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Nidau

Stedtli gibt Gas, um Autofahrer auszubremsen

Auf einem Grossteil des Nidauer Gemeindegebiets soll künftig Tempo 30 gelten, mancherorts gar Tempo 20. Morgen entscheidet der Stadtrat über einen 620'000-Franken-Kredit für Verkehrsberuhigungsmassnahmen.

Grafik: BT/ml Quelle: Stadt Nidau

von Carmen Stalder

Im Herbst 2019 hat Nidau ein Gesamtverkehrskonzept vorgestellt, das zeigt, wie die Gemeinde den Verkehr in den nächsten 15 bis 20 Jahren organisieren möchte. Seither ist einiges passiert: Es gibt zusätzliche Tempo-30-Zonen und eine neue Buslinie durch Nidau West, auf den Strassen wurden Zebrastreifen entfernt und Einengungen gebaut, einige Parkplätze sind verschwunden und durch farbige Sicherheitsbereiche ersetzt worden.

Diese Neuerungen gehören zur ersten Etappe einer Reihe von verkehrsberuhigenden Massnahmen. Nun liegt die Planung für die zweite Etappe vor – und der Stadtrat entscheidet morgen über einen Investitionskredit von 620'000 Franken. Das vorliegende Projekt sieht die Ausdehnung der bestehenden Tempo-30-Zonen auf sämtliche Quartierstrassen südlich und westlich der Zihl vor. An besonders schützenswerten Lagen wie zum Beispiel bei Kindergärten und Schulen sollen Begegnungszonen mit Tempo 20 eingeführt werden.


Meinung hat umgeschlagen

Wer den Eindruck hat, dass bald das ganze Gemeindegebiet zur Tempo-30-Zone wird, liegt nicht ganz falsch. Dies ist nämlich langfristig das erklärte Ziel der im Gesamtverkehrskonzept festgehaltenen Verkehrsberuhigungsmassnahmen, wie Gemeinderätin Sandra Friedli (SP) bestätigt. Vor etwas mehr als zehn Jahren hat die Nidauer Stimmbevölkerung zwar eine flächendeckende Einführung von Tempo 30 abgelehnt. Doch seither habe ein Meinungsumschwung stattgefunden: «Wir erhalten seit mehreren Jahren viele nachdrückliche Forderungen nach Tempo 30», so Friedli.

Damit der Kanton Bern neue Begegnungs- oder Tempo-30-Zonen bewilligt, muss die Gemeinde begleitende Massnahmen ergreifen. Dazu gehören etwa Rechtsvortrittmarkierungen, Bremsschwellen, Blumenschalen, Eingangstore, die den Beginn einer Tempo-30-Zone respektive einer Begegnungszone kennzeichnen sowie die Aufhebung von Fussgängerstreifen. Letzteres ist in der Bevölkerung bekanntlich unbeliebt, ist aber eine der Voraussetzungen, damit der Kanton Verkehrsberuhigungen bewilligt. Ausnahmen werden nur bei Kindergärten, Schulhäusern, Heimen oder auf stark befahrenen Strassen (im Stedtli zum Beispiel auf der Hauptstrasse) gewährt.

Unnötig, teuer, eine Schikane für Autofahrer: Friedli ist sich bewusst, dass manche der geplanten Massnahmen für Kritik sorgen werden. Dem hält sie entgegen, dass das Verkehrsaufkommen im Stedtli schon heute am oberen Limit sei. «Entsprechend wollen wir die Verkehrssicherheit und damit auch die Lebensqualität erhöhen», sagt sie. Auslöser für das rasche Vorantreiben seien überdies die zahlreichen Forderungen aus der Bevölkerung und der Politik.

Um die Anliegen der Bevölkerung aufzunehmen, hat die Stadt Nidau im vergangenen November eine öffentliche Begehung im Beunden- und Grasgartenquartier durchgeführt, an der die Teilnehmenden konkrete Wünsche äussern konnten (das BT berichtete). Gemeinderätin Sandra Friedli bestätigt, dass einige Eingaben in die Planung eingeflossen sind. So sollen beispielsweise Velofahrende künftig durch einen Absatz zum Bremsen gezwungen werden, wenn sie vom Bahnweg in den Beundenring einfahren – an der Begehung wurde dies als gefährliche Stelle erwähnt. Ausserdem sollen im Beundenring vorerst weniger Bremsschwellen installiert werden als ursprünglich vorgesehen.

Neben der Temporeduktion in einem grossen Teil des Nidauer Gemeindegebiets sieht die zweite Etappe weitere Massnahmen vor. Unter anderem soll ein grossflächiges Fahrverbot mit Zubringerregelung signalisiert werden, geltend ab Stadtgraben und Schlossstrasse Richtung Nidau West und Burgerbeunden. Dies soll den Ausweichverkehr in die Quartiere ab der Haupt- und der Aarbergstrasse unterbinden. Weiter ist ein Lastwagenfahrverbot auf dem Marti-, Krebs- und Flurweg geplant.


SVP ist nicht zufrieden

Die bürgerlichen Parteien FDP, PRR und BDP sind gemäss Fraktionspräsidentin Susanne Schneiter Marti (FDP) «absolut einverstanden» mit den geplanten Massnahmen. «Uns ist es ein Anliegen, die Wohnqualität in Nidau hoch zu behalten. Entsprechend unterstützen wir Verkehrsberuhigungsmassnahmen», sagt sie.

Ähnlich sieht es bei der Fraktion Grüne/EVP aus: «Wir sind grundsätzlich sehr glücklich mit dem Verkehrskonzept», sagt Fraktionspräsident Michael Rubin (Grüne). Bedauerlich sei einzig, dass der markierte Veloweg auf der Dr. Schneiderbrücke im Zuge der Einführung von Tempo 30 aufgrund der kantonalen Vorgaben aufgehoben werden soll. Und: «Wir werden einen Änderungsantrag stellen, dass im Bereich Grasgarten eine Begegnungszone statt Tempo 30 eingeführt wird», so Rubin. Vonseiten SP lässt Fraktionspräsident Tobias Egger verlauten, dass alle anstehenden Geschäfte weitgehend unbestritten seien.

Auf wenig Gegenliebe stösst das Projekt dagegen bei der SVP. Fraktionspräsident Leander Gabathuler findet die Massnahmen zu teuer und teils unnötig. «Wir werden einen Rückweisungsantrag stellen und eine günstigere Lösung fordern», sagt er. Gegen Tempo 30 in den Quartieren habe die SVP zwar nichts einzuwenden, im vorliegenden Projekt gebe es aber zu viele Schikanen für Autofahrer.

Sollte der Stadtrat das Projekt und den Kredit bewilligen, wird das Verkehrsgutachten beim Kanton zur Genehmigung eingereicht. Ab Herbst sollen die Massnahmen umgesetzt werden.

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Geld für Spielplatz, Pumpwerk und Kulturbetrieb

Der Nidauer Stadtrat trifft sich nach der Agglolac-Debatte von letzter Woche morgen erstmals in diesem Jahr zu einer ordentlichen Sitzung. Neben dem Kredit für die Verkehrsberuhigung (siehe Haupttext) entscheiden die Parlamentsmitglieder unter anderem über folgende Themen:
•zwei Abstimmungsbotschaften: einmal geht es um die Sanierung des Guggerhauses an der Hauptstrasse 78 für 1,465 Millionen Franken und einmal um die Einführung eines Reglements über die Mehrwertabgabe. Gegen beide Vorhaben haben SVP und BDP beziehungsweise im zweiten Fall alle bürgerlichen Parteien das Referendum ergriffen (das BT berichtete).
•einen Investitionskredit von 315'000 Franken für die Neugestaltung des Spielplatzes an der Zihl.
•einen Investitionskredit von 468'000 Franke für die Sanierung des Pumpwerks Guglerstrasse
•eine Subventionserhöhung für die Jahre 2022 und 2023 um 20'000 Franken auf 50'000 Franken für den Verein Kultur Kreuz Nidau, damit ein Kulturbetrieb nach der Pandemie weiterhin möglich ist.


Info: Die Stadtratssitzung in Nidau wird erneut per Livestream übertragen und kann unter folgendem Link mitverfolgt werden:https://youtu.be/D-vaGAiOC8s

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