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Finanzinstitute

Sind digitale Filialen die Zukunft?

Banken schliessen ihre Schalter, weil viele Menschen digital zahlen und Rechnungen über das mobile Banking tilgen. Es werde jedoch kein Filialsterben geben, betonen Bieler Bankenvertreter.

Die BEKB-Filiale in Lengnau wird im September zu einer Selbstbedienungszone umgebaut. Bild: zvg

Manuela Schnyder

Diese Bankfiliale wird geschlossen, die andere zur Selbstbedienungszone, die übrigen «modernisiert»: Die Schweizer Banken wälzen ihr Filialnetz um. Vor allem Geld abheben, einzahlen oder Rechnungen tilgen, das müssen die Bankkunden vermehrt an Automaten selbst tun oder dann in grössere Zentren fahren. Besonders für ältere Menschen ist das eine Umstellung. «Wir unterstützen unsere Kunden dabei. Unsere Mitarbeitenden sind weiterhin vor Ort präsent», betont dazu Marcel Oertle, Mitglied der Geschäftsleitung der Berner Kantonalbank (BEKB).

Die Bank hatte Anfang letzte Woche informiert, die Filiale in Lengnau zu einer Selbstbedienungszone umzubauen. Bereits in Nidau hatte man eine solche eingerichtet. Das seien Ausnahmen, weil die Geschäftsstelle in Grenchen beziehungsweise jene in Biel in sehr kurzer Distanz liegen, relativiert Oertle. «In den allermeisten unserer 60 Niederlassungen werden auch künftig unsere Mitarbeitenden den Kunden beratend zur Seite stehen, jedoch in modernisierten Räumen», erklärt der Chef des Privatkunden- und Geschäftskundendepartements.

Sprich: Die klassischen Schalter wurden abgeschafft und Besprechungszonen eingerichtet. Das sieht man heute in vielen Bankfilialen. Vor allem in den ländlichen Regionen sind aber auch gehäuft nur noch Automaten zu sehen oder Filialen werden gänzlich geschlossen. Die Schliessungen betreffen aber vor allem die Ableger der Grossbanken, wie sich zeigt.

 

Beratung rückt ins Zentrum

Das Filialsterben ist also keineswegs ein allgemeiner Trend. Was zu spüren ist, ist vielmehr der schwindende Service bei den Finanztransaktionen. Ins Zentrum gestellt werden heute Beratungen. Bei der BEKB spricht man denn auch nicht mehr von Kundenberaterin oder Kundenberater, sondern von Finanzcoaches. Sie sollen die Kundschaft in gemütlicher Atmosphäre betreuen können, weshalb die Filialen «einladender» gestaltet wurden: «Fallen die Schaltertransaktionen weg, haben die Mitarbeitenden mehr Zeit für die Besucher, können sich mit den Kunden und Kundinnen in Ruhe und diskret beim Kaffee über einen Hauskauf, Geldanlagen oder eine bevorstehende Pensionierung unterhalten», erklärt er.

Nun, solche ruhigen Besprechungen waren wohl auch früher möglich. Aber die Banken sind ohnehin unter Druck. Angesichts der tiefen Zinsen auf Hypotheken und anderen Produkten sind die Margen zusammengebrochen. Vor allem aber hat der Grossteil der Bevölkerung sowieso auf Mobile Banking und digitales Zahlen umgeschwenkt. Immer weniger Kunden suchen eine Bank auf, um Zahlungen zu tätigen, weshalb die Schaltertransaktionen massiv gesunken sind, wie Oertle erklärt. Dieser Trend sei schon seit Jahren zu spüren und habe sich während der Pandemie noch verstärkt.

Auch Kurt Köhli von der Raiffeisenbank Bielersee sagt: «80 Prozent der Kundenwünsche konnten wir während der Pandemie über das Telefon oder das E-Banking abwickeln.» Das sei ein Turbo gewesen für die Digitalisierung. Auch beispielsweise bei den Twint-Zahlungen, also das Zahlen über eine App, habe man fast eine Verdoppelung festgestellt.

Auch die Raiffeisenbank hat angekündigt, die Geschäftsstelle in Ipsach zu redimensionieren und das Personal vermehrt von Biel aus arbeiten zu lassen. Die dortige Geschäftsstelle wird in ein kleineres Lokal umziehen und mit den bestehenden Geldautomaten eingerichtet: Die Ipsacher könnten aber weiterhin auf Voranmeldung Beratungen wahrnehmen und die Schliessfächer besuchen. Man schicke dann ein Mitarbeiter oder Mitarbeiterin auf Platz, sagt Köhli. Und er betont: «Weitere Anpassungen am Filialnetz wird es nicht geben.»

 

Grossbanken bereinigen

So will man bei den eher regional ausgerichteten Banken nicht Filialen schliessen, aber sie neu ausrichten. Mit Beratungen lässt sich nicht nur die Kundenbindung stärken, sondern auch lukrative Geschäfte abschliessen, während die wenigen Finanztransaktionen über den Schalter unnötig Kosten verursachten. Eine Geschäftsstelle zu betreiben, ist teuer. Da ist nicht nur die Miete, auch alle Sicherheitssysteme wie Alarmanlagen oder automatische Türen sowie die Wartungen der Geldautomaten und andere Unterhaltskosten schenken ein. Wie Kurt Köhli schätzt, kostet eine Filiale in der Grösse der Geschäftsstelle Ipsach im Jahr bis zu 300 000 Franken (ohne Personalkosten).

Vor allem die Grossbanken setzen bei den wenig frequentierten Filialen den Hebel an. Die UBS hat ihr Filialnetz in den letzten Jahren landesweit um gut 40 auf knapp 200 Standorte verdünnt. Und auch die Credit Suisse verkürzte ihr Geschäftsstellennetz um knapp 40 auf 109 Standorte.

Dass es zu weiteren Schliessungen kommen wird, das will Mediensprecher Igor Moser von der UBS nicht ausschliessen und ergänzt, dass die weitere Entwicklung des Kundenverhaltens beobachtet und das Filialnetz danach ausgerichtet wird. Die Zahle der Schaltertransaktionen habe laut Moser bei der UBS jährlich um 10 bis 15 Prozent abgenommen. Er betont aber, dass die physische Präsenz nach wie vor wichtig bleibt: «Es gibt viele finanzielle Fragen zu Hypotheken oder Erbschaften, die man nicht digital machen will.» Die lokale Verankerung bleibe daher wichtig, insbesondere auch in Biel. In Biel hat die UBS ehemals zwei Standorte in eine integriert und die Filiale in Schüpfen geschlossen.

Die Credit Suisse (CS) betont den persönlichen Austausch ebenfalls, der wichtig bleibe. «Deshalb werden wir die Filialen zum «modernen Ort der Begegnung» umbauen», sagt Mediensprecherin Cécile Rietschi. In der Region ist die CS noch in Biel und Murten vertreten.

Während die Grossbanken Filialen schliessen, baut die Valiant aus. Von 2020 bis 2024 sollen landesweit 14 zusätzliche Geschäftsstellen eröffnet und dafür 170 neue Vollzeitstellen geschaffen werden. «Wir haben Standorte in der Ost- und Westschweiz eröffnet und sind jetzt auch in Zürich präsent», sagt Mediensprecher Simon Bickel. Die Bank will neue Gebiete erschliessen und von Skaleneffekten profitieren. In der Region ist die Bank in Biel, Lyss, Kerzers und Tavannes vertreten.

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