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Nidau

Quartierbewohner fordern umgehend sichere und ruhige Strassen

Peter Wüthrich kämpft für Tempo 30 und gegen Schleichverkehr. Während der öffentlichen Mitwirkung zum Gesamtverkehrskonzept Nidau hat der Anwalt über 500 Unterschriften gesammelt.

Peter Wüthrich an der Stelle im Beundenring, an der eine Anbindung an die Hauptstrasse zur Diskussion steht. Mattia Coda

von Carmen Stalder

Langsam lässt Peter Wüthrich sein Auto durch das Quartier rollen. Seine Anliegen könne er am besten bei einer kleinen Rundfahrt durch Nidau darlegen, hat der Anwalt vor dem Treffen angekündigt. Und so geht es nun vom Barkenhafen auf die Dr. Schneider-Strasse, weiter auf den Beundenring, vom Balainenweg auf die Hauptstrasse und zur Zihlstrasse. Es sind Orte, die chronisch verkehrsüberlastet sind, Strassen, die vom Schleichverkehr genutzt werden – und neuralgische Punkte, die im neuen Gesamtverkehrskonzept von Nidau immer wieder erwähnt werden.

Die Wohnqualität am Beundenring liegt Peter Wüthrich am Herzen. Deshalb kann er mit der Idee, welche die Gemeinde Nidau in ihrem neuen Verkehrskonzept für die Quartierstrasse aufs Tapet bringt, nicht viel anfangen. Was bisher als Zubringerweg für die Bewohnerinnen und Bewohner des Quartiers dient, könnte dereinst an die Hauptstrasse angeschlossen werden. Das erachtet der Nidauer Peter Wüthrich als abwegig – und die Umsetzung versucht er nun zu verhindern.

Letztes Jahr hat Nidau ein Planungsinstrument erarbeitet, das alle Verkehrsteilnehmer und das ganze Stadtgebiet berücksichtigt. Es zeigt, wie Nidau den Verkehr in den nächsten 15 Jahren organisieren möchte (das BT berichtete). Zu den Massnahmen im Gesamtverkehrskonzept gehören beispielsweise Tempo 30 in Wohnquartieren, neue Verbindungen für Velos und der Ausbau des öffentlichen Verkehrs.


Fahrverbot ab sofort

Vom 13. Januar bis zum 12. Februar hat die öffentliche Mitwirkung zum Gesamtverkehrskonzept stattgefunden. In über 50 Stellungnahmen haben die Bevölkerung und die politischen Parteien von Nidau die Möglichkeit ergriffen, Meinungen und Anliegen einzubringen und die künftige verkehrliche Entwicklung zu beeinflussen. «Wir sind sehr zufrieden mit der Beteiligung an der Mitwirkung», sagt Gemeinderätin Sandra Friedli (SP). Sie habe eine grosse Unterstützung für das Konzept feststellen können.

Zu den Mitwirkenden gehört auch Peter Wüthrich: Für seine Eingabe hat er in den Quartieren Nidau West und Burgerbeunden 547 Unterschriften gesammelt. In der Stellungnahme fordern Wüthrich und seine Mitunterzeichnerinnen und -unterzeichner, dass unverzüglich zwei Massnahmen umgesetzt werden: ein Fahrverbot mit Zubringerdienst auf der Dr. Schneider-Strasse in Richtung Burgerbeunden (ab dem Mühlerunsweg) und auf dem Balainenweg in Richtung Dr. Schneider-Strasse (ab der Hauptstrasse). Ausserdem Tempo 30 auf der Dr. Schneider-Strasse und auf dem Balainenweg.

Während Wüthrich auf der Dr. Schneider-Strasse fährt, überholt er mehrere Fahrradfahrer; Spaziergänger sind unterwegs und Mädchen und Jungen kehren von der Schule oder dem Kindergarten nach Hause zurück. Die Strasse wird von Fussgängern und Velofahrern häufig genutzt. Gleichzeitig fahren täglich mehr als 3500 Fahrzeuge über die Strasse – das sind 500 mehr, als es die festgelegte Belastungsgrenze vorsieht. «Die Achse Dr. Schneider-Strasse/Balainenweg wird zunehmend als Schleichweg zur Umfahrung des Stedtli genutzt», sagt Wüthrich.


«Das geht gar nicht»
Seit Mitte Dezember 2019 gilt auf der Hauptstrasse durch das Stedtli Tempo 30. Auf der parallel dazu laufenden Dr. Schneider-Strasse darf jedoch vorerst weiterhin mit 50 km/h gefahren werden. Wüthrich ist überzeugt, dass das den Schleichverkehr durch das Wohnquartier verstärkt hat. «Das geht gar nicht. Es handelt sich um eine verkappte Verkehrslenkungsmassnahme», sagt er.

Im November hat der Nidauer Stadtrat einen Investitionskredit für eine Verkehrsberuhigung gesprochen: Zwischen der Hauptstrasse und der Dr. Schneider-Strasse sowie auf der Zihlstrasse sollen Tempo 30 eingeführt werden. Gemäss Friedli soll diese erste Etappe im August umgesetzt werden. Dieselbe Massnahme auch auf der Dr. Schneider-Strasse einzuführen, hat der Stadtrat knapp abgelehnt. Begraben ist die Idee aber nicht: «Das wird Teil einer zweiten Etappe sein, deren Planung und Umsetzung ab nächstem Jahr vorgesehen sind», so Friedli.

In der Nähe der BTI-Station Nidau Beunden pausiert Wüthrich die Rundfahrt. Es ist die Stelle, die ihm besonders missfällt: Genau hier wird eine direkte Anbindung an die Hauptstrasse geprüft. Es handle sich um ein ruhiges Wohnquartier mit wenig Verkehr, sagt Wüthrich – und das solle auch so bleiben. «Wenn es eine Umfahrungsmöglichkeit gibt, wird sie auch genutzt. Deshalb müssen wir verhindern, dass sie überhaupt erst gebaut wird.»

Darauf angesprochen winkt Sandra Friedli ab: Die Direkterschliessung des Beundenquartiers an die Hauptstrasse sei derzeit keinesfalls in Planung. Sie werde nur als langfristige Option vorgeschlagen, um einen Handlungsspielraum zu bewahren. Ausserdem würde die Massnahme nur im Zusammenhang mit einer dauerhaften Sperrung der Dr. Schneider-Brücke oder der Dr. Schneider-Strasse für den motorisierten Individualverkehr geprüft.


Viel Zuspruch

Für seine Anliegen hat Wüthrich aus den betroffenen Quartieren viel Zuspruch erhalten. «Ich war selbst überrascht, wie viele positive Reaktionen, Gratulationen und Dankesschreiben ich auf meine Unterschriftensammlung erhalten habe» sagt er. Die Quartierbewohner würden sich vor allem um die sinkende Schulwegsicherheit und den zunehmenden Schleichverkehr sorgen. Wüthrich teilt deren Ängste: Er wohnt im Quartier Nidau West und ist damit selbst von den Verkehrsproblemen betroffen.

Er ist der Meinung, dass der Verkehr weiterhin hauptsächlich durchs Stedtli fliessen soll. Die Geschäftsinhaber an der Hauptstrasse würden schliesslich vom Verkehr leben und seien nicht an einer Umfahrung interessiert. Zusätzlich hat er sich eine weitere Variante ausgedacht: Er schlägt vor, die BTI-Brücke zwischen Zihl- und Keltenstrasse über die Zihl zu verbreitern. Dann könnte der Verkehr darüber und damit ohne Durchquerung des Stedtli direkt auf die Bernstrasse umgeleitet werden. «Das ist zwar keine ausgereifte Idee. Aber ich glaube, dass davon weniger Anwohner betroffen wären.»

Im Mai hat Nidau den Mitwirkungsbericht publiziert. Darin werden die Bemerkungen und Anregungen der Mitwirkenden wiedergegeben und kommentiert. Ausgehend von den Eingaben wurde das Konzept angepasst und vom Gemeinderat verabschiedet. Gemäss Friedli spielen die Wünsche und Forderungen der Nidauerinnen und Nidauer bei der Umsetzung der Massnahmen eine wichtige Rolle. So seien nach der Mitwirkung die Prioritäten neu gesetzt worden. «Eine Eingabe mit über 500 Unterschriften können wir nicht ignorieren. Das ist für uns ein klares Zeichen.»

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