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Aus dem Grossen Rat

Politik geht durch den Magen

Über hundert Geschäfte standen in der Wintersession auf der Traktandenliste. Es waren grosse Brocken, und das Ratsbüro hatte schon im Juni angekündigt, dass die Wintersession drei Tage länger dauern wird.

Bild: Sandra Hess
 Grossrätin FDP

von Sandra Hess, Grossrätin FDP

Die Amtsälteren sagten zwar voraus, dass nach den Wahlen Vorstösse oft wieder zurückgezogen würden. Aber die Aussicht, drei Dezember-Wochen im Ratssaal zu verbringen, war nicht für alle gleich verlockend. Im Feiertagsmonat gehen Arbeitstage ja schneller aus als frische Gipfeli.

Um die ging es in der Session auch. Erinnern Sie sich an «Gipfeli-Gate»? Im Sommer wurde einer Bäckerei am Gurten nicht mehr erlaubt, den Festival-Heimreisenden zu früher Morgenstunde Gipfeli zu verkaufen. Die FDP wollte mit einer Motion helfen, dass es damit in Zukunft keine Bewilligungsprobleme mehr gibt. Sie hatte Erfolg. Zum Dank spendierten die Motionäre allen Ratsmitgliedern ein Gipfeli. Dass aus dieser netten Geste nicht womöglich eine weitere Affäre wurde, war dann Chef-Sache. Im historischen Ratsaal sind Esswaren nämlich verboten. Das gilt auch für Gipfeli-Brösmeli. Die Bäckerei-Körbe wurden deshalb in die Cafeteria gebracht. Nun war es bald Mittag, der Magen knurrte leicht, und gerade als so manches Ratsmitglied einen Abstecher in die Cafeteria erwog, erstickte der Grossratspräsident die Träume im Keim. «Bitte verlassen Sie nun nicht alle den Saal, wir sind sonst nicht mehr beschlussfähig!», mahnte er und verhinderte so womöglich «Gipfeli-Gate» Teil zwei.

Sprichwörtlich glücksbringende Momente bescherte uns die Beratung über das Feuerschutz- und Feuerwehrgesetz. Es ging unter anderem um die Aufhebung des Kaminfeger-Monopols. Auf der Zuschauertribüne waren deshalb viele Kaminfeger zu Gast, und in der Rathaushalle kreuzten zahlreiche Glücksbringer den Weg. So vielen Glücksboten auf einmal begegnen zu dürfen, das gehört zweifellos zu den überraschenden Momenten, an die ich mich noch lange erinnern werde. Wieder vergessen hatte ich einen Tipp, der uns im September mit auf den Weg gegeben wurde. Grossratsmitglieder könnten nämlich Tupperware-Gschirrli mit nach Bern nehmen. Jedenfalls an Tagen mit Abendsitzung. Da gibt es immer ein Znacht, und auf dem Buffet bleibt dann schon mal etwas übrig. Aufmerksame Ratsmitglieder
erkundigten sich deshalb beim Präsidenten, was mit den Resten passiere. Diese müssten aus hygienischen Gründen entsorgt werden, musste er mitteilen. Aber wer etwas gegen Foodwaste tun wolle, könne sehr gerne ein Tupperware-Gschirrli mitbringen. Gut, dass ich am Chemifäger-Tag keins dabei hatte. So kurz vor Neujahr hätte ich sonst womöglich einen eingepackt!

kontext@bielertagblatt.ch

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