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Musikunterricht

Die Musikschulen in der Region finden neue Wege, um den Folgen der Corona-Pandemie zu trotzen.

Distanz, Maskenpflicht, gefährliche Aerosole: Dies alles erschwert den Musikunterricht und die Nachwuchsrekrutierung an den Musikschulen. Doch es gibt Lösungen, wie ein Augenschein zeigt.

Gitarre ist bei Kindern besonders beliebt. Foto: Pixabay

Annelise Alder

«Eigentlich stellen wir keinen Schülerrückgang fest», sagt Andreas Moser, Leiter der Musikschule Grenchen. Das Problem liege vielmehr in der Verteilung: So gibt es für Klavier und Gitarre derzeit sehr viele Anmeldungen. Darunter leiden weniger bekannte Instrumente wie Waldhorn oder Bratsche. 

Doch wie Kinder auf weniger populäre Instrumente aufmerksam machen, wenn die Musikschulen aufgrund der Folgen der Coronapandemie in ihrem Handlungsspielraum eingeschränkt sind? Es gibt unterschiedliche Lösungen, wie eine Umfrage zeigt. Sie sind nicht zuletzt abhängig von finanziellen und personellen Ressourcen.

Die Türen der Musikschulen blieben im Frühjahr geschlossen

Um Kinder überhaupt zum Musizieren anzuregen und ihnen aufzuzeigen, welche Instrumente zur Verfügung stehen, bieten viele Musikschulen jeweils im Frühjahr einen Tag der offenen Tür an. Dann haben sie Gelegenheit, einmal mit einem Geigenbogen über die Saiten einer Violine zu streichen oder in eine Trompete zu blasen und so sozusagen hautnah zu erleben, wie es ist, selbst einen Klang oder gar eine Melodie zu erzeugen. Nicht selten findet ein Kind über diesen Weg zu seinem Lieblingsinstrument, das es unbedingt spielen lernen möchte.

Der Lockdown im Frühling hat allen Musikschulen in Biel und in der Region aber einen Strich durch ihre Pläne gemacht. Die Türen der Musikschulen Biel, aber auch Grenchen, Aarberg, Seeland, Region Lengnau-Büren oder Lyss blieben geschlossen. Und somit mussten die Musikschulen auch auf ein wichtiges Instrument der Nachwuchsrekrutierung verzichten. Denn nach einem solchen Anlass, wo Eltern und Kinder kosten- und barrierefrei die Welt des Musizierens erkunden können, gibt es üblicherweise viele Neuanmeldungen für eine musikalische Ausbildung.

Werbung mit Kurzvideos und günstigen Schnupperabonnementen 

Heute präsentiert sich die Situation nur wenig besser. Die vom Kanton vorgeschriebenen Schutzmassnahmen sind streng. Anlässe, bei denen mehrere Kinder nacheinander in ein Fagott blasen, sind undenkbar und auch ein Cello kann derzeit nur betrachtet und gehört, aber nicht in die Hand genommen und weitergereicht werden. 

Doch die Musikschulen finden neue Wege, um an ihr Publikum zu gelangen. «Wir haben Kurzvideos produziert, wo unsere Musiklehrkräfte ihre Instrumente präsentieren», sagt Andreas Moser, Leiter der Musikschule Grenchen. Und auch Markus Walther, Leiter der Musikschule Region Lengnau-Büren zeigt sich stolz auf die Videoeinspielungen, welche die Lehrkräfte seiner Schule erstellt haben, um die Vorzüge ihrer Instrumente zu preisen. Auch diese sind auf der Website der Musikschule zu sehen.

Ein Video zu jedem einzelnen Instrument zu produzieren ist aufwändig und teuer. Nicht jede Musikschule kann sich das leisten. Die Musikschule Aarberg setzt stattdessen auf günstige Schnupperabos. «Wir haben unseren Tarif für Schnupperabos reduziert», sagt Marco Aebersold, Leiter der Musikschule Aarberg. Die Folge davon: Es werden mehr Schnupperabonnemente als früher gebucht. Auch Christoph Ogg, Leiter der Musikschule Seeland stellt fest: «Die Schnupperabos laufen im Moment eher besser. Es ist derzeit auch der einzig mögliche Weg, Instrumente zur Verfügung zu stellen». 

Publiziert werden diese Angebote jeweils auf den Websiten der Musikschulen. Grössere Anlässe wie der Instrumentenwahlkurs in Aarberg oder Besucherwochen an den Musikschulen in Büren oder in Ins bzw. Täuffelen werden dort beworben, wo sich das Zielpublikum befindet: In der Primarschule. «Wir arbeiten eng mit der Schule zusammen», sagt der Leiter der Musikschule Aarberg. Und auch Markus Walther freut sich über die enge Zusammenarbeit mit den Volksschulen: Wir haben allen Schülerinnen und Schülern der ersten bis dritten Klassen einen Flyer ausgehändigt, um auf die kommende Besucherwoche bei uns aufmerksam zu machen. 

Kooperation mit Schulen hat nachhaltigen Effekt

Auch die Musikschule Biel, die grösste der Region, bietet Schnupperabos an. Zudem offeriert sie ab November «Entdeckungswerkstätten», an denen Kinder Instrumente kennenlernen können. Auch dies als Ersatz für den Lockdown der offenen Musikschultüren im Frühjahr, der auch in der städtischen Musikschule zu einer Stagnation der Neuanmeldungen geführt hat. Beworben wird dieses Angebot direkt bei den Schulkindern: Sie erhalten in den nächsten Tagen einen entsprechenden Flyer.

Die Zusammenarbeit mit den Volksschulen, die bereits seit längerem besteht, wird sogar intensiviert. Im November findet bereits zum sechsten Mal die «Reise durch die Musikschule Biel» für eine ausgewählte Primarschule statt. Damit soll Kindern aus sozioökonomisch benachteiligten Familien der Zugang zu Musik und musikalischer Bildung erleichtert werden. Natürlich erfolgt der Besuch unter Einhaltung der geltenden Schutzbestimmungen, wie Isabelle Lehmann, stellvertretende Leiterin der Musikschule Biel sagt: «Die Ateliers finden in grossen Sälen statt, damit die Distanz gewährleistet ist. Auch tragen alle erwachsenen Begleitpersonen eine Maske». 

Umgekehrt geht die Musikschule Biel in die Primarschulen der Stadt: Im letzten Schuljahr wurden in vier Klassen sogenanntes Klassenmusizieren durchgeführt, wo die ganze Klasse unter professioneller Anleitung Instrumente einer Familie spielt. Neu organisiert die Musikschule ein «Angebot der Schule» in der Primarschule Madretsch im Fach Palindrum, einem Schlaginstrument.

Die Angst vor weniger Neuanmeldungen an den Musikschulen als Folge der Coronapandemie hat zu einer Werbeoffensive der Musikschulen in der Region geführt. Die vielen Angebote, die dazu da sind, die Welt der Musik zu entdecken und zum Musizieren anzuregen, führen hoffentlich über die zeitlich bedingte und limitierte Krise hinaus und sorgen für eine breite und nachhaltige Verankerung des Werts musikalischer Bildung in der Bevölkerung.

«Cadenza» und andere Veranstaltungen

Das diesjährige Klavier- und Kammermusikfestival findet unter dem Motto «Danses» während drei Tagen (13.-15. November) im Volkshaus statt. Es offeriert eine musikalische Entdeckungsreise mit höfischen, volkstümlichen und kunstvollen Tanzkompositionen und Tanzgeschichten.
Die im Frühjahr annullierten Konzerte der Reihe «Cadenza» werden nachgeholt. «Mundo Tango» mit Andreas Engler, Violine und Jonatan Blaty, Bandoneon findet am 22. November statt. Am kommenden Sonntag ist um 17 Uhr in der Aula Brügg unter dem Titel «Le parnasse ou l’apothéose de Corelli» Barockmusik von u.a. Couperin, Telemann und Händel zu hören. Es spielen Muriel Affolter und Regula Schwaar, Barockviolinen, Martin Birnstiel, Barockcello sowie Yeon-Jeong Müdespacher, Cembalo.

Für alle Konzerte besteht eine Masken- und Registrierungspflicht unter www.musikschule-biel.ch. aa

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