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Telekommunikation

«Das Gegenteil von Partnerschaft»

Die Swisscom löst den Standort Aarbergstrasse 107 in Biel auf, rund 200 Mitarbeitende sind betroffen. Die Stadt Biel zeigt sich empört – Stadtpräsident Erich Fehr findet klare Worte.

Aarbergstrasse 107 in Biel: Demnäscht verabschiedet sich die Swisscom ganz aus der früheren PTT-Kreidirektion. Bild: Peter Samuel Jaggi

Tobias Graden

«Swisscom setzt weiterhin auf Biel», heisst es als Zwischentitel in der Medienmitteilung, die der Telekommunikationskonzern gestern am frühen Nachmittag verschickte, und weiter: «Für Swisscom bleibt Biel ein wichtiger Standort». Man bleibe im Innovationspark engagiert, betreibe weiter die Shops an der Bahnhofstrasse 7 und der Collègegasse 9 und zudem würden 35 der über 300 Mitarbeitenden von Competence Call Center GmbH im Auftrag von Swisscom tätig sein.

Ob dies die Gemüter in Biel zu beruhigen vermag? Der erste Teil der Mitteilung ist nämlich ein Paukenschlag, heisst es doch darin: «Im Laufe des ersten Halbjahres 2021 wird Swisscom ihren Standort an der Aarbergstrasse 107 in Biel aufgeben.» Dort sind derzeit vor allem Call-Center-Mitarbeitende beschäftigt. Diese 180 werden laut Mitteilung «Kundenanfragen künftig aus Lausanne und Olten beantworten». 20 Stellen weiterer Unternehmensbereiche werden nach Olten, Lausanne, Neuenburg und Bern verlagert. Und die Swisscom Services AG, die ihren Sitz derzeit noch an der Aarbergstrasse hat, wird nach Olten gezügelt.

Mietvertrag nicht verlängert

Die Swisscom nennt in der Mitteilung drei Gründe für diesen Schritt: Standortkonsolidierung, auslaufende Mietverträge und einen sinkenden Bedarf an fest zugeteilten Arbeitsplätzen. «Wir prüfen unser Gebäudeportfolio laufend», teilt Esther Hüsler vom Swisscom-Mediendienst auf Anfrage des BT mit, «die auslaufenden Verträge in Biel haben dazu geführt, dass der bestehende Businessbedarf geprüft wurde.»

Das Gebäude an der Aarbergstrasse war früher im Besitz der Swisscom. Deren Vorgängerorganisation PTT hatte es in den frühen 90er-Jahren gebaut, es beherbergte dann deren Kreisdirektion. 1998 ging die Swisscom aus der PTT hervor, im Jahr 2001 verkaufte sie das Gebäude und war fortan darin Mieterin. Es gehört heute der PSP Swiss Property, einer der grössten Immobiliengesellschaften der Schweiz. Nun läuft der Mietvertrag aus, und die Swisscom verlagert die Arbeitsplätze an andere Standorte.

«Wir sind empört»

«Wenn man das Thema nur gerade aus der Sicht der Immobilienbewirtschaftung betrachtet, mag der Schritt vielleicht Sinn machen», sagt Thomas Gfeller, Delegierter für Wirtschaft der Stadt Biel, «aber es hätte auch in Biel andere Lösungen gegeben, auch in Bahnhofsnähe.»

An anderen Lösungen scheint Swisscom aber gar nicht interessiert gewesen zu sein. Bei der Stadt Biel ist die Empörung nämlich gross. Swisscom hat die Stadt letzten Donnerstag über den geplanten Wegzug informiert. Stadtpräsident Erich Fehr (SP) sagt, in solchen Fällen sei es dann üblich, eine gemeinsame Arbeitsgruppe zu bilden und nach Alternativen zu suchen. Schon mehrmals habe man so neue Wege gefunden. Ein Gespräch mit Swisscom-CEO Urs Schaeppi wurde denn auch vereinbart und auf Donnerstag, 25. September, terminiert. Dass die Swisscom nun vor diesem Gespräch ihren Wegzug verkündet, kommt bei Fehr ganz schlecht an: «Das ist kein partnerschaftliches Vorgehen, sondern das Gegenteil davon. Uns befremdet das, wir sind empört.»

Sprecherin Esther Häusler schreibt dazu, der Swisscom sei zwar ein gutes Verhältnis «mit der Stadt Biel und der Regierung» wichtig, doch: «Der Kommunikationstermin stand hier aber schon fest, da verschiedene Prozesse nicht mehr verschoben und aufgehalten werden können.» Fehr dagegen sagt: «Die Swisscom ist ein staatsnaher Service-Public-Betrieb und hat darum eine Verantwortung wahrzunehmen, was den Zusammenhalt des Landes insbesondere zwischen den Sprachgruppen betrifft.» Ganz abgesehen davon, so Fehr, sei es «sehr unsensibel von der staatsnahen Swisscom», jetzt Arbeitsplätze aus der Region abzuziehen, da deren Industrieunternehmen besonders unter den Folgen der Coronapandemie litten: «Für die Mitarbeitenden ist der weitere Arbeitsweg eine Zumutung.»

«Ort nicht entscheidend»

Wenigstens, so Fehr weiter, sei der Entscheid immobiliengetrieben und habe nicht direkt mit dem Standort Biel zu tun. Er und Gfeller sind aber überzeugt, dass die Swisscom kurzsichtig handle und einen gravierenden Fehler begehe: «Wohl werden die Bieler Mitarbeitenden anfangs pendeln, doch mit der Zeit dürfte es in Olten und Lausanne viel schwieriger sein, zweisprachiges Personal zu rekrutieren.»

Esther Häusler entgegnet, die Konkurrenz um gute Mitarbeitende sei in Biel gerade wegen der Zweisprachigkeit gross. Und sowieso: «Mit den neuen Technologien ist der Standort nicht mehr entscheidend; die Systeme erkennen die Sprache der anrufenden Nummer und leiten den Verkehr entsprechend auf einen Call Agenten, der die entsprechende Sprache spricht.»

Die Swisscom bietet allen betroffenen Mitarbeitenden an den neuen Standorten Stellen an. Der Umzug sei nicht mit einem Stellenabbau verbunden, «bis auf Einzelfälle rechnen wir damit, dass alle Mitarbeitenden an den für sie vorgesehenen Arbeitsorten weiterarbeiten können».

Das Gespräch zwischen Stadt und Schaeppi wird gleichwohl stattfinden. «Wir wollen wissen, wie wichtig Biel für die Swisscom tatsächlich ist», sagt Erich Fehr, «wir verlangen ein Bekenntnis und einen Tatbeweis.» Schliesslich stamme der Leubringer Schaeppi selber aus der Region.

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