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Agrar-Initiativen

«Jetzt gehts erst richtig los»

Erleichterung bei Gemüsebauer Thomas Wyssa, Enttäuschung bei Biowinzer Bruno Martin. Für beide ist das Thema Pestizide noch nicht erledigt.

Heuballen-Live-Ticker der Auszählungen gestern in einem Kuhlstall in Oberbottigen. Bild: Keystone

Brigitte Jeckelmann

Thomas Wyssa ist erleichtert über das klare Abstimmungsresultat. Der Gemüseproduzent aus Galmiz ist auch Vorstandsmitglied der Gemüseproduzentenvereinigung der Kantone Bern und Freiburg. Wyssa hat bis zuletzt ein doppeltes Ja zu den Agrarinitiativen befürchtet, wie er sagt. Er habe mit sehr vielen Menschen gesprochen und der Tenor sei klar gewesen: Es muss etwas geschehen, so kann es nicht weitergehen. Nun ist er froh und das deutliche Mehr habe ihm gezeigt, dass die Landwirtschaft mit dem Absenkungspfad für Pestizide auf dem richtigen Weg sei. «So wenig Pflanzenschutzmittel wie möglich, nur soviel wie nötig, das ist auch mein Ziel», sagt Wyssa. In den letzten Monaten sei der Frust bei den konventionellen Landwirten gross gewesen. Als Umweltsünder und Trinkwasserverschmutzer dazustehen, habe ihn und vor allem auch die jungen Berufskollegen sehr geschmerzt. Das deutliche Resultat verschaffe ihm daher Linderung und auch Zuversicht für die Zukunft.

 

Weg mit dem Stinkefinger

Wyssa ist aber klar: Der Stinkefinger gegen die Bauern muss weg. Dass dieser überhaupt ins Spiel kommen konnte, sei zu einem Teil bestimmt auch die Schuld der Bauern. Man habe es versäumt, die Bevölkerung aufzuklären. Das wolle man nun nachholen. Positiv am Abstimmungskampf ist dagegen aus Wyssas Sicht, dass sich die Kluft zwischen bio und konventionell verringert hat. Dies, weil sich auch unter Biobauern zunehmend Ablehnung gegen die Initiativen entwickelt hatte. Ligerzer Biowinzer und Grünen-Grossrat Bruno Martin ist der Kampfeswille dagegen ungebrochen. «Jetzt geht’s erst richtig los», sagt er. Denn nun werde der Politik auf die Finger geschaut.

Diese ist nun gefordert, die gemachten Versprechen einzulösen. Dafür werde er persönlich besorgt sein. Eine gewisse Enttäuschung kann er dennoch nicht verbergen. Er habe sein Herzblut in den Abstimmungskampf gegeben sagt er, so, wie er seit 40 Jahren sein Herzblut gebe, um Wein in gesunder Natur zu schaffen. «Ich weiss, dass ich es richtig mache und ich werde mich weiterhin dafür einsetzen, dass nachfolgende Generationen gesunde Lebensmittel in gesunder Natur produzieren können.» Die Agrarinitiativen wären eine Riesenchance gewesen, dies jetzt in Angriff zu nehmen. Doch die Branchenblindheit der konventionellen Landwirtschaft habe dies verhindert.

 

Nachhaltigkeit verbessern

Martin kritisiert das Initiativkomitee der Trinkwasserinitiative: Der Initiativtext habe einseitig nur die Bauern an den Pranger gestellt, man habe es versäumt, die ganze Gesellschaft miteinzubeziehen. Dies habe erst den Graben zwischen Befürworterinnen und Gegnern entstehen lassen können. Diesen nun wieder zu schliessen, sei nicht einfach. Martin erwartet von den konventionellen Bäuerinnen, ihr Gesichtsfeld zu öffnen. Für ihn ist klar: «Wenn sie überzeugen wollen, müssen sie in Sachen Nachhaltigkeit dringend über die Bücher gehen.»

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