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Automobil

Dieselbe Kurve, total anderes Fahrgefühl

Neel Jani nimmt am Samstag in Spa-Francorchamps die Langstrecken-WM erstmals in der GT-Kategorie in Angriff. Der Wechsel des Dienstfahrzeugs bedeutet für den Seeländer eine grosse Umstellung.

Neel Janis neues Rennauto: der Porsche 911 RSR-19. copyright: Porsche/zvg

Moritz Bill

Natürlich bestimmt die Pandemie auch den Takt im Motorsport, genauer in der Langstrecken-Weltmeisterschaft. Der aktuelle Rennkalender hat mit der ursprünglichen Version 1.0 nicht mehr viel gemeinsam. Doch nun geht es am Samstag nach etlichen Verschiebungen endlich los. Auf dem Programm steht der Klassiker: das Sechs-Stunden-Rennen in Spa-Francorchamps.

«Die Vorbereitung hätte besser sein können», sagt Neel Jani zu der Verzögerung, fügt aber sogleich an, dass er froh sei, überhaupt Rennen fahren zu dürfen und die Situation auch schlechter sein könnte. In der Tat. Die Pandemie wirbelte auch die Strukturen der Motorsportwelt mächtig durcheinander. Dass Jani, nachdem er Ende letzter Saison seinen Platz in Porsches Formel-E-Team verloren hatte, sogleich eine andere Startmöglichkeit erhält, war aufgrund des allgemeinen Sparkurses und der daraus folgenden Streichung von Cockpits, so klar nicht gewesen.

Langsamer, aber immer noch schnell
Der Wechsel zurück in die Langstrecken-WM hat aber auch seinen Preis, beziehungsweise stellt er für den Seeländer Rennfahrer eine einschneidende Veränderung dar. War Jani von 2014 bis 2017 für Porsche in der Top-Klasse LMP1 gefahren, dreht er jetzt in der GT-Pro-Kategorie seine Runden. Die Duelle um den Gesamtsieg tragen nun andere aus. Und vor allem muss der 37-Jährige seinen Fahrstil anpassen. Er erklärt es an einem Beispiel: «Ich bin die Eau-Rouge-Kurve in Spa schon oft gefahren, aber so viel lenken musste ich zuvor nie.» Die GT-Fahrzeuge sind schwerer, entsprechend mehr Aufwand ist nötig, dieses Gewicht zu bewegen. «Das, und dass ich nun überrundet werde anstatt andere zu überrunden, sind für mich die grössten Umstellungen.»

Langsam unterwegs ist der Le-Mans-Sieger von 2016 aber nicht. Der Top-Speed beträgt rund 270 Stundenkilometer (km/h). Aber dasselbe Gefühl, wie bei seiner Rekordfahrt 2018 in Spa, ist es selbstverständlich nicht mehr. Damals bretterte er in einem LMP1 ohne reglementarische Einschränkung mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 245 km/h über die belgische Piste, Top-Speed: 359 km/h. Spass habe er im GT-Auto aber trotzdem, sagt Jani. «Es ist halt einfach etwas komplett anderes.» Die physische Belastung bleibt hingegen hoch. Die vielen Lenkbewegungen und längeren Bremsbetätigungen fordern den Fahrern einiges ab.

Support vom erfahrenen Team
Viele Möglichkeiten, sich an die neuen Gegebenheiten anzupassen, erhielt der Jenser bis jetzt nicht. Zwar war Jani anlässlich seines GT-Debüts letzten November bei den zwölf Stunden von Sebring sogleich auf dem 2. Platz gefahren. Doch danach sass er erst wieder Ende Februar anlässlich der drei Testtage in Hockenheim hinter dem Lenkrad des 911er. Das sei tatsächlich nicht viel, so Jani, doch ihm käme zugute, dass sowohl das Team wie auch sein neuer Fahrerkollege Kévin Estre (FRA) viel GT-Erfahrung mitbringen.

Das sah man auch während des Prologs – den offiziellen Testfahrten –, die aus praktischen Gründen Anfang Woche ebenfalls in Spa abgehalten wurden. Dort machten Jani und Estre in der GT-Pro-Klasse auf sich aufmerksam: Die beiden Porsche-Piloten fuhren im 911 RSR-19 konstant schnelle Rundenzeiten. Zu viel Gewicht will Jani dieser Zeitmessung aber nicht verleihen, da Hauptkonkurrent Ferrari unter anderem eine andere Teststrategie wählte. «Siegeschancen sind sicher vorhanden, aber es wird eng. In der GT-Kategorie entscheiden oft Zehntelsekunden», sagt Jani abschliessend und verabschiedet sich Richtung Covid-Test – der neue Alltag, auch im Motorsport.

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Der Rennkalender
Samstag
6 Stunden von Spa-Francorcha. (BEL)

13. Juni
8 Stunden von Portiamo (POR)

18. Juli
6 Stunden von Monza (ITA)

21. und 22. August
24 Stunden von Le Mans (FRA)

26. September
6 Stunden von Fuji (JPN)

20. November
8 Stunden von Bahrain (BHR)

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