Wer in die Ferne reist, lernt das Zuhause schätzen. Diese Weisheit gilt nicht nur bei Reisen ins Ausland, auch ein Aufenthalt in der Schweiz kann solche Gefühle wecken. Beim Ausflug nach Appenzell fiel auf, wie privilegiert wir mit unserer Zweisprachigkeit sind.
Das Dorf Appenzell, immerhin Kantonshauptort, bietet touristisch enorm viel. Gut drei Zugstunden vom Seeland entfernt, trifft man am Fuss des Alpsteinmassivs und des überragenden Gipfels des Säntis auf einen idyllischen und gut gepflegten Ort. Tradition und Brauchtum begegnen einem auf Schritt und Tritt – allein der Blick auf den legendären Landsgemeindeplatz löst Gefühle des ursprünglichsten Demokratieverständnisses aus.
Die Appenzellerinnen und Appenzeller auf ein Heile-Welt-Bild zu reduzieren, ist aber nicht gerecht. Der besuchte Anlass ist gutschweizerisch exakt organisiert, fast pingelig genau könnte man sagen. Allein der lokale Parkeinweisungsdienst oder die exakte Eintrittskontrolle beweisen, dass man vom Organisieren viel begriffen hat. Das ist aber nicht speziell appenzellisch. Die ständige Präsenz von Brauchtum allerdings schon. Allein der Blumenschmuck der Eventhalle, die musikalische Begleitung auf dem Hackbrett, die zahlreich verschenkten Biberli oder unzählige Kinder «uniformiert» in Trachten deuteten die Heimatverbundenheit an. Alles wunderbar und eindrücklich.
Von Biel angereist, fiel aber schon auf, wie weit weg Appenzell von der Romandie oder generell von der Mehrsprachigkeit ist. Die Ansprachen des OK-Präsidenten wurden von zwei weiteren Personen zwar korrekt und wortwörtlich auf Französisch und Italienisch übersetzt. Der mehrfache Auftritt des Trios wurde aber insofern fast ein wenig zum «Running Gag», weil keinerlei Flexibilität oder Abweichen vom Drehbuch spürbar war. Das leichtfüssige sprachliche Jonglieren zwischen zwei Kulturen, so wie wir das kennen, fehlte. Allein, dass der Appenzeller in seinem urchigen Dialekt sprach – für Romands oder Tessiner wohl komplett unverständlich –, zeigte das fehlende Verständnis für die andern Sprachgruppen.
Kann man machen, so die Bilanz des Ausflugs ans östliche Ende unseres Landes. Gelebte Mehrsprachigkeit könnte aber mehr bieten. Das kennen und schätzen wir – ein Plus für unsere Region.
brentsch@bielertagblatt.ch
Twitter: @BernhardRentsch
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