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Regionalfussball

Gesamtlösung als Knackpunkt

Wird heute die Saison der Amateurfussballer beendet? Nicht nur der aufstiegswillige FC Ins wartet gespannt auf den Entscheid des Schweizerischen Fussballverbandes.

Wird es im Regionalfussball in der aktuellen Saison nochmals solche Zweikämpfe zu beobachten geben? Bild: Matthias Käser/Bieler Tagblatt

Michael Lehmann

Manchmal habe er ja das Gefühl, er habe deutlich mehr zu tun als Jürgen Klopp. Um einen träfen Spruch war Ins-Trainer Mirco Picardi noch selten verlegen. Den Vergleich mit dem Liverpool-Trainer begründet er wie folgt: «Für die Trainings teile ich mein 25-Mann-Kader in drei Gruppen auf, und die Übungen gestalte ich so, dass es wie vorgegeben keinen Körperkontakt gibt.» Zu guter Letzt muss Picardi auch dafür sorgen, die Leute bei Laune zu halten. Und das sei «richtig, richtig, richtig schwierig», denn die Amateurfussballer sitzen derzeit auf heissen Kohlen.

Seit Mitte Oktober ist die Spielzeit unterbrochen. Nach einer Pause wird seit Januar wieder trainiert (zuerst in kleinen, später in grösseren Gruppen), um beim allfälligen Restart der Meisterschaft bereit zu sein. Denn der FC Ins möchte endlich in die 2. Liga aufsteigen. Mehrere Male hatte er die Promotion nach gutem Start doch noch knapp verpasst, im letzten Jahr lag er souverän an der Tabellenspitze, als die Saison wegen Corona abgebrochen und annulliert wurde. Nun belegt Ins erneut mit grossem Abstand auf den Rest den ersten Rang seiner 3.-Liga-Gruppe. Der Restart wurde jedoch immer wieder auf später verschoben. Droht der nächste Saisonabbruch?

«Wir hoffen enorm, dass diese Saison gewertet werden kann», sagt Picard. Dies wäre der Fall, wenn die Hälfte der Spiele durchgeführt werden – also die begonnene Hinrunde zu Ende gespielt wird. Für mehr, das hat der Fussballverband Bern/Jura (FVBJ) klargestellt, reicht die Zeit so oder so nicht.

Einige Regionen hinken nach
Je nach Team fehlen noch ein bis vier Spiele, um die Hinrunde zu komplettieren (mehr im Text unten). Diese müssen bis Anfang Juli ausgetragen werden. Eine Deadline, die einzuhalten auf den ersten Blick machbar scheint. Lockert der Bundesrat die Coronamassnahmen im Mai erneut, könnten die verbleibenden Partien im Juni angesetzt werden. Der Knackpunkt: Der Zentralvorstand des Schweizerischen Fussballverbandes (SFV) plant eine gesamtschweizerische Lösung. Heisst: Es soll ein Plan erstellt werden, der für alle 13 Regionalverbände gilt.

Nun ist es jedoch so, dass in einigen Regionen die Ligen weniger fortgeschritten sind als im FVBJ. Im Tessin gibt es Teams, die noch sechs Partien austragen müssten, um die Hinrunde zu beenden – in Genf stehen einem Zweitligisten sogar noch sieben Spielrunden bevor. Selbst wenn der Bundesrat Amateurspiele per Juni wieder ermöglichen würde, wovon nicht unbedingt ausgegangen werden kann, wäre es eine grosse Herausforderung, so viele Runden in der verbleibenden Zeit durchzuführen.

Es scheint daher nicht abwegig, dass der Zentralvorstand des SFV die Notbremse ziehen wird. Er hat in der vergangenen Woche angekündigt, sich heute mit der Ausgangslage im Amateurfussball zu beschäftigen und das weitere Vorgehen zu bestimmen.

Abstiegskandidat gegen Abbruch
Für Mirco Picardi und seine Mannschaft wäre es ein Stich ins Herz, wenn die Saison erneut nicht gewertet würde. «Wir haben nun über zwei Jahre bewiesen, dass wir eindeutig das Zeug für die 2. Liga haben», sagt der Trainer.

Auf der anderen Seite stehen Teams wie Aarberg II, das in der gleichen Gruppe wie Ins spielt. Die Equipe von Trainer Rolf Bielesch liegt mit vier Punkten am Tabellenende. Weil sie nur noch ein Spiel der Vorrunde offen haben, können sich die Aarberger nicht mehr über den Strich retten. Der Abstieg würde nur noch abgewendet, wenn die Saison abgebrochen würde. «Ich fände es jedoch korrekter, wenn die Vorrunde abgeschlossen würde», sagt Bielesch. «Dann starten wir halt eine Liga tiefer neu.» Dass aufgrund des Abstiegs plötzlich die Spieler fehlen würden, müsse man beim FC Aarberg nicht befürchten – der Klub setzt seit Jahren stark auf den eigenen Nachwuchs. «Würde entschieden, dass die Vorrunde beendet wird, wäre das für uns alle ein Lichtblick. Endlich könnten wir uns wieder auf etwas vorbereiten, und sei es auch nur auf das eine verbliebene Vorrundenspiel.»

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Nur noch wenige Spiele – wenn überhaupt

Es hat sich abgezeichnet, dass es kaum möglich sein wird, eine Rückrunde zu absolvieren. Seit Mitte Oktober herrscht im Amateurfussball ein Wettkampfverbot, das bis heute Bestand hat. Lange hatte man beim Regionalverband Bern/Jura die Hoffnung, die verbliebenen Spiele zwar mit Verspätung, aber dennoch komplett durchführen zu können. Dabei ging es nicht nur um die Rückrunde, sondern auch um die Partien, die in der Vorrunde nicht mehr stattfinden konnten. Je mehr Zeit verstrich, ohne dass die Coronamassnahmen gelockert worden wären, desto unrealistischer wurde dieses Ziel allerdings. Der Verband präsentierte zwischenzeitlich ein Konzept für eine verkürzte Rückrunde, doch auch dieses ist mittlerweile nicht mehr umsetzbar. Nun hofft er noch auf die «Minimallösung»: Erlaubt es der Schweizerische Fussballverband (mehr im Text oben), sollen die restlichen Spiele der Vorrunde bis spätestens Anfang Juli durchgeführt werden.

Um wie viele Spiele geht es?
Das variiert nicht nur je nach Liga, sondern selbst in den jeweiligen Gruppen. Grundsätzlich kann festgehalten werden, dass die Teams ab der 3. Liga abwärts nur noch wenige Partien spielen müssen, um die Hinrunde abzuschliessen. Oft fehlt bloss eine Spielrunde. Allerdings gibt es Equipen, die bereits im Herbst von coronabedingten Spielverschiebungen betroffen waren. Das 3.-Liga-Team Aurore Biel a müsste zum Beispiel drei Partien der Vorrunde nachholen. Drei Runden sind für die Teams in der Seeländer 2.-Liga-Gruppe das Minimum. Aarberg und Besa Biel stehen sogar noch vier Hinrunden-Partien bevor.

Was bedeutet das für die 2. Liga?
Da – wenn überhaupt – bloss noch die Vorrunde gespielt wird, muss das drittplatzierte Besa Biel seine Aufstiegshoffnungen fast sicher begraben. Mit vier Erfolgen in den verbleibenden vier Partien käme das Team von Trainer Albertoz Murtaj auf 29 Punkte. Courtételle hat derzeit 27 Zähler und noch drei Partien auszutragen. Die dahinter klassierte Nidau ist nach hinten abgesichert und auch Aarberg und Lyss haben sich ein Polster auf die Abstiegsränge erarbeitet, das für die verbleibenden Spiele in der Hinrunde ausreichen sollte. Azzurri dagegen muss um den Ligaverbleib zittern. Die Italo-Bieler liegen nur zwei Punkte vor dem Schlusslicht Develier und treffen noch auf die Tabellennachbaren Langnau, Breitenrain und Courroux.

Und wie sieht es in der 3. Liga aus?
In der 3. Liga fehlt meist nur noch eine Spielrunde, um die Hinrunde abzuschliessen. Trotzdem sind noch einige Entscheidungen offen. In der Gruppe 6 würde Grünstern b mit einem Heimsieg gegen Evilard den Aufstieg sicherstellen. Bei einem Unentschieden oder einer Niederlage könnte das zwei Punkte dahinter liegende Orpund profitieren; es trifft noch auswärts auf Azzurri. Derweil sind gleich mehrere Teams in den Abstiegskampf involviert: Aus der Fünfergruppe Rüti, Aegerten Brügg, Büren, Diessbach/Dotzigen und Madretsch werden zwei Teams in die 4. Liga absteigen müssen. Bereits sicher abgestiegen ist der CS Lecce – sofern die Saison nicht abgebrochen wird. In der Gruppe 5 kann Ins nicht mehr vom ersten Rang verdrängt werden und würde also erstmals in die 2. Liga aufsteigen. Während sich Aarberg nicht mehr retten kann, werden die beiden weiteren Absteiger unter Grünstern a, Aurore Biel b, Iberico Biel und Bolligen ausgemacht.

Was passiert im Berner Cup?
Aus dem Seeland ist nur noch Drittligist FC Grünstern im Berner Cup vertreten. Der Wettbewerb soll, «wenn terminlich möglich», beendet werden. Dazu müssten noch vier Runden ausgetragen werden; drei, um zumindest die beiden Teilnehmer für den Schweizer Cup auf sportliche Art und Weise zu ermitteln. Während die Vorrunde der Meisterschaft bis spätestens Anfang Juli beendet sein muss, könnte die Entscheidung im Cup etwas länger hinausgezögert werden. Würde er aber ebenfalls abgebrochen werden, würden die beiden FVBJ-Teilnehmer des Schweizer Cups ausgelost. Berechtigt wären nur die Teams, die sich zum Zeitpunkt des Abbruchs noch immer im Wettbewerb befanden.

Stichwörter: Regionalfussball, FC Ins

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