr noch: Der Wahlkampf 2019 sei für ihn der allerhärteste von allen gewesen, so Stöckli, der gestern Morgen mit seinem Wahlcouvert persönlich im Bieler Wahlbüro vorbeiging. Dort habe man ihn ermuntert:Es sehe gut aus für ihn in seiner Heimatstadt.


Später besuchte der 67-Jährige mit seiner Familie ein Konzert – um sich von den Wahlen abzulenken. Etwas entspannter habe er sich nach der Auszählung der grösseren Wahlkreise gefühlt. Doch der gestrige Wahlsonntag war nicht nur für ihn spannend wie ein Krimi. Wie es wirklich ausgeht, war bis kurz vor dem Ende offen.


Grosser Moment im Rathaus
Gestern Nachmittag im Rathaus Bern:Um 14.30 Uhr wird die Stimmung plötzlich hektisch. Von zehn Verwaltungskreisen sind nun neun ausgezählt. Es fehlt nur noch der grösste von allen:Der Wahlkreis Bern-Mittelland, wo Stöckli in der Regel viele Stimmen holt. Man hört nun immer wieder zwei Namen, die in Kombination ausgesprochen werden: Stöckli und Salzmann. «Ja, für Regula reicht es wohl nicht mehr nach oben», sagt jemand.
Dann betritt Hans Stöckli das Rathaus: Sofort wird er umringt von zahlreichen Fotografen, er schüttelt links und rechts Hände. Seinem Gesicht ist Anstrengung zu entnehmen und gleichzeitig bereits so etwas wie Erleichterung. Dann der grosse Moment:Staatsschreiber Christoph Auer betritt das Rednerpult. Gewählt sind Hans Stöckli und Werner Salzmann. Jubel bricht aus! Der SP-ler und der SVP-ler werden für die nächsten vier Jahre für den Kanton Bern im Ständerat sitzen.


Die Freude des 67-jährigen SP-Mannes ist gross: «Ich bin bereit, dieses Abenteuer als alter, weisser Mann anzutreten», sagt Stöckli in die zahlreichen Mikrofone und Kameras. Für diese  Aussage kassiert er Applaus. Seinen Strauss mit roten Blumen streckt der Sozialdemokrat in die Luft.


«Glücklich und zufrieden»
Er habe gezittert, gibt er nun zum ersten Mal offen zu. Sogar die Rede zur Nichtwahl habe er dabei, die er nun ja glücklicherweise nicht halten müsse. Trotzdem verrät er einen Auszug: «Ich habe heute das Amt verloren, aber nicht die Würde.» Doch nun ist das Gegenteil eingetroffen: Stöcklis Mobilisierung hat sich gelohnt: Er hat es geschafft! Im grossen Glück schwingt auch etwas Bedauern mit: Leider sei es nicht gelungen, in einem rot-grünen Duo in den Ständerat einzuziehen, sagt er. Ebenso bedaure er es, dass keine Frau im Ständerat vertreten sei. Er bedankte sich aber bei den Grünen und besonders bei den Frauen, die ihn gewählt haben, was man besonders in den städtischen Gebieten sieht. Im Wahlkreis Biel erzielte Stöckli mit 13541 Stimmen das beste aller Resultat und lag vor Regula Rytz. Sogar im Wahlkreis Bern-Mittelland holte Stöckli überraschend mehr Stimmen als die Kandidatin, die als erste Grüne in den Ständerat einziehen wollte.


Sofort kommt die Euphorie zurück. «Ich bin glücklich und zufrieden, nochmals vier Jahre lang Ständerat zu sein.» Insbesondere auf sein Präsidialjahr freue er sich: Denn das bedeute, dass man den Kanton Bern, den Brückenkanton, gegen aussen vertreten könne. «Ich freue mich, es macht Spass.» Schliesslich sei er gesund und zwäg. Worauf er später noch Nicolas Hayek zitierte, der gesagt haben soll: Die besten Unternehmer sind die, die sich an ihre Jugend erinnern. «Vielleicht», so Stöckli, «gilt das ja auch für Politiker.»


«Es wird Differenzen geben»
Wird er gut mit Werner Salzmann zusammenarbeiten können? «Zweifellos wird es Differenzen geben – besonders in sehr wichtigen wirtschaftspolitischen Fragen.»  Dann versprach Stöckli einmal mehr, dass er besonders für die Frankophonen im Kanton Bern da sein werde. Im Berner Jura geniesst Stöckli ein hohes Ansehen:In dieser Region wurde er ebenfalls mit dem besten Resultat gewählt.


Nun werde viel Arbeit auf ihn zukommen, sagt der Bisherige dann noch. Der Grund ist ein einfacher: Weil er nicht sicher war, ob es ihm reichen wird, hat er alle Vorbereitungsarbeiten für das Präsidialjahr aufgeschoben. Doch nun werde er Tag und Nacht arbeiten müssen.

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