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Biel

Lichtblick für geschundene Branche

Wer im Tourismus oder in der Eventbranche tätig ist, hat derzeit nicht viel zu lachen. Zur Abwechslung sorgte Tourismus Biel Seeland gestern mit der Übergabe des ersten Tourismuspreises für gute Nachrichten.

Die Gewinnerin und Gewinner: Sandrine Gfeller und Michael Teutsch, Lukas Hohl und Lukas Klingler (von links). Matthias Käser

von Carmen Stalder

Im Kanton Solothurn wird er seit mehreren Jahren vergeben, im Kanton Bern dagegen gibt es ihn noch gar nicht. Nun ist die Region Biel-Seeland vorgeprescht und hat kurzerhand ihren eigenen auf die Beine gestellt: Die Rede ist vom Tourismuspreis, der gestern Abend erstmals auf einem Kursschiff der Bielersee-Schifffahrt verliehen worden ist. «Was die in Solothurn können, können wir schon lange», sagte Werner Könitzer zur Begrüssung.

Als Präsident der Organisation Tourismus Biel Seeland (TBS) konnte Könitzer gemeinsam mit Direktor Oliver von Allmen eine kleine, aber ausgewählte Festgesellschaft im Bieler Hafen begrüssen. Unter den allesamt mit Masken ausgestatteten Gästen waren der bernische Volkswirtschaftsdirektor Christoph Ammann (SP), Ständeratspräsident Hans Stöckli (SP), Twanns Gemeindepräsidentin Margrit Bohnenblust (SP), der Fachjournalist Miroslaw Halaba als Vertreter der Jury sowie diverse Akteurinnen und Akteure aus der Tourismus-, Gastronomie- und Eventbranche.


Innovative Köpfe belohnen

Solche Preisverleihungen seien in diesen Zeiten zu einer Seltenheit geworden, sagte Ammann in seiner Rede. «Umso lieber bin ich hier, ich verspüre nämlich schon Entzugserscheinungen.» Beim Tourismuspreis gehe es darum, innovative Persönlichkeiten zu finden, die anpacken können – und zwar auch in einem Jahr, das für den Tourismus eine schmerzhafte Zäsur darstellt.

Lanciert hat den Wettbewerb die Marketingorganisation Biel Seeland Tourismus. Sie will damit innovative Ideen, Kreativität und professionelles Marketing belohnen und fördern (siehe auch Interview unten). Unterstützt wird TBS von Gastro Seeland, das die 3000 Franken Preisgeld für den Gewinner sponsert.

Zum Sieger des Abends wurde schliesslich das Lakelive-Festival gekürt. Als Mitorganisator durfte Lukas Hohl den ersten Tourismuspreis entgegennehmen – worauf er zunächst mit Überraschung reagierte. «Wow, das sind seit Langem wieder einmal positive Nachrichten», sagte er sichtlich erfreut. Schliesslich hat die von ihm und Marcel Sallin geführte Eventra AG derzeit zu kämpfen – alle für diesen Sommer geplanten Grossanlässe fielen coronabedingt ins Wasser. Hohl hofft, dass er und sein Team gestärkt aus der Krise hervorgehen werden. Das «im rechtzeitigen Moment» gewonnene Preisgeld möchte er gerne in den kulturellen Bereich des nächsten Lakelive investieren – das hoffentlich im Sommer 2021 stattfinden könne.

Christoph Ammann bezeichnete das Lakelive in seiner Laudatio als Leuchtturmprojekt für die Region, das Besucher aus der ganzen Schweiz anziehe und zusätzliche Übernachtungen generiere. «Es gibt viele Festivals in der Schweiz, aber das Lakelive ist anders als die anderen», so Ammann. Er lobte ausserdem, dass die Organisatoren mit dem Summer Now in diesem Jahr immerhin eine Light-Variante auf die Beine stellten.


Lokale Produkte im Hoch

Der zweite Platz ging an das Atelier Verdan an der Seevorstadt in Biel. Unter seinem Dach stellen diverse Produzentinnen und Produzenten lokale Esswaren und Getränke her, darunter Bier, Honig, Nüsse, Fruchtsäfte und Kaffee (das BT berichtete). Für den ersten Preis habe es nicht ganz gereicht, weil das Projekt in den Bereichen Marketing und Social Media noch Luft nach oben habe, sagte Jurymitglied Halaba. Im Rahmen eines Förderpreises greift TBS dem Atelier Verdan in diesem Bereich künftig unter die Arme.

An dritter Stelle landete ein Gastroprojekt der Rebgesellschaft Bielersee. Unter dem Namen «Sélection du Lac de Bienne» sollen Restaurants vermehrt regionale Weine ausschenken. Das Diplom wurde von Michael Teutsch und Sandrine Gfeller von der Rebgesellschaft entgegengenommen.

Nach der Preisverleihung gab es an Deck des Kursschiffes Fischknusperli und Weisswein vom Bielersee – und für die Gäste eine willkommene Gelegenheit, sich wieder einmal unter ihresgleichen auszutauschen.

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«Wir wollen keine Eintagsfliege unterstützen»

Oliver von Allmen, Direktor von Tourismus Biel Seeland (TBS), will mit dem neuen Tourismuspreis innovative Ideen, Kreativität und professionelles Marketing fördern. Er hofft, damit einen Qualitätsschub in der Branche auszulösen.

Oliver von Allmen, wieso ist jetzt der richtige Moment, um den ersten Tourismuspreis von Biel Seeland zu verliehen?
Oliver von Allmen: Wir haben dieses Projekt schon lange vor Covid aufgegleist. Die Verleihung war eigentlich für den Frühling geplant. Irgendwann kam der Zeitpunkt, an dem wir nicht länger warten wollten. Ich glaube, dass es gar nicht so schlecht ist, jetzt ein positives Zeichen zu setzen und nach vorne zu schauen.

Was ist die Idee hinter dem Wettbewerb?
Im Kanton Bern sind Biel und das Seeland ja nicht gerade vergleichbar mit der Jungfrau. Deshalb ist es unsere Philosophie, vermehrt nach innen zu arbeiten, also auch unsere Mitglieder ins Boot zu holen. In Solothurn gibt es bereits einen Tourismuspreis, bei uns in Bern so viel ich weiss noch nicht. Wir wollen ihn künftig alle zwei Jahre verleihen.

Mit welchem längerfristigen Ziel?
Der Preis soll eine Netzwerkplattform werden. Bei den Akteuren in der Region soll er für einen Innovations- und Qualitätsschub sorgen: Da sagt sich vielleicht jemand, jetzt habe ich nicht gewonnen, obwohl ich ein cooles Projekt eingereicht habe – und will sich dann weiter verbessern.

In der Jury sitzen drei auswärtige Experten. Warum?
Die Glaubwürdigkeit eines solchen Preises ist wesentlich höher, wenn er von externen Leuten entschieden wird. Als es um das Eingemachte ging, waren die Diskussionen sehr spannend. Wir hätten nie gedacht, welche Argumente da kommen – etwa wenn es darum ging, warum jemand nun nicht den ersten Preis gewinnen soll.
Sie selbst waren nicht in der Jury?
Nein. Wir von TBS haben lediglich die Bewertungskriterien aufgestellt, welche die Jury auf die eingegangenen Projekte angewandt hat. Sie haben eine erste Rangliste erstellt. Danach sassen wir zusammen, die drei Juroren sowie Werner Könitzer als Präsident und ich als Beisitzer. Wir haben zugehört und gaben bei Bedarf Zusatzinfos. Aber wir hatten keinen Einfluss auf den Entscheid.

Insgesamt wurden 13 Dossiers eingereicht …
… darüber haben wir uns sehr gefreut! Es wäre etwas peinlich gewesen, wenn nur eines gekommen wäre. Für die erste Ausgabe haben wir mit fünf bis sechs Eingaben gerechnet. Das Formular war schliesslich ziemlich aufwändig, man konnte nicht einfach ein paar Sätze hinschreiben.

Welche Bereiche wurden durch die Eingaben abgedeckt?
Da waren völlig verschiedene Sachen dabei: Von kulturellen Events über Museen, Stadtführungen und regionale Produkte bis hin zu klassischen touristischen Anbietern, die ihr innovatives Marketing hervorstellen wollten.

Welche waren für Sie die wichtigsten Kriterien?
Wir wollen keine Eintagsfliege unterstützen, also niemand, der zwar eine riesige Idee hat, die aber nach einem Abend vorbei ist. Als Marketingmenschen ist uns natürlich auch wichtig, dass das Siegerprojekt ein mediales Interesse hervorrufen kann. Es soll die Region und die Stadt Biel in den Fokus rücken.

Nun steht fest: Das Lakelive-Festival hat den ersten Platz abgeräumt. Was war ausschlaggebend?
Ganz ehrlich war es ein Kompromiss-Entscheid. Ein Jurymitglied hat argumentiert, dass wir in der Schweiz so viele Festivals haben – warum sollten wir also ausgerechnet ein Festival belohnen? Allerdings muss man sagen, dass die Organisatoren des Lakelive Mut bewiesen haben und innovativ waren. Ihre Veranstaltung bietet x-verschiedene Konzerte kombiniert mit Sport, es interessiert Gross und Klein, findet auf einem attraktiven Perimeter statt und das mediale Interesse ist sehr stark – das waren am Schluss die entscheidenden Punkte. Das Zünglein an der Waage war dann auch, dass die Veranstalter während der Coronakrise den Mut hatten, mit dem Summer Now eine Light-Version auf die Beine zu stellen. Der Willen, auch in schwierigen Zeiten etwas Gutes zu machen, war mitentscheidend.

Was ist Ihr eigener Bezug zum Lakelive?
Ich finde schon nur die Location sensationell. Das Gelände befindet sich nicht irgendwo im Schilf, zu Fuss erreicht man es vom Bahnhof her in zehn Minuten. Und dann diese Ambiance direkt am See – das ist etwas, das es so nicht überall gibt. Es ist schön, wenn Leute Events organisieren und damit Besucher anlocken, die sonst vielleicht nicht in die Region kommen würden. Es passt einfach alles!

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